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Gespaltene Umweltgruppen

Die Diskussion um den Auwald in Brixen lässt vor allem innerhalb der Umweltverbände die Wogen hochgehen. Warum sich einige Verbände lieber aus der Sache heraushalten.

von Markus Rufin

Franz Pattis sagt, er sei „stuff“. Stuff deshalb, weil er, wie es lange Zeit aussah, der einzige war der sich für den Erhalt des Auwaldes in der Brix­ner Industriezone einsetzte. Zur Erinnerung: Die Tageszeitung berichtete in der Vergangenheit mehrmals über eine geplante Firmenerweiterung, wodurch dieser Wald gerodet werden müsste. Derzeit laufen die Verhandlungen zwischen Gemeinde und Betrieb.

Franz Pattis war der erste, der darauf aufmerksam machte. Und – wie er selbst sagt – eben auch lange Zeit der einzige. Anfangs erhoffte sich Pattis Mithilfe der Umweltschutzgruppe Eisacktal „Hyla“, die Mitglied im Dachverband für Natur und Umweltschutz ist. Doch weder Hyla noch Dachverband haben bisher öffentlich Stellung bezogen.

Mittlerweile erhält Pattis zwar Unterstützung von fünf anderen Umweltgruppen, doch auf die Unterstützung von Hyla und Dachverband wartet er nach wie vor. Klaus-Peter Dissinger, Vorsitzender des Dachverbandes, erklärt auf Anfrage der Tageszeitung: ,,Wir verlassen uns auf Hyla, dort sind viele kompetente Biologen dabei. Ich habe mit ihnen auch bereits Rücksprache gehalten. Sollte es zu zufriedenstellenden Ausgleichsmaßnahmen kommen, sind wir mit dem Projekt einverstanden.“ Solange diese Ausgleichsmaßnahmen aber nicht ausformuliert wurden, kann Dissinger auch nichts klares dazu sagen. Allerdings wurde er von den Mitgliedern der Umweltgruppe darauf hingewiesen, dass die Wasserzufuhr im Auwald unterbunden ist. Daher wären Ausgleichsmaßnahmen gerechtfertigt, meint Dissinger.

Die Aussage verwundert, denn während die Umweltgruppe „Hyla“ und der Dachverband dem Auwald offenbar keine besondere Bedeutung zuschreiben, sehen das Pattis Mitstreiter ganz anders.Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass es sich sehr wohl um einen Auwald handelt, dafür haben Pattis und Co. auch Quellen.

Einer der wichtigsten Mitstreiter Pattis ist Martin Hilpold vom Artenschutzzentrum St. Georgen. Er verweist beispielsweise auf das Projekt StadtLand­Fluss, in dem das betroffene Stück explizit als Auwald erwähnt wird. Auch in der Publikation
„Waldtypisierung Südtirol“ aus dem Jahr 2010 wird die Fläche als Auwald eingetragen. Demnach komme es vor allem bei extremen Hochwassern vor, dass der Wald überflutet wird, aber auch über das Grundwasser erfolgt eine Versorgung.
Dass diese Art der Wälder schützenswert ist, bestreitet keiner der Umweltschützer: Auch von Seiten des Landes werden diese Wälder als besonders schützenswert genannt.

Auch die Umweltschutzgruppe „Hyla“ war vor nicht allzu langer Zeit dieser Meinung. Im Mai 2018 machte die Gruppe auf eine Teilrodung – damals ging es lediglich um ein paar hundert Meter – des Au­waldes aufmerksam. Der Vorsitzende, Andreas Hilpold erklärte damals: ,,Jegliche weitere Reduzierung von Auwäldern sollte im 21. Jahrhundert eigentlich Tabu sein.“

Eben jene Meinung vertritt auch die Gruppe um Pattis und Co., die mittlerweile als SOS Auwald Bri­xen bekannt ist. Sie ist der Ansicht, dass eine Ausgleichsmaßnahme, einen natürlich gewachsenen Auwald, ,der zudem noch pestizidfrei ist“, wie Pattis anfügt, nie ersetzen kann.

Der Grund für den Sinneswandel: Dem Vernehmen nach wurde die Umweltschutzgruppe Eisacktal von der Firma Progress beauftragt, Ausgleichsmaßnahmen auszuformulieren. Sie sind also selbst direkt am Projekt beteiligt, zumindest berichtet dies die Gruppe SOS Auwald.

Gleichzeitig berichtet Pattis von mehreren Vorfällen, in denen ihm von Seiten der Ausgleichsmaßnahmen-Betrauten geraten wurde, sich nicht in die Sache einzumischen. Das zeigt, wie gespalten die Umweltgruppen sind. Dennoch ruft SOS Auwald erneut dazu auf, dass sich auch die großen Umweltgruppen am Protest beteiligen. Am 14. Dezember veranstaltet die Gruppe, eine Demonstration gegen die Rodung des Auwaldes.

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