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„Verrat muss sein“

Florian Kronbichler (Foto: Fb)

Der Ex-Grünen-Parlamentarier Florian Kronbichler wundert sich, dass ihm einstige Weggefährten nach der Holzeisen-Wahlempfehlung den Gruß entzogen haben.

Florian Kronbichler bringt seine Botschaft so auf den Punkt: „Verrat muss sein.“

Die Wahlempfehlung des ehemaligen Grünen-Parlamentariers zugunsten von Renate Holzeisen war von seinen Ex-MitstreiterInnen – um es gelinde auszudrücken – nicht gut aufgenommen worden. Der Tenor: Kronbichler spucke aus dem Teller, aus dem er gegessen habe.

Seine offensichtliche Verlegenheit über den grünen Shitstorm gegen sein Fremdgehen bei den EU-Wahlen übertüncht Kronbichler – typisch Flor – in einem Statement auf Facebook mit dem ihm eigenen Sprachwitz.

Das ist Kronbichlers Stellungnahme:

„Hebe ich mich getäuscht? Oder war ich fies? Am End’ gar schuld? Ich habe allerhand zu hören bekommen, die letzte Wahlkampfwoche , nachdem ich einen Wahlaufruf für die Plus-Europa-Kandidatin Renate Holzeisen erlassen hatte. Entsetztes und Anerkennendes. Grüne sprachen von Verrat, reihten mich ein in die Ahnengalerie der Parteienverschleißer Jenny, Erschbaumer, Messner.

Leute, die mir mehr sind als nur politische Weggefährten, entzogen mir den Gruß. Ja, es war nicht lustig, erträglich aber, weil auch viel Zustimmung kam, und das nicht nur aus dem Holzeisen-Stall. „Endlich sagt’s einer“, war so ein Satz mit Rufezeichen. Das Überraschendste kam von zwei Freundinnen, erprobte, auch enttäuschungserprobte Grün-Wählerinnen, die sagten mir auf den Talferwiesen: „Jetzt wählen wir extra grün, denn so tut man nicht.“

Tut man so nicht? Ich habe vor jeder Wahl offen erklärt, was ich wähle. Zu meiner Journalistenzeit brachte mir das manche Kollegenschelte ein. Das tue man als Journalist nicht. Weiß ich schon. Ich halte es für ein Gebot der Glaubwürdigkeit. Meine Leser sollen wissen, wofür ich steh. Besser, ich sag es ihnen, als sie müssen es aus meinen Zeilen herausvermuten.

Doch nicht das war mein Ärgernis. Ich hatte als ehemaliger Grünen-Parlamentarier die Wahlempfehlung gemacht. Nun bin ich nicht so naiv und auch nicht so verantwortungslos, dass ich mir nicht der Skandalträchtigkeit des Schrittes bewusst gewesen wäre. Ich focht im Grünen Rat, in den ich zu zwei Sitzungen als Gast zugeladen war, für eine gemeinsame Kandidatur von Grünen und Team Köllensperger, in welcher Gesellschaft und unter welchem Zeichen auch immer, aber gemeinsam, denn allein im Bund mit den italienischen Grünen zu kandidieren, bedeute, den Südtirolerinnen und Südtirolern wissend ein Null-Chancen-Angebot vorzusetzen.

Eine reine Bekenntnis-Kandidatur („Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott …“) hielt ich nicht für prinzipienfest, sondern für unpolitisch. Wir wählen, um ein Mandat zu erringen und nicht um uns zu zählen.

Die Grüne Partei sah es anders, und entsprechend entschied sie. Dass sie dem Team Köllensperger als dem im Land stärkeren Partner nicht die Bedingungen (besonders die Kandidatin) würde diktieren können, das hätte einleuchten müssen. Es kam nicht dazu, und ein weiteres Kapitel Südtiroler Parteientradition des „divide et impera“ war geschrieben (wobei das Teilen diesmal gar nicht die SVP erledigen musste; man tat alles selber). Die Grünen gingen mit „Europa Verde“, das Team Köllensperger mit „+Europa“. Den Grünen gab ich gar keine Chance, die 4-Prozent-Hürde zu erreichen, Köllensperger „die Möglichkeit zu einer Chance“. Ich fühlte mich verpflichtet, für diese mögliche Chance einzustehen. Dies auch in der Überzeugung, dass es in der Politik, wie im Zusammenleben verschiedener Gruppen generell, immer Leute braucht, die die Gruppendisziplin sprengen, sich bewusst auf die „andere Seite“ stellen. Um eine Anlehnung zu nehmen bei Alexander Langers „10 Geboten fürs Zusammenleben“: Es braucht ständig auch „Verräter der ethnischen Blockbildung“. Verräter, nicht Überläufer. Als solchen empfand ich mich mit meinem Wahlaufruf für Renate Holzeisen.

Und jetzt? Es hat nicht geholfen. Die kleine Chance, an die zu glauben und der ein bisschen nachzuhelfen, mein Vorsatz war, hat sich nicht erfüllt. Das ist schade, aber war es naiv, an die Chance zu glauben? Immerhin war bei der ersten Nachwahl-Befragung von Rai1 um 23 Uhr die Liste von „+Europa“ noch mit 2,5 bis 4,5 % taxiert. Also war ich nicht allein zu hoffen.

Die Grünen unter „Europa verde“ bleiben auch draußen. Ich sage nicht: noch mehr draußen. Denn zumindest die Südtiroler Grünen haben ein famoses Ergebnis gelandet. Ich gestehe, ich hätte es mir nicht erwartet. Aber es freut mich. Ich meine das sehr ehrlich und auch ein bisschen egoistisch. Sagt mir das Grünen-Ergebnis doch: Mein Wahlaufruf für die Konkurrenz hat nicht geschadet. Er sorgte für die so ziemlich einzige Polemik in diesem Wahlkampf. Ich für meinen Teil halte sie hiermit für beendet.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

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  • leser

    Ja kronbichler du hast recht das problem der grünen ust ihr vermeintlicher anspruch elitär zu sein und über die proleten zu stehen es scheint sie wollen nicht ankommen beim gemeinen volk dafür fühlen sie sich zu aintellektuell und bevorzugen es allein zu bleiben, dabei vergessen sie dass grün alle angeht und die zeit knapp wird
    Aber sicher spielt auch der persõnliche egoismus der alten persönlichkeiten eine rolle die nicht platzmachen wollen eine rolle und genau deshalb schafft es due grüne bewegung nicht vorwärts zu kommen

  • felixvonwohlgemuth

    Dass Grüne mit Grünen kandidieren, wollte Florian einfach nicht einsehen. Jahrelang würde den Grünen vorgeworfen, bei jeder Wahl einen anderen nationalen Partner ins Boot zu holen und nun hätten wir GEGEN die Grünen antreten sollen? Absurd.

    Was Kronbichler in seinem damaligen Wahlaufruf – aber auch in diesem Kommentar – vollkommen außer Acht gelassen hat ist die Tatsache, dass +europa ebenfalls keine Chance hatte, die 4% Hürde zu überspringen. Es wurde uns Südtiroler zwar immer wieder gebetsmühlenartig eingeredet, dass diese Chance bestehen würde und es gar „Schuld“ der Grünen sei, wenn diese nicht genutzt werde. Aber nur weil etwas oft wiederholt wird, muss es noch lange nicht wahr sein – wie am Wahltag dann auch für jeden offensichtlich wurde.

    PS: Wir Grünen sind kein elitärer Club alter jesuslatschentragender Jutesäcke, sondern eine moderne und zukunftsorientierte Partei in und aus (!) der Mitte der Gesellschaft – 21.148 Südtirolerinnen und Südtiroler haben das bei den Europawahlen übrigens genauso gesehen (danke!).

    • andreas

      Euer Problem ist die Foppa oder auch dieser Tobi in BZ.
      Mit diesen Fundis sprecht ihr doch nur einen einstelligen Prozentsatz an Wähler an.

      Macht es doch wie die Grünen in Deutschland, 1 – 2 Realos an die Spitze, den Fundis erklären, dass sie es vermeiden sollen, über Politik zu reden und gut ist.

      Du schaust zwar nicht so gut aus wie die Baerbock, ein Versuch wäre es aber wert. 🙂
      Beim Habeck habe ich immer mehr den Eindruck er ist nur der Grüßaugust.

      .

      • felixvonwohlgemuth

        Wenn wir gerade bei „ansprechen“ sind Andreas…hast Du mit Brigitte oder Tobe mal persönlich gesprochen? Könnte erhellend sein.
        Wenn du die zwei nämlich als „Fundis“ bezeichnest, dann könnte ich Dir mal ein paar richtige vorstellen…und sogar die sind sehr sympathisch…da würdest Du Augen machen!! hahaha 😉

        • leser

          Felixvonwohlgemuth
          Nette personen werden sie schon sein keine frage nur reicht es nicht aus den diesel zu verbieten oder den hand als lebensabschnittpartner einzustufen
          Foppa solllte einfach leuten platz machen ie einen breiteren horizont haben und wieso soll technisches verständnus nicht grün sein wobei das wort grün sowieso missbraucht wird
          Der umweltschutz und klimapolitik ist sowieso ein sehr weitläufiges thema das nichts mit stofftasche und sixtyhose zu tun hat
          Die finanzhörigen volksparteien gehen in dueser form siwueso dem ende zu das wurd auch im weltkern südtirol nicht anders sein

        • andreas

          Habe ich nicht und es zählt nicht wie sie sind, sondern wie sie auf den Gegenüber wirken und deren Außenwirkung empfinde ich als steigerungsfähig.
          Möchtest du mir damit indirekt sagen, dass eure Wähler alles Bekannte der Foppa sind? 🙂 🙂

          Leute wie du oder Staffler, sonst werden die Grünen weiter im einstelligen Bereich rumkrebsen.

      • george

        Grüßandreas hat wieder einmal seine Obergscheidheit losgelassen. Aber Herr Kronbichler wird sich davon nicht beeindrucken lassen.

    • leser

      Felixvonwohlgemuth
      Ich habe aus überzeugung +europa gewählt und würde es wieder tun aber trotzdem bin ich nicht mit den grünen personell einverstanden

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