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Hanna Sukare: Schwedenreiter

Hanna Sukare: „Ich weiß oft nicht, gehört das Uralte dem Großvater, dem Vater oder mir selbst.“ (Foto: Milan Boehm)

Wie schreibt sich der Krieg über Generationen in die Menschen ein und lebt dort hinterrücks fort? Warum scheinen auch die Kinder und Enkel oft nicht wirklich davon los zu kommen? Warum ist Krieg, der aus ist, noch lange nicht zu Ende? Mit der Frage ringt der Roman „Schwedenreiter“ (Otto Müller Verlag 2018) von Hanna Sukare.

2008 veröffentlicht Paul Schwedenreiters Heimatgemeinde Stumpf eine Ortschronik. Sie bezeichnet die Wehrmachtsdeserteure des Ortes als gefährliche Landplage. Als Retter des Ortes kürt die Chronik einen SS-Mann. In Stumpf hat die Zeit nicht geheilt. In Stumpf vergeht die Vergangenheit nicht. In Stumpf wird die Vergangenheit mit den Jahren bösartiger.
Schwedenreiter stammt aus dem Innergebirge. Mit 18 Jahren übersiedelt er nach Wien. Er wird Brückenmeister, Leser und Bassist. Ins Innergebirge fährt er nur noch auf Besuch.
Paul Schwedenreiters Großvater war einer der Deserteure. Paul nimmt die Ortschronik nicht hin und geht ihren schlampigen Behauptungen nach. Er recherchiert die politische, berufliche und militärische Laufbahn des SS-Mannes. Seine Suche führt in die Kinderstube der zweiten österreichischen Republik. Sie hat sich nach dem Krieg auf Wunsch der Alliierten entnazifiziert.
Der Umgang der jungen Republik mit ihren alten Nazis findet Jahrzehnte später auch in Stumpf seinen Nachhall. Jeder dort weiß, der SS-Mann war ein führender Nazi, doch das stört kaum jemanden. Jahrzehnte nach dem Krieg stellt Stumpf die Geschichte auf den Kopf und errichtet in der Ortschronik eine Bühne für den SS-Mann, den Pranger für die Wehrmachtsdeserteure. Schwedenreiter, eine fiktive Figur, verstrickt sich unvermeidlich in die politischen Wirklichkeiten seiner Heimat. Schließlich trifft er eine Entscheidung.

Hanna Sukare, geboren 1957 in Freiburg (i.Br.), lebt in Wien. Studierte Germanistik, Rechtswissenschaften, Ethnologie. 1991/92 Forschungsaufenthalt in Lissabon. Hanna Sukare war u.a. als Journalistin, Redakteurin (Falter, Institut für Kulturstudien) und Wissenschaftslektorin tätig. Seit 2001 ist sie freie Autorin. Veröffentlichungen: „Essigstaub“, Wien, 2006; „Staubzunge“, Salzburg, 2015; „Schwedenreiter“, Salzburg, 2018.

Termin: Hanna Sukareliest am 4. April um 20.00 Uhr bei Literatur Lana.
 

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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