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Der Video-Bumerang

Überwachungsvideo im Fall Facchini

Keine außergerichtliche Einigung zwischen dem infolge eines veröffentlichten Geldübergabe-Videos entlassenen Beamten Marco Facchini und dem Sanitätsbetrieb. Der die harte Linie es inzwischen selbst entlassenen Generaldirektor Thomas Schael verteidigt.

Von Thomas Vikoler

In der zweiten März-Hälfte des vergangenen Jahres drehte sich in der Direktion des Sanitätsbetriebs alles um die Causa Marco Facchini. Der damalige Leiter des Amtes für Bauwesen im Sanitätsbezirk Bozen war am 19. März wegen Bestechungsvorwürfen verhaftet worden. Eine eilig zusammengerufene Disziplinarkommission suspendierte den soeben Verhafteten vom Dienst.

Doch dann folgte etwas, was laut Sanitätsbetrieb einen „enormen Imageschaden“ bedeutete: Die Finanzwache brachte, offenbar mit dem Segen der Staatsanwaltschaft, ein Video in Umlauf, das in den nationalen Nachrichten lief und im Netz millionenfach geklickt wurde. Dort ist ein gewichtiges Beweismittel gegen Facchini im Strafverfahren zu sehen, nämlich die Übergabe von Geld durch einen Unbekannten im Büro des Sanitätsangestellten.

Am Mittwoch, den 21. März rief Schael, dem die Suspendierung nicht ausreichte, die Disziplinarkommission erneut zusammen: Es wurde beschlossen, Facchini fristlos zu entlassen.

Um diese Kündigung ging es am Montag bei einer Verhandlung vor Arbeitsrichterin Francesca Muscetta am Landesgericht: Der entlassene Beamte, weiterhin ohne Beschäftigung, hat die zweite Maßnahme angefochten und fordert über seinen Anwalt Giancarlo Massari die Wiedereinstellung in den Sanitätsdienst.

Richterin Muscetta empfahl am Montag eine außergerichtliche Einigung, doch die kam nicht zustande. Der Sanitätsbetrieb verteidigte die harte Linie des inzwischen selbst entlassenen Generaldirektors Thomas Schael und zeigte sich zu keinen Verhandlungen bereit.

Das teilten die Anwälte bei der gestrigen Folge-Verhandlung Richterin Muscetta mit. Sie wird nun, in voraussichtlich einigen Monaten, ein Urteil zu diesem brisanten Arbeitsstreit fällen.

Facchini hat nicht schlechte Chancen, den Fall zu gewinnen. Auch weil der Sanitätsbetrieb die fristlose Entlassung u.a. mit der Veröffentlichung des Übergabe-Videos begründete. Wegen des entstandenen Imageschadens.

Hier wendet Anwalt Massari berechtigterweise ein, dass das Video nicht von seinem Mandanten, sondern von den Ermittlern veröffentlicht worden sei. Unter Verletzung des Untersuchungsgeheimnisses.

„Es ging dem Sanitätsbetrieb offenbar darum, Härte und Entschlossenheit zu vermitteln. Doch bis zur Klärung seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeiten hätte der Beamte allein suspendiert werden können. Die Entlassung war in formaler und substantieller Hinsicht rechtswidrig“, betont Facchinis Anwalt. Tatsächlich hatte der Sanitätsbetrieb in den Monaten zuvor drei Angestellte suspendiert, die wegen Bestechung verhaftet worden waren. Schael kündigte daraufhin an, mit „voller Härte“ gegen Straftäter vorgehen zu wollen.

Facchini war der erste, dem fristlos gekündigt wurde: Der verhaftete Beamte erklärte zu seiner Verteidigung, dass er auf dem Video nicht Schmiergeld entgegengenommen habe, sondern das Entgelt für einen privaten Möbelverkauf. Das Strafverfahren gegen ihn ist bisher nicht abgeschlossen, es gibt dort aber weitere belastende Beweiselemente (Abhörungen) gegen den Tatverdächtigen.

Er kürzlich hat die Landesverwaltung eine, im November 2017 wegen zweifelhafter Spesenabrechnungen fristlos entlassene Beamtin, infolge eines außergerichtlichen Deals wiedereingestellt. Es hatte sich herausgestellt, dass die Kündigung juristisch auf mehr als schwachen Beinen stand.

 

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