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Der „wacklige“ Sitz

Die SVP befürchtet, bei den Landtagswahlen einen Sitz zu verlieren – und stellt sich auf zähe Koalitionsverhandlungen ein. Nicht wenigen in der Partei graut es vor der „menschenverachtenden Politik“ der Lega.

Von Matthias Kofler

Die SVP stapelt vor den bevorstehenden Landtagswahlen tief – und übt sich in Bescheidenheit. Spitzenkandidat Arno Kompatscher erklärte jüngst in einem Interview mit der APA, dass er am kommenden Sonntag ein „Ergebnis über 40 Prozent“ anstrebe. Auch Parteichef Philipp Achammer betonte mehrmals, dass es in Europa wenige Parteien mehr gebe, die bei Wahlen ein „Ergebnis mit einer 4 davor“ erreichten.

Von der Rückeroberung der absoluten Mehrheit, die 2013 erstmals verloren ging, spricht in der SVP mittlerweile niemand mehr. Stattdessen geht Führung des Edelweißes davon aus, am Sonntag einen Sitz im Hohen Haus zu verlieren. Damit käme die SVP auf insgesamt 16 Landtags-Mandate und hätte immer noch den unangefochtenen Führungsanspruch im Lande. Es wäre also ein Verlust, den man verschmerzen kann. Ungemütlich wird es für die Parteiführung um Philipp Achammer, Angelika Wiedmer, Daniel Alfreider und Karl Zeller erst dann, wenn man zwei oder gar drei Mandate verlöre. Ein solches Horrorszenario wird aber parteiintern als eher unwahrscheinlich eingestuft.

Dass die SVP ihre derzeitigen 17 Mandate beim Urnengang am 21. Oktober wohl nicht halten wird können und einen Sitz einbüßt, wird darauf zurückgeführt, dass man mit einer steigenden Wahlbeteiligung innerhalb der italienischen Bevölkerung rechnet. Vor allem der Lega wird – auch dank des Dauereinsatzes von Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini – zugetraut, ordentlich Wähler mobilisieren zu können. Bei den Wahlen vor fünf Jahren erreichten die Italiener nur magere fünf Landtagsmandate. Die Anzahl der italienischen Sitze dürfte am Sonntag auf sechs bis sieben ausgebaut. „Jeder Sitz, den die Italiener dazugewinnen, geht auf Kosten der deutschsprachigen Bevölkerung – und damit auch auf Kosten der SVP“, heißt es unterm Edelweiß.

Stimmen die Kalkulationen der SVP, dann darf sich die Lega über den Gewinn von zwei Landtagsmandaten freuen. Zusammen mit der Lega würde das Edelweiß auf 18 Sitze kommen – die erforderliche absolute Regierungsmehrheit. Dennoch stellen sich die SVP-Strategen auf zähe und langwierige Koalitionsverhandlungen ein. Ähnlich wie vor fünf Jahren, als der damalige Parteiobmann Richard Theiner einen „Pakt“ mit PD-Chef Pier Luigi Bersani ausverhandelt hat, ist die SVP auch in der Frage einer „Zweckehe“ mit der Lega gespalten. Insbesondere für die ArbeitnehmerInnen, die SVP-Frauen und für das Meraner Duo Karl Zeller (Vizeobmann) und Julia Unterberger (Fraktionschefin der Autonomiegruppe im Senat) ist Matteo Salvini nach wie vor ein rotes Tuch. „Die rassistische, menschenverachtende und europafeindliche Haltung der Lega ist mit den Grundwerten unserer Partei nicht vereinbar“, sagt ein langjähriger Landtagsabgeordneter.

Allerdings gibt es neben der Lega wenig Alternativen für die SVP: Der PD dürfte aller Voraussicht nach ein Mandat verlieren, die anderen Parteien des Rechtslagers kommen für eine Koalition nicht in Frage. Einer Zusammenarbeit mit dem Team Köllensperger haben Philipp Achammer und Co. bereits eine klare Absage erteilt, da diese Liste nicht die Italiener im Lande repräsentiere. Wenngleich man Paul Köllensperger ein gutes Ergebnis von drei bis vier Sitzen zutraut. Die Grünen hingegen laufen – immer laut SVP-„Bauchgefühl“ – Gefahr, ein Mandat einzubüßen. Auch das rechtspatriotische Lager dürfte, sollten sich die Einschätzungen unterm Edelweiß bewahrheiten, geschwächt aus den Wahlen hervorgehen: Zwar würde die Süd-Tiroler Freiheit ein Mandat dazugewinnen und künftig vier Vertreter im Landtag stellen. Gleichzeitig aber wird den von Skandalen gebeutelten Freiheitlichen der Verlust von „mindestens zwei Mandaten“ prophezeit.

SVP-Wahlkampfleiter Thomas Widmann will sich jedoch nicht mit Zahlenspielereien befassen: „Wenn wir jetzt diskutieren, ob es 16 oder 17 Mandate werden, dann verlieren wir dadurch zehn Prozent unserer Energie. Wir müssen Vollgas geben und den Menschen zeigen, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Noch herrscht bei den Wählern eine gewisse Katerstimmung, doch die Stimmung wird von Tag zu Tag besser. Das Land braucht eine starke SVP und keine Dreierkoalition. Südtirol braucht stabile Verhältnisse, damit es nicht zu einer normalen italienischen Provinz wird.“

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (27)

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  • leser

    Sudtrol braucht eiine abwahk der alten sesselkleber

    • tiroler

      Die SVP weiss selbst, dass es im besten aller Fälle nur 15 Sitze werden und auch nur, weil die Freiheitlichen Ulli Mair nicht von der Liste genommen haben. Die F sind für jeden vernünftigen unwahlbar

  • andreas

    Wer um alles in der Welt ist bei der SVP denn so dumm, solche Einschätzungen über das Abschneiden anderer Parteien und Koalitionsmöglichkeiten an die Öffentlichkeit zu bringen? Jedenfalls vermittelt der Artikel den Eindruck, dass die Einschätzungen direkt aus der Partei kommen.

    Die Lega wird wohl die höchsten Zugewinne haben, PD und Freiheitliche die größten Verluste. Die verlorenen Stimmen der SVP werden wohl primär an Team Köllensperger gehen.

    Das Glück der deutschsprachigen Südtiroler bei Landtagswahlen war immer, dass sich die Italiener im Land nicht einig sind und die Stimmen der Wähler immer auf x Parteien aufgesplittert waren.
    Wenn man die naive Begeisterung um den Brandstifter Salvini sieht, könnte es aber sein, dass die Italiener diesmal hauptsächlich Lega wählen, für M5S hat es sich in Südtirol wohl ausgezaubert.
    Es werden wohl auch einige deutschsprachige Lega wählen, aber so ist halt Demokratie.

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