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„Viele haben uns den Vogel gezeigt“

Arno Parmeggiani, Gründer und Veranstalter des Love-Electro-Festivals, über Entstehung und Ende des beliebten Events.

von Julian Righetti

Am heutigen Samstag findet zum letzten Mal das Love-Electro-Festival in der Festung in Franzensfeste statt. Das Festival hat sich in den letzten acht Jahren zu einem fixen Anhaltspunkt für Liebhaber elektronischer Musik entwickelt. Doch nach acht Jahren mit über 400 internationalen und lokalen Künstlern wurde Anfang 2018 bekannt, dass das Gelände der Festung in Franzensfeste nicht mehr zur Verfügung steht und das Festival heuer – zum Bedauern vieler – für immer seine Tore schließt.

Einer der Gründer und Veranstalter, Arno Parmeggiani, rekapituliert im TAGESZEITUNG-Interview den Werdegang des Festivals und erklärt, wie es nun weitergeht.

Tageszeitung: Herr Parmeggiani, seit 2010 veranstalten Sie und Ihr Team das Love-Electro-Festival. Was hat Sie damals dazu gebracht, so ein großes Event zu organisieren?

Arno Parmeggiani: Das Ganze ist aus einer spontanen Idee heraus entstanden. Wir hatten eine recht nachvollziehbare Motivation: Mein Freundeskreis und ich spürten, dass es ein Bedürfnis nach solchen Konzepten bei uns in Südtirol gab. Doch hierzulande war die Szene damals, in den Jahren 2007 bis 2009, klein bis inexistent. Schließlich produzierten nur eine Hand voll DJs elektronische Musik.

Und wie hat alles genau begonnen?

Ende 2009 haben Moritz (Gruber, a.d.R), Viktor (Franz, a.d.R) und ich uns spontan zusammengesessen und beschlossen unser eigenes Event zu erfinden. Also haben wir in den Winterferien an einem stink-normalen Dienstag den Club Max in Brixen gemietet. Unsere Hoffnung war es 300 bis 400 Leute anzulocken. Am Ende hatten wir rund 1.500 Gäste und beim Eingang eine Schlange, die über 100 Meter lang war. Bereits um 22.30 Uhr waren die Bars im Inneren ausverkauft. Für die Musik sorgten damals unsere Freunde aus München, Mailand, Bologna, Wien und Berlin, denn in Südtirol standen nicht wirklich DJs zur Verfügung. Genau so gingen wir auch bei den Grafikern, Videomachern und Fotographen vor – in Südtirol gab es noch niemanden, den wir fragen konnten.

Der Erfolg hat euch motiviert?

Ja, denn jener Abend hat uns bestätigt, dass das Bedürfnis für solche Events in Südtirol groß war. Im Nachhinein betrachtet hatten wir Glück, dass wir etwas naiv waren und einfach unser Ding gemacht haben. Schließlich hat uns das damals motiviert die erste große Sommeredition von Love Electro in der Festung Franzensfeste zu organisieren und auch die Eishalle während des Rock-Im-Ring-Festivals auf dem Ritten zu bespielen. Viele haben uns den Vogel gezeigt, als wir über die Idee sprachen (lacht).

Die erste Sommeredition von Love-Electro hat erstmals 2012 stattgefunden…

Arno Parmeggiani

Genau. Für das Love-Electro-Festival 2012 haben wir zwei Jahre lang Vorarbeit benötigt. Obwohl man uns damals davon abgeraten hat, denn es hieß, niemanden würde so eine Großveranstaltung ansprechen und die Festung Franzensfeste wäre logistisch ungeeignet. Letzteres mag zwar zutreffen, nichtsdestotrotz hatten wir – glücklicherweise – Erfolg. Für den damaligen Headliner, Steve Aoki, sind wir eigens zweimal nach Mailand gefahren, um mit seinem Management zu sprechen. Es war dann wie ein kleines Wunder, als dieser Star-DJ unser Festival ausgesucht hat und zugesagt hat.

Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen gab es beim Buchen der weltweit bekannten Künstler?

In den letzten acht Jahren haben wir über 400 Künstler aus aller Welt gebucht und uns so als Veranstalter einen Namen aufgebaut. Die Agenturen kennen uns mittlerweile und wissen, dass wir seriös arbeiten. Daher fiel es uns Jahr für Jahr leichter immer bekanntere Künstler für unsere Festivals und Veranstaltungen zu gewinnen.

Welche organisatorischen Hürden mussten Ihr Team und Sie meistern?

Es war anfangs etwas kompliziert, bei allen bürokratischen Auflagen durchzublicken. Oft wussten selbst die Entscheidungsträger nicht wirklich Bescheid, was zu tun war. Daher gestaltete sich die Organisation unter der Beachtung aller detaillierten Auflagen schon oft mühsam. So betrachtet ist es verständlich, dass viele kleinere bzw. jüngere Veranstalter aufgeben: Der Aufwand ist groß und das Ganze ist auch mit einem beachtlichen, finanziellen Aufwand verbunden.

Dieses Wochenende findet das letzte Love-Electro-Festival statt. Sind Sie sehr enttäuscht darüber?

Langsam wird uns bewusst, dass es zu Ende geht. Das Ganze ist schon mit Wehmut verbunden, aber letztendlich haben wir nur einen begrenzten Einfluss darauf, denn die Location gehört schließlich nicht uns. Das macht uns abhängig von den Entscheidungen anderer. Wir werden jetzt das Beste daraus machen und eine letzte Edition organisieren, die allen in Erinnerung bleiben wird.

Warum steht die Festung Franzensfeste nur mehr heuer zur Verfügung?

Es hat vor zwei Jahren einen Führungswechsel in der Festung Franzensfeste gegeben. Die neue Führung hat uns unmissverständlich mitgeteilt, dass unser Festival nicht in ihr Zukunftskonzept für die Festung passt. Zu Beginn dieses Jahres wollten wir dann einen Termin für das Festival 2019 vereinbaren, um mit der Organisation zu beginnen, doch die Zuständigen wollten noch bis zum Ende laufenden des Jahres abwarten. Somit war unsere Planungssicherheit nicht gewährleistet und das Risiko zu groß.

Stehen nun neue Projekte in den Startlöchern?

Momentan denken wir noch nicht über neue Projekte nach. Zuerst wollen wir mal das Wochenende hinter uns bringen. Die Nachfrage ist sehr groß, sodass wir Anfang der Woche auch die Online-Tickets aufstocken mussten. Sobald das Ganze vorbei ist, werden wir sehen was die Zukunft bringt. Leider ist es in Südtirol sehr schwierig, eine geeignete Location zu finden, deshalb sind wir momentan etwas pessimistisch.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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