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Unbeliebter Wastl

Die seit Ende August beschädigte Statue des Kapuziner Wastl soll restauriert werden. Die Meinungen über das Alpini-Denkmal aus der Faschistenzeit gehen aber stark auseinander.

von Alexa Collavo

Ende August wurde die Feder am Hut des Alpini-Denkmals „Kapuziner Wastl“ abgebrochen. Die Statue wurde 1937 am Kapuzinerplatz in Bruneck zu Ehren der gefallenen Alpini errichtet, die im Äthiopien-Krieg eingesetzt waren. Das Denkmal aus der Faschistenzeit ist seit jeher umstritten und wurde mehrmals zum Opfer von Sprengstoffanschlägen, Farbattacken und Beschädigungen. Die Statue wurde bereits einmal neu aufgebaut, wo sie aber nur noch einen Torso auf einem großen Steinsockel erhielt. Ursprünglich handelte es sich um eine Ganz-Körper Statue eines Alpini-Soldaten.

Der Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair weist die Zuständigkeit für das Werk von sich: „Die Gemeinde ist für dieses Denkmal bzw. Mahnmal nicht zuständig und deshalb werden wir auch keine Restaurierung durchführen, keine Geldmittel bereitstellen und auch keine Anfrage an die zuständigen Behörden stellen. Die Associazione Nazionale Alpini (ANA), hat gesagt, sie werde dafür sorgen, dass die abgebrochene Feder wieder angebracht wird.“

Matthias Hofer der Süd-Tiroler Freiheit übt dagegen scharfe Kritik an den Aussagen des Vizebürgermeisters Renato Stancher, der unter anderem Funktionär bei der Gruppe ANA ist und in der Statue kein faschistisches Relikt sieht, sondern ein Denkmal für die Gefallenen. „Das Denkmal steht für einen grausamen Giftgaseinsatz und erinnert an die glorreiche Eroberung, bei der Menschen mit Pfeil und Bogen gegen Giftgas kämpfen mussten. Was der Vizebürgermeister sagt, ist eine Beleidigung für all die Gefallenen“, sagt Hofer.

Der Kapuziner Wastl solle laut Hofer nicht zerstört werden, sondern in ein Museum abgetragen werden, wo er ordentlich erklärt werden soll, sodass der Faschismus aufgearbeitet werden kann. Der Vertreter der Süd-Tiroler Freiheit sieht Deutschland als Vorbild für die Aufarbeitung des Faschismus: „Natürlich ist auch der Faschismus ein Teil von Südtirol, den man auch nicht auslöschen soll, aber diese Relikte sollten nicht auf öffentlichen Plätzen sein. In Bayern würde es so etwas wie den Kapuziner Wastl auch nicht mehr geben.“

Laut dem Brunecker Bürgermeister sind aber einige Dinge zu unterstreichen, wenn man über den Kapuziner Wastl spricht: „Erstens wurde aus dem Denkmal ein Mahnmal gemacht, indem Schilder angebracht wurden, die den geschichtlichen Hintergrund erklären. So hat er auch einen musealen Charakter erhalten. Zweitens steht die Statue nicht mehr in seiner vollen Größe da, wie zur Zeit, als sie errichtet wurde. Drittens gedenken die Alpini ihren Gefallenen schon lange nicht mehr an diesem Denkmal, sondern am Gefallenenfriedhof in Bruneck.“

Hofer widerspricht dem Bürgermeister. Erst vor einigen Jahren habe Donato Seppi von der Unitalia einen Kranz vor dem Denkmal niedergelegt. „Da kann mir keiner erklären, dass das ein Mahnmal gegen den Faschismus ist, wenn Neofaschisten dort Kränze niederlegen. Die erklärenden Tafeln sind eben ein Kompromiss, aber da steht sicher nicht die ganze Geschichte drauf. Es war sicher ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber wenn der Kapuziner Wastl unter dem Vorwand, den Gefallenen zu gedenken, von Faschisten gewürdigt wird, dann kann man das nicht weiter akzeptieren“, sagt Matthias Hofer.

Der Bürgermeister erklärt, dass es nur eine kleine Gruppe von Leuten interessiert, was mit dem ursprünglichen Alpini-Denkmal passiert. Durch die Schilder und den damit einhergehenden Erklärungen sei die Statue den meisten Bruneckern gleichgültig. „Außerdem spiegelt das Denkmal auch einen Teil der Südtiroler Geschichte wieder, wie zum Beispiel die Bombenjahre,“ erklärt der Brunecker Bürgermeister.

Matthias Hofer plädiert aber weiter für ein Museum, in dem die Zeit ab 1920 behandelt wird. So etwas fehle in Südtirol und es wäre laut Hofer interessant, wenn man den Kapuziner Wastl dort von allen seinen Seiten zeigen und erklären könnte. Somit könnten auch die Bombenjahre besser erklärt werden.

Es gibt laut Matthias Hofer noch immer zahlreiche faschistische Relikte auf öffentlichen Plätzen: „Ich sehe keinen Unterschied zwischen dem Siegesdenkmal, dem Mussolini-Relief und dem Kapuziner Wastl. Alle drei wurden errichtet, um den Faschismus zu feiern und unterstreichen die Macht Mussolinis.“

Der Bürgermeister sieht hingegen deutliche Unterschiede: „Bereits vom Zeitpunkt der Errichtung unterscheiden sich die drei. Außerdem enthält der Kapuziner Wastl viel mehr Geschichte als die Bauten in Bozen. Es gibt verschiedene Interpretationen. Man kann das ursprüngliche Alpini-Denkmal von unterschiedlichen Seiten sehen. Ich denke aber, dass keiner sich das Recht ableiten kann, dass das, was er interpretiert, die einzig wahre Interpretation ist. Das ist toleranz-demokratisches Bewusstsein.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (7)

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  • roberto

    Ein Museum für die geschichtliche Aufarbeitung des letzten Jahrhunderts finde ich gut, dort ist auch für den Wastl ein gebührenden Platz verfügbar. Das Museum für die geschichtliche Aufarbeitung würde ich am Kronplatz, zwischen dem Nostalgie einflößenden Museum der Berfotografie und dem Alpingeschichte dokumentierenden MMM Corones Museum, bauen lassen.

    ………mit offener Weitblick in die Vergangenheit, statt Nabelschau am Berg

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