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Auf der Anklagebank

Wahlkampf vor dem Siegesdenkmal, Erinnerung an die „anti-italienischen“ Opfer, Plädoyers für JWA: Die SVP zitiert die Fratelli d’Italia vor den Koalitionsausschuss.

Von Matthias Kofler 

Alessia Ambrosi weiß um die Macht der Bilder: Die EU-Spitzenkandidatin der Fratelli d’Italia hat deshalb ganz bewusst das Bozner Siegesdenkmal als Kulisse für ihren Wahlwerbespot gewählt. In dem Video erklärt die Politikerin, warum Giorgia Meloni sie ins Rennen schickt und verteilt dabei Handküsschen: Südtirol brauche neben dem deutschen endlich auch einen italienischen Vertreter in Brüssel (obwohl es mit Matteo Gazzini bereits einen italienischen Europaabgeordneten gibt).

Andreas Leiter Reber kann darüber nur den Kopf schütteln: „Wer in Südtirol die italienische Gemeinschaft für sich gewinnen oder an den italienischen Nationalstolz appellieren will, tut dies am besten mit faschistischer Symbolik.” Liktorenbündel schienen der ideale und ideelle Hintergrund dieser Partei zu sein und setzten jeden fashionista fascista perfekt in Szene. In anderen Ländern sei so etwas undenkbar. „Auch jene, die sich selbst als Antifaschisten bezeichnen, schweigen auffallend und scheinen sich genauso wenig am Siegesdenkmal-Video für Europa zu stören wie die Koalitionsfreunde von der SVP, die Grünen oder linken Omas altro che rote Linie, kritisiert der Freie Mandatar.

Das Wahlvideo ist jedoch nicht die einzige Provokation der Fratelli in diesen Tagen.Der Kammerabgeordnete Alessandro Urzì hat ein Mahnmal für die Opfer der anti-italienischen Anschläge gefordert. „Der Wind der Veränderung“, so Urzì, „sollte auch in Südtirol wehen, um sich mit der Vergangenheit zu versöhnen und das Opfer jener anzuerkennen, die den ideologischen Radikalismus und die sezessionistischen Versuchungen, die sich diesseits der Brennergrenze mit mehr als 500 Anschlägen und über 20 Toten manifestierten, mit ihrem Leben bezahlt haben. Dies müsse von allen Parteien und den höchsten Vertretern Südtirols mit klaren Worten anerkannt werden;die Autonomie müsse den Opfern des Martyriums Respekt und Dankbarkeit erweisen, meint der FdI-Chef.

„Das ist das Steckenpferd von Herrn Urzì, das beweist, dass er seine nationalistische Haltung noch immer nicht abgelegt hat“, kommentierte Senatorin Julia Unterberger die Forderung. Die Südtiroler Freiheitskämpfer mit dem rechtsextremen Terrorismus oder den Brigate Rosse vergleichen zu wollen, zeige, „dass er nichts von unserer Geschichte verstanden hat und im Grunde seines Herzensder alte Provokateur geblieben ist“.

Neo-SVP-Chef Dieter Steger ist um Deeskalation bemüht: Man nehme den Vorschlag und die Wortwahl des Abgeordnetem Urzí „zur Kenntnis“ und verweise auf das Regierungsprogramm. In Kapitel über Museen werde ein klarer und seiner Meinung nach für alle Sprachgruppen gewinnbringender Ansatz dargelegt. „Während im Museum Franzensfeste eine Dauerausstellung eingerichtet werden soll, die sich mit der Zeitgeschichte Südtirols als Grenzregion befasst, soll ein Teil des Landesbibliothekszentrums umfunktioniert werden, in dem insbesondere die Autonomie Südtirols, seine Entstehung und Werdegang dargestellt werden soll“, so Steger. Konzipiert als Ort der Begegnung und des friedlichen Miteinanders der drei Sprachgruppen werde es auch einen Bereich geben, der als Gedenkstätte für all jene dient, denen Gewalt angetan wurde oder leider an den Folgen von Gewalt gestorben sind.

Landeshauptmann-Stellvertreter Marco Galateo tanzte nicht nursprichwörtlich mit dem Vulkan, sondern überschritt auch die klassische rote Linie: Der Fratello machte sich über die von der SVP und weiten Teilen der Opposition unterstützten Petition an Regionalratspräsident Roberto Paccherlustig, die „inakzeptablen und hasserfüllten“ Äußerungen von Jürgen Wirth Anderlan bei der FPÖ-Konferenz in Wien zu verurteilen und mögliche Gegenmaßnahmen zu prüfen, indem er auf das Recht auf freie Meinungsäußerung pochte.

Philipp Achammer hat seinen Nachfolger Dieter Steger ersuchtGalateos Verhalten im Koalitionsausschuss zu thematisieren. Die JWA-Worte seien „nicht zu rechtfertigen“ und hätten nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. LH Arno Kompatscher erklärte, dass er sich die umstrittenen Aussagen seines Kollegen erst anhören müsse und kündigte an, anschließend das Gespräch mit Galateo zu suchen. 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (27)

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  • heracleummantegazziani

    Wer Galateo kennt, dürfte nicht überrascht sein.

    • criticus

      Ja, wie wird der Herr Stauder dieses neue Problem den SüdtirolerInnen jetzt erklären? Bitte uns nicht wieder so verarschen wie mit der Ladiner-Fahne!

    • artimar

      Mit einzelnen Ersatz- und Symbolhandlungen   gegen Grenzüberschreitungen eines JWA, Urziis Galateos … ist es nicht offenbar nicht getan.
      Ansonsten verkommt „Zeichnen setzen“ zu  (inflationären) Reflexhandlungen einer (medialen) Empörungskultur.
      Gegen das Tandem aus Dummheit und Gewalt sind Handlungsfähigkeit, eine Architektur von Komplexität das beste Antidot.
      Es gilt die Debatte über Ursachen selbst zu favorisieren. Wieso ist »ein faschistisches Symbol, als Teil eines imperialistischen Raumplanungskrieges“ (US-amerikanischen Wissenschaftlerin Alexandra Cosima Budabinin) in Bozen 2024 Teil der Erinnerungsabwehr und der Polarisierung so wirkmächtig?
      Wieso hat es kaum eine Erinnerungskultur vergangener Zeiten – wie Menschen Erinnerungen gespeichert und inszeniert haben?

  • opa1950

    Das beweist wieder einmal wen sich die SVP Verlierer Partei ins Bett geholt hat. Bravo Kompatscher.

  • brutus

    Die SVP bekommt den neofaschistischen Haufen nicht in den Griff (was zu erwarten war!).
    Der italienische Koalitionspartner macht die restliche Legislatur zur Zerreißprobe!

  • andreas

    Muss den Urzi mal fragen, was das soll, dem ist das doch komplett egal und Galateo braucht man nicht ernst nehmen, der redet viel, wenn der Tag lang ist.

  • ummagumma

    Das gleiche gilt für die helle Kerze Andreas natürlich, der hier jeden Tag gleich mehrmals viel und dumm schreibt! Also ich finde die verwelkte Edelweissfraktjon darf sich weiter von den Neo an der Nase herum führen lassen. Geil.

  • kongo

    Man soll und muss solche Leute sehr ernst nehmen. Anstatt Fehler zuzugeben wird wieder mal alles verdreht und schöngeredet.Typisch SVPler.

  • nochasupergscheiter

    Was mir ganz komisch an der Sache vorkommt, ist dass sich so viele Politiker angesprochen fühlen, von dem was jwa gesagt hat…
    Kaum zu glauben…
    Als Politiker der korrekt und selbstlos für die Bevölkerung seine Arbeit macht, würde ich müde lächeln, aber er scheint wohl in ein Wespennest gestochen zu haben

  • sepp

    Du sell wundert mich nett bis itz no nie nix giton in der politik lei abkassiert giorbaten sowieso nie und itz Steinbruch sell überlebsch nett

  • bettina75

    OMG jetzt zeigt man die Fratze her, die bei den Koalitionsverhandlungen schön geschminkt wurde.
    Liktorenbündel und Siegesdenkmal Symbole die in der SVP jetzt auch noch schön geredet werden.
    Steger quo vadis?

  • sougeatsnet

    Wenn ich mich recht entsinne, hat der Landeshauptmann die Koalition mit den Rechten damit begründet, dass bis Jahresmitte 2024 ein Ausbau bzw. Wiederherstellung unserer Autonomie ermöglicht wird. Für den Normalbürger ist dieser versprochene Ausbau ohnehin bedeutungslos. Ein Ausbau unserer Autonomie gelang bisher immer nur mit linken Regierungen. Urzi und Galateo werden schon dafürsorgen, dass die verhassten deutschen Südtiroler mehr Rechte bekommen. Nur ganz Dumme verstehen dies! Unsere SVP Bürokraten schaffen ja nicht einmal klare Landesgesetze, geschweige denn Staatsgesetze.

    • heracleummantegazziani

      Nein, das stimmt so nicht. Sie sind da auf das Lügenkonstrukt Knolls hereingefallen. Die Rede war davon, dass bis zum Sommer 2024 ein Gesetzesvorschlag vorliegen soll. Dabei geht es nicht um den Ausbau der Autonomie, sondern darum Einschränkungen rückgängig zu machen und den Handlungsspielraum des Verfassungsgericht einzuschränken.

      • kongo

        OK Hera Bärenklau, das du hier Lügen verbreitest ist ja schon lange jeden bewusst,aber das du noch die Verarschung und die Lügen des LB gegenüber dem Volk verteidigst ist schon unterste Schublade. Es wird weder im Sommer noch im Herbst etwas passieren, im Gegenteil man wird Dank der Faschi Koalition die Autonomie weiter mit den Füßen treten.Leider wieder nichts mit trockenen Tüchern, Mich wundert sowiso das du und Anderle noch in unserem Lande lebt,Und bitte komm nicht wieder mit deinen warmen Spruch vom sinnerfassenden lesen.

        • heracleummantegazziani

          Haben Sie in Ihre Kristallkugel geschaut oder die Tarot-Karten gelegt? Sie gehören sicher zu der Spezies, die diesen Mumpitz glaubt.
          Abgerechnet wird, wenn im Sommer KEIN solcher Gesetzesvorschlag vorliegt, dann ist Kritik berechtigt.
          Sie verstehen da noch etwas falsch (aber mit logischem Denkvermögen sind Sie ja nicht ausgestattet): Sie sind es doch, der jede Situation im Land andauernd kritisiert, also müssten Sie derjenige sein, der das Land verlässt, nicht ich. Das schnallen Sie wieder nicht, stimmt’s?

          • kongo

            Es muss schon schlimm sein wenn man mit Kritik und Wahrheit nicht umgehen kann, und rede bitte nicht von Logik, denn die ist bei dir nicht vorhanden.

      • pingoballino1955

        Hera……und genau das wird NICHT passieren wie versprochenen bis zum 30.JUNI 2024 vom SVP KOMPATSCHER “ VOR DEN WAHLEN!!! Dieser Mann hat das Südtiroler Volk VOLL GETÄUSCHT,im Wissen,nach 5 Jahren bin ich weg LMAA tutti quanti! Roma mi aspetta,gel Kompatscher,hoffentlich geht deine Rechnung nicht auf!

    • sougeatsnet

      Dann betrachten wir es von ihrer Seite: Wo sind die Gesetzesvorschläge Einschränkungen der Autonomie rückgängig zu machen und den Handlungsspielraum des Verfassungsgericht einzuschränken?

      • heracleummantegazziani

        Der Sommer (davon war immer die Rede) beginnt am 20. Juni um 22:50 und endet am 22. September. Wenn in diesem Zeitraum kein solcher Vorschlag vorliegt, dann ist Kritik berechtigt. Vorher ist es eigentlich ziemlich lächerlich zu fragen, wo dieser Vorschlag ist.

        • pingoballino1955

          Hera…..nicht Lügen: die Rede war 30.Juni 2024 ihr SVP ,ler müsst immer LÜGEN,ich glaube ihr habt das immer nötiger,je schneller euch die politische SCHLINGE erwürgt!

  • foerschtna

    Man sollte, vor allem in der Politik, nicht so dünnhäutig sein, was Aussagen von Politikern, ob nun im hohen Haus oder anderswo, betrifft, egal von welcher Seite sie kommen. Da schenken sich nämlich weder Linke noch Rechte etwas. Und wenn es oberhalb der Strafbarkeitsgrenze ist, ist es Sache der Justiz, dagegen vorzugehen. Wenn allerdings, wie von der deutschen Innenministerin im Entwurf zum sogenannten „Demokratiefördergesetz“ vorgeschlagen, auch gegen Äußerungen „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ vorgegangen werden soll, wird’s für die Demokratie gefährlich. Denn wer bestimmt dann, was gesagt werden darf und was nicht ? Die Regierung ? Und was ist, wenn in Zukunft mal eine böse rechte Regierung an der Macht ist, und die dann bestimmt, was verfolgt werden kann, und was nicht ? Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind in den meisten europäischen Verfassungen mit Recht enge Grenzen gesetzt, und dementsprechend vielen in der Vergangenheit auch meistens Gerichtsurteile aus. Wenn manche jetzt allerdings glauben, gemäß dem vielbeschworenen „Kampf gegen Rechts“, sie könnten festlegen, was sagbar ist und was nicht, öffnen sie die Büchse der Pandora. Denn dann wird Meinungsfreiheit das, was die jeweilige Regierung als Meinungsfreiheit definiert. Mit dem EU-digital services act ist man bereits einen Schritt in diese Richtung gegangen, aber wie gesagt, was ist, wenn in 5 Jahren möglicherweise eine rechte EU-Kommission in Amt und Würden ist ? Die Kämpfer gegen Rechts sollten nicht davon ausgehen, daß sie immer die Deutungshoheit haben werden, Grundrechte sind nämlich weder links noch rechts.

  • sigo70

    „LH Arno Kompatscher erklärte, dass er sich die umstrittenen Aussagen seines Kollegen erst anhören müsse“ war er bei der Landtagssitzung am 9.Mai nicht anwesend?

  • krautnock

    Hab ich was verpasst? Ambrosi ist doch überhaupt keine Südtirolerin, wenn die mit den Stimmen aus dem Trentino gewählt wird, dann soll sie gefälligst die Trentiner vertreten und uns in Ruhe lassen.

  • dn

    Die EdelweißArbeitnehmer hatten Bauchweh mit den Rechten deutscher und italienischer Zunge. Hätten sich abspalten können und eine eigene Partei gründen. Dazu muss man halt auch palle haben.

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