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Der Unterschätzte

Foto: Bordoni

Von einigen Medien wurde er bereits abgeschrieben, doch jetzt hat er mit dem FC Südtirol den Klassenerhalt geschafft. Wie Trainer Federico Valente vom Buhmann zum FCS-Retter wurde.

von Markus Rufin

Der FC Südtirol hat es geschafft, er spielt auch in der kommenden Saison in der Serie B. Das alleine ist eigentlich schon ein Märchen für sich, doch die heurige Spielzeit ist eng mit der Geschichte eines Mannes verbunden, der damit eine perfekte Comeback-Geschichte geschrieben hat: Trainer Federico Valente.

Anfang Dezember wurde Pierpaolo Bisoli nach einer Serie an sieglosen Spielen entlassen. Daraufhin übernahm Valente das Ruder, dabei kam er gerade erst im Sommer aus der Jugendabteilung des SC Freiburg zum FCS. Gerade in den ersten Spielen stand Valente massiv in der Kritik, doch im Laufe der Saison entwickelte er sich vom Buhmann zum Retter bei den Weiß-Roten.

Einer seiner größten Fürsprecher war der technische Direktor Hannes Fink: „Valente hat sicher einen großen Anteil am vorzeitigen Klassenerhalt. Er hat es gut gemacht.“

Die Entscheidung der sportlichen Leitung, den Schweizer zum Cheftrainer der Profi-Mannschaft zu machen, äußerst mutig. Zwar leistete Valente in der U-19 gute Arbeit, eine Profi-Mannschaft hatte er zuvor aber nie betreut. Auch Fink ist sich bewusst, dass der FCS im Dezember ein Risiko eingegangen ist: „Wir konnten nicht wissen, wie es funktioniert, er hat auch Zeit gebraucht, bis er hineingekommen ist und hat einige schwere Momente überstehen müssen.“

Am Ende sah der vorzeitige Klassenerhalt des FCS leichter aus, als es wirklich war, zumal noch eine kleine Chance besteht, das Playoff zu erreichen. In Wirklichkeit waren vor allem die ersten Spiele unter Valente oft zum Haare raufen. Zwar zeigten Tait und Co. nicht unterirdische Leistungen, Verletzungen und fehlende Erfahrung auf gewissen Positionen führten aber dazu, dass der FC Südtirol gefährlich nahe an die Playout-Zone rückte. Im Winter wurden einige wichtige Spieler wie Jasmin Kurtic, Salvatore Molina oder Tommaso Arrigioni geholt, doch auch sie brachten zunächst nicht die gewünschte Leistungssteigerung.

Die Kritik an Valente nahm zu. Sowohl die Aufstellungen als auch die Taktik wurde hinterfragt. Von einigen Medien wurde der 48-Jährige sogar bereits abgeschrieben. Ein Jugendtrainer kann nun mal nicht so einfach eine Serie-B-Mannschaft übernehmen, hieß es immer wieder. Valente trat dabei auch in einige Fettnäpfchen und hatte Schwierigkeiten im Umgang mit den Medien. Fink führt das auf den hohen Druck, aber auch auf die sprachliche Hürde zurück. Valente spricht zwar gut italienisch, seine Muttersprache sei das aber nicht.

Der FCS hielt dennoch an Valente fest. Zwar habe man die Situation jeden Tag beobachtet und genau auf die Zusammenarbeit geschaut, häufig entscheide dann aber das Bauchgefühl, meint Fink: „Dieses Mal ist es gut gegangen, wir hoffen, dass es auch künftig so ist, auch wenn falsche Entscheidungen dabei sein werden.“

Denn letztendlich hat Valente bewiesen, dass er von Medien und Experten unterschätzt wird. Der Mann aus Solothurn scheut sich nicht vor Herausforderungen und mutigen Entscheidungen. Sein Wechsel vom SC Freiburg zum FCS im vergangenen Sommer beweise das, sagt Fink: „Das wäre so, als würde ein Primavera-Trainer von Atalanta zu unserer Primavera-Mannschaft wechseln. Für ihn hat es sich letztlich aber ausgezahlt.“

Zu Anfang zeigte sich, dass Valente teilweise grundsätzlich andere Auffassungen als Pierpaolo Bisoli hat. Er musste sich an den Verein und an den italienischen Fußball erst anpassen, blieb dabei aber stets seinen Prinzipien treu, beschreibt ihn Fink. Im Gegensatz zu Bisoli ist Valente nicht der große Motivator, der die Spieler durch seinen mentalen Impakt auf ein anderes Level hebt. Der 48-Jährige ist ein akribisch arbeitender Mann, der aber ebenso über Charisma verfügt.

Dementsprechend war auch zu sehen, dass seine Spieler die Ideen aufgenommen haben. Diese auch umzusetzen, brauchte aber eine gewisse Zeit. „Das fußballerische Können alleine reicht leider nicht immer aus“, fasst Fink zusammen. Ein Knackpunkt für ihn waren die beiden Spiele gegen die Reggiana und Lecco. In beiden Spielen hat der FCS zwar gut gespielt, gewonnen hat er am Ende aber nicht: „Uns hat in diesen Spielen die nötige Mentalität gefehlt. Wenn man in einer solchen Phase Chancen liegen lässt, wird es schwierig zurückzukommen. Valente hat aber versucht, die Spielidee mit der Mentalität zu vereinen und das ist ihm auch gelungen.“

In der Meisterschaft sind für den FC Südtirol jetzt noch zwei Spiele zu bestreiten. Der Rückstand zur Playoff-Zone beträgt zwei Punkte, allerdings warten mit Pisa und Palermo auch harte Gegner. Für die Vereinsleitung steht daher die Planungen für die kommende Saison auf dem Programm. Noch ist unklar, ob Valente auch 2024/25 auf der Trainerbank sitzen darf, eine Verlängerung ist ihm nach dem Klassenerhalt so gut wie sicher.

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