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„Die Häftlinge sind besorgt“

Das Bozner Gefängnis

Nicht nur Krätze. Die Lage im überfüllten Bozner Gefängnis ist weiterhin katastrophal. Der neue Direktor Giangiuseppe Monti wirft der hiesigen Politik vor, sich nicht dafür zu interessieren.

von Thomas Vikoler

Vergangene Woche wurde bekannt, dass es im Bozner Gefängnis sechs Fälle von Krätze aufgetreten sind. Fünf Gefangene und ein Wärter sind von der juckenden Hautkrankheit betroffen. Der Ausbruch der von Milben verursachten Schädigung der Oberhaut war gestern Gegenstand eines Besuchs der Südtiroler Vereinigung der Junganwälte (AIGA) in der Haftanstalt.

„Es gab ein Treffen der Gefängnisleitung mit dem Hygieneamt und es sind eine Reihe von Bonifizierungsmaßnahmen wie dem Austausch der Matratzen und Leintücher geplant. Die Gefangenen sind aber sehr besorgt über die Krätze-Fälle, was zu einem Sicherheitsproblem werden könnte“, berichtete AIGA-Vorsitzender Andrea Gnecchi nach dem Treffen.

Einer seiner Klienten sei der erste gewesen, der auf eine Hautschädigung bei sich hingewiesen habe, aber vom medizinischen Personal des Gefängnisses nicht ernst genommen worden. „Man hat das Problem unterschätzt und sprach zunächst von Nesselsucht“, so der Anwalt.

Und auch sonst scheint die Lage im Bozner Gefängnis weiterhin katastrophal zu sein. Die Gefangenen müssen sich laut dem AIGA-Vorsitzenden insgesamt vier Etagenduschen teilen. Krätze breitet sich u.a. über Kleidung aus. Derzeit sind in der Haftanstalt 108 Häftlinge untergebracht, es sind zuweilen bis zu 120 – eigentlich ist das baufällige Gefängnis für maximal 88 Personen vorgesehen.

Immerhin sollen nun Außenarbeiten durchgeführt werden, das Dach und die Fassade zur Dantestraße werden um rund 1,5 Millionen Euro erneuert. Wohl auch aufgrund der Einsicht, dass das seit Jahren versprochene neue Gefängnis in Bozen Süd nicht in absehbarer Zeit errichtet wird.

Das Gefängnis hat mit dem aus Süditalien stammenden Giovangiuseppe Monti seit Ende vergangenen Jahres einen neuen fixen Direktor, nachdem die Haftanstalt zeitweise von anderen Gefängnissen aus verwaltet worden war.

Monti beklagte sich gestern gegenüber der Abordnung der Junganwälte-Vereinigung über das fehlende Interesse der hiesigen Politik an den Zuständen im Gefängnis: Weder ein Besuch noch ein Anruf von Landeshauptmann Arno Kompatscher oder von Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi. Monti habe sich sehr enttäuscht darüber gezeigt, berichtet Anwalt Gnecchi.

Immerhin ist nun eine teilweise Entlastung für die überfüllte Haftanstalt in Sicht: Oberstaatsanwalt Axel Bisignano bemüht sich darum, dass auch in Südtirol eine Gesetzesbestimmung umgesetzt wird, die eine Unterbringung von Tatverdächtigen nach Festnahmen in einer Arrestzelle in Carabinieri-Kasernen oder Polizeistationen vorsieht. Die hiesigen Einheiten hatten sich bisher geweigert, derartige Arrestzellen einzurichten (die TAGESZEITUNG berichtete).

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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