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Mildes Urteil

Der 45-jährige Südtiroler, der vor einem Jahr seine Ex-Frau vor deren Wohnung in Vahrn attackierte, kommt mit einer milden Haftstrafe davon.

Von Thomas Vikoler

Jemanden zu würgen, dass ihm die Atemluft länger wegbleibt, kann juristisch als Mordversuch eingestuft werden. Und in diesem Fall gibt es die gerichtlich beeidete Aussage des Opfers: „Ich habe keine Luft mehr bekommen“, erklärte die 41-jährige Frau aus Vahrn, die am 4. März vergangenen Jahres Besuch von ihrem Ex-Mann erhalten hatte.

Dieser wurde Nachmittag von Vorverhandlungsrichter Emilio Schönsberg zu vier Jahren Haft verurteilt. Schönsberg stufte die Tat zwar als Mordversuch ein, legte die Strafe aber auf das absolute Minimum fest. Die Staatsanwaltschaft hatte im verkürzten Verfahren (ein Drittel automatischer Strafnachlass) acht Jahre Haft für den 45-jährigen Südtiroler beantragt. Der erstinstanzlich Verurteilte wurde zur Zahlung von 15.000 Euro Schmerzensgeld an seine Ex-Frau, die sich als Nebenklägerin in das Verfahren eingelassen hatte, verurteilt.

Die Haftstrafe wurde gegenüber dem Strafantrag also halbiert, dabei liegt die Ausgangsstrafe für einen Mordversuch bei 21 Jahren. Bei einem Versuch kann die Strafe um bis zu zwei Drittel herabgesetzt werden. Im konkreten Fall wurden die mildernden Umstände als überwiegend gegenüber den erschwerenden (darunter Rückfälligkeit) gewertet. Bei einem Verzicht auf eine Anfechtung des nun ergangenen Urteils hätte der Südtiroler Anspruch auf ein weiteres Sechstel Strafnachlass. Bereits mit vier Jahren Haft kann er deren Ableistung im alternativen Strafvollzug beantragen.

Zu dem gewaltsamen Zwischenfall war es vor der Wohnung in Vahrn gekommen, in dem die Frau mit ihren beiden Söhnen lebte. Nach einer verbalen Auseinandersetzung, in der es um Erziehungsfragen ging, wurde der Ex-Mann und Vater handgreiflich. Ein übler Übergriff, bei dem ein Sohn der Frau Schlimmeres verhinderte. Er kam nach Hause, griff dazwischen und verständigte Carabinieri und Rettung. Sein Vater wurde kurz darauf festgenommen und verbrachte rund einen Monat im Hausarrest. Danach folgte ein Aufenthaltsverbort für Vahrn und Brixen.

In seinem Plädoyer in der Verhandlung vor einer Woche hatte Verteidiger Nicola Nettis die Rückstufung des Tatbestandes von Mordversuch auf Körperverletzung beantragt. Für ihn gibt es keinen Beweis dafür, dass die Frau tatsächlich gewürgt wurde. Ihre Aussage sei mit besonderem Bedacht zu bewerten, da sie als Nebenklägerin ein besonderes Interesse habe.

Sollte in einem etwaigen Berufungsverfahren der Antrag des Verteidigers auf Rückstufung auf Körperverletzung angenommen werden, müsste der Ex-Mann sogar freigesprochen werden. Es fehlt eine Strafanzeige des mutmaßlichen Opfers.

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