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Der Super-Dieter

Dieter Steger (Montage)

Die SVP setzt große Hoffnungen in Dieter Steger: Der designierte Obmann soll den dringend notwendigen Generationenwechsel einleiten – und das Edelweiß für junge und weibliche Gesichter öffnen.

von Matthias Kofler

Arno Kompatscher gibt die Marschrichtung vor: „Wir wollen wieder Sammelpartei werden“, sagt der Landeshauptmann. Seit Philipp Achammer im Februar seinen Rücktritt als Obmann angekündigt habe, sei parteiintern „die Luft draußen“ gewesen. Nun gelte es, mit einem neuen Vorsitzenden die dringend notwendigen Reformen einzuleiten und die Partei im Hinblick auf die Gemeindewahlen 2025 für junge und weibliche Gesichter zu öffnen.

Bereits vor der Sitzung der Bezirksobleute am vorvergangenen Samstag konnte sich der LH in einem Vier-Augen-Gespräch davon überzeugen, dass Dieter Steger der richtige Mann zur richtigen Zeit ist und Einigkeit über die Ziele besteht – wobei Kompatscher nicht müde wird zu betonen, dass vor der Landesversammlung, die laut Beschluss der Parteileitung am 4. Mai in Meran abgehalten wird, weitere Kandidatenvorschläge eingebracht werden können. Er selbst hat hingegen seine Bereitschaft zur Kandidatur zurückgezogen. Dies nicht, weil einige Bezirke wie Wipptal, Unterland und Pustertal eine Personalunion kritisch gesehen hätten, sondern weil der Regierungschef nur dann als Interimslösung (bis Herbst) eingesprungen wäre, wenn es keinen anderen Kandidaten gegeben hätte und die SVP praktisch führungslos in die Europawahlen gegangen wäre, heißt es aus dem Umfeld des LH.

Die SVP setzt große Hoffnungen in Dieter Steger: Er soll den Abwärtstrend, der die Partei seit Jahren plagt, stoppen und das Edelweiß zu neuem Glanz führen. „Wir alle wissen, dass wir keine Zeit zu verlieren haben“, sagt der designierte Obmann. Die Führung der SVP zu übernehmen, sei nicht in seiner Lebensplanung gewesen. In den letzten Wochen hätten sich aber zahlreiche Mitglieder der Basis an ihn gewandt. Er habe einige Zeit gebraucht zu überlegen, weil das „kein Honigschlecken, sondern ein Knochenjob“ sei. „Auf der anderen Seite verdanke ich meine politische Karriere meiner Partei und wenn mich meine Partei braucht, habe ich mir gesagt, dann stehe ich zur Verfügung“, so Steger. Er sei überzeugt vom „Erfolgsrezept Sammelpartei“ und dem „Dreiklang Parei/Landesverwaltung/Gemeinden“: „Gerade in einer Welt, die aus den Fugen zu geraten scheint, wo die Extreme fröhliche Urstände feiern, sind wir der Garant für die Bevölkerung. Wenn es eine Partei gibt, die weit weg von Extremen ist, dann ist es die Sammelpartei.“

Einen ersten wichtigen Etappensieg auf dem Weg zur Obnannschaft konnte der Bozner in der am Montag in der Parteileitung verbuchen, wo er mit deutlicher Mehrheit zum neuen Mitglied der 6er-Kommission auserkoren wurde: 20 Stimmen entfielen auf Steger, sechs auf seinen Gegenkandidaten Manfred Schullian, zwei Stimmzettel blieben weiß. Steger, der als geschickter Netzwerker gilt, kam zugute, dass er im Gegensatz zu Schullian ein Parteimensch ist. Der Obmann der SVP müsse in den wichtigen paritätischen Kommissionen sitzen, wo er bei der Autonomie-Reform direkt mitarbeiten könne, argumentierten SVP-Funktionäre. Der Kalterer Rechtsanwalt Schullian hingegen fehlte gestern wie so oft bei Sitzungen der Partei, weshalb niemand für ihn das Wort ergriff. Die Abstimmung sei – so Steger – „ohne größere Diskussionen“ abgelaufen: „Wenn dir Wahl auf jemanden fällt, der in der Partei eine wesentliche Rolle spielt und somit diesem Amt politisches Gewicht geben kann, dann ist das sicher auch nicht falsch“, meint er. Formal erfolgt die Wahl des Mitglieds der 6er- (und gleichzeitig auch 12er-)Kommission im Regionalrat. Die SVP-Abgeordneten werden aber alles daran setzen, dass der neue Chef einen reibungslosen Start hinlegt, weshalb man auf politische Spielchen und Heckenschützen-Manöver verzichten wird.

Allerdings dürfte es dem Edelweiß nicht leichtfallen, den 59-Jährigen dem Wahlvolk als echte „Erneuerung“ zu verkaufen. Hinter vorgehaltener Hand gilt der Bozner Kammerabgeordnete als klassische „Verlegenheitslösung“. Immerhin ist er seit 20 Jahren in der Landespolitik aktiv. 2004 hatte Steger schon einmal für die Parteispitze kandidiert, war aber an Elmar Pichler Rolle gescheitert. In der Ära Kompatscher war er auch einige Jahre Fraktionschef im Landtag, ohne große Akzente zu setzen, seitdem kennt er aber den LH und den Landesbetrieb gut. Als neuer Obmann hat Steger die ehrenvolle Aufgabe, einen LH-Nachfolger aufzubauen, am besten in enger Zusammenarbeit mit dem aktuellen Amtsinhaber und den Parteigremien. Dass sich die neuen starken Köpfe der SVP – Peter Brunner, Luis Walcher und Rosmarie Pamer – in diesen turbulenten Wochen zurückgehalten haben, liegt daran, dass sie sich nicht verheizen wollen. Schließlich ist Kompatscher noch in Amt und Würden und will dies auch weiter bleiben. Ausstiegsoptionen nach Rom oder Brüssel kommen für den Völser nicht in Frage. „Wir wollen behutsam vorgehen. Es macht keinen Sinn, neue Gesichter gleich schon zu verbrennen“, sagt ein hochrangiger SVP-Funktionär. 2027, wenn die dreijährige Amtszeit des Interimsobmanns zeitgleich mit den Parteifunktionen auf Bezirks- und Ortsebene ausläuft, sind die Landtagswahlen noch ein Jahr entfernt – auf dem Papier genug Zeit, um einen würdigen LH-Nachfolger zu finden.

Es wird interessant sein zu sehen, wie geschickt es ist, einen „Römer“ an die Spitze der Partei zu stellen, wenn der neuralgische Punkt der SVP angesichts der hauchdünnen Regierungsmehrheit eindeutig in der Landespolitik liegt. Die Partei kann unabhängig agieren und umstrittene Entscheidungen von Landesräten, Pannen im Landtag und das Funktionieren der Landesverwaltung kritisch begleiten, was sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil sein kann. Steger will Stadtobmann von Bozen bleiben, um bei den Bürgermeisterwahlen im nächsten Jahr ein gewichtiges Wort mitreden zu können. Sein Amt als Bezirkschef muss er jedoch wegen Unvereinbarkeit aufgeben. Als sein Nachfolger wird Luis Walcher gehandelt.

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