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Keine Verbindung

Der Betrugsprozess gegen den sächsischen Hochstapler Swen Uwe Palisch am Bozner Landesgericht droht zur Farce zu werden.

von Thomas Vikoler

Was während der Pandemie zu einer alltäglichen Gewohnheit vieler Bürger wurde, ist für das Bozner Landesgericht faktisch eine Unmöglichkeit – jedenfalls in diesem Fall: Am Montagnachmittag fand eine Strafverhandlung statt, zu der der Hauptangeklagte, der 53-jährige Deutsche Swen Uwe Palisch, hätte zugeschaltet werden sollen.

Doch das gelang nicht.

Verschiedene Techniker des Gerichts und der Staatsanwaltschaft bemühten sich zwei Stunden lang, eine Teams-Sitzung mit der Justizvollzugsanstalt Köln aufzubauen, wo Palisch eine achtjährige Haftstrafe wegen Betrugs absitzt. Vergeblich. Am Ende hieß es, das Teams-Programm sei in ganz Italien ausgefallen.

Wie auch immer. Der Auftritt des Mannes, der zusammen mit Südtiroler Mitangeklagten, Dutzende Anleger mit vermeintlichen Investments in Rohstoffe um rund sechs Millionen Euro betrogen haben soll, kam nicht zustande, und soll auf der nächsten Verhandlung am 1. Juli nachgeholt werden.

Da will sein Verteidiger, der Klausner Anwalt Christian Untermarzoner, seinen eigentlich für Montag geplanten Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens zum Millionenbetrug einbringen.

Untermarzoner behauptet nämlich, dass die Vorhaltung der Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen Palisch, einen Bundesdeutschen und einen Mann aus Bruneck, nicht ausreichend begründet sei.

Die drei Firmen, über welche der Anlegerbetrug laut Anklage durchgeführt wurde, hätten ihre Betriebssitze in der Schweiz, Spanien bzw. in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Dubai), Palisch sei in Italien nie aufgetreten. Außerdem fehlten im konkreten Fall für die Anklage der Bandenbildung die Voraussetzungen nach Artikel 416 des Strafgesetzbuches.

Bestärkt fühlt sich der Verteidiger durch die Zeugenaussagen von zwei Polizisten aus Köln, die in Deutschland zu dem Fall ermittelt eigens zur Verhandlung am Montag am Bozner Landesgericht angereist waren. Sie erklärten –  anderslautende Informationen zum deutschen Betrugsverfahren dementierend –, dass dort nie zum Strafbestand der Bandenbildung ermittelt worden sei.

Fällt im Bozner Prozess der Tatbestand der Bandenbildung, würde er endgültig zur Farce.

Der Richtersenat unter Vorsitz von Giulia Rossi müsste es für alle Angeklagten wegen Verjährung einstellen. Ohne kriminelle Vereinigung wären die vermeintlichen Betrugsfälle (der letzte gegen eine Anleger-Genossenschaft aus Levico Terme im Trentino geht auf das Jahr 2014 zurück) sämtlich verjährt.

Der Hauptangeklagte Sven-Uwe Palisch, ein gebürtiger Sachse, der sich zeitweilig als Prediger und Professor ausgab (die TAGESZEITUNG berichtete vergangene Woche darüber), würde wie alle anderen Angeklagten straffrei aus dem Prozess aussteigen.

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