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Können und Demut

Enzo Poggio vor seiner Nachschöpfung von Esteban Murillos „Die Pastetenesser“: Den Meistern kann man sich nur mit großer Demut nähern, am Ende aber steht die Befriedigung, es versucht zu haben.

Der Bozner Maler Enzo Poggio zeigt im Restaurant Walthers am Bozner Waltherplatz eine Serie meisterlicher Nachschöpfungen Alter Meister.

 

(sh) Jan Vermeers ÖlgemäldeDienstmagd mit Milchkrug, zwischen 1658 und 1660 geschaffen, ist eine Ikone der Malkunst. Die subtilen Lichteffekte, das Spiel zwischen Hell und Dunkel, die Farbharmonie und vor allem die Detailversessenheit des Meisters aus Delft, stellen einen einsamen Höhepunkt der niederländischen Genre-Malerei dar. Jede Falte des Gewandes des Milchmädchens ist akribisch ausgearbeitet, man kann fast greifen, dass ihr gelbes Mieder aus einem gröberen Stoff gefertigt ist als der rote Rock und die blaue Schürze. Das Tageslicht, das durch das Fenster fällt, bringt das Blau der Schürze zum Leuchten, auf der Wand erkennt man winzige Details: Nägel, kleine Risse und Löcher.

Wer sich als Maler an dieses Gemälde heranwagt, um es zu kopieren, besser gesagt, nachzuschöpfen (der Begriff Reproduktion ist irreführend, weil er vor allem bei der Druckgrafik verwendet wird), braucht vor allem zwei Eigenschaften: Malerisches Können und Demut.

„Porträt eines Mannes“ des flämischen Malers Robert Campin

Der Maler Enzo Poggio, spezialisiert auf Porträts, Landschaften und Reproduktionen alter Gemälde (für das Batzenhäusl hat er etwa sechzig Reproduktionen in Öl, Bleistift, Aquarell, Kohle und Tinte angefertigt), verfügt über beide. Den Meistern, so sagt er, könne man sich nur mit großer Demut nähern, am Ende aber stehe die Befriedigung, es versucht zu haben.

Es bedarf jahrelanger Übung und Schulung, um die Malweise eines Meisters zu verstehen – die Malerei eines Rembrandt ist völlig anders als die geschichtete Lasurmalerei eines Vermeer. Über Nacht geht da gar nichts. Wenn er ein Bild beginnt, arbeitet er zeitgleich an einem zweiten, um sich nicht immer auf dasselbe zu konzentrieren. Die Suche nach Details und Perfektion ende nie, sagt er.

Zum ersten Mal in Kontakt mit der Malerei kam Poggio in den Jahren 1958 – 63 bei den Malern des Quartier Latin am Montmartre in Paris. Später hat er Weiterbildungskurse in alten Mal- und Farbtechniken in Florenz besucht.

Einen Blick auf Poggios malerisches Können kann man derzeit im Restaurant Walthers am Bozner Waltherplatz werfen. Von Raffaels „Madonna della Seggiola aus dem Palazzo Pitti in Florenz, über eine Muttergottes mit Kind von Albrecht Dürer, Peter Paul Rubens „Alte Frau und Junge mit Kerze“, Esteban Murillos „Die Pastetenesser“ aus der Alten Pinakothek München, Rogier van der Weydens Porträt einer Dame bis hin zum „Porträt eines Mannes“ des flämischen Malers Robert Campin reicht die Gemäldegalerie. Ein Besuch lohnt sich.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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