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Der Freispruch

Piero Dorazio

Freispruch am Landesgericht für den 59-jährigen Unterlandler, der 2017 vier Bilder des Künstlers Piero Dorazio über ein deutsches Auktionshaus verkaufte. Ob sie echt waren, bleibt weiterhin offen.

Von Thomas Vikoler

Zwei Experten des Münchner Auktionshauses Hampel Fine Arts hatten die vier Bilder als echt eingestuft. Als Originalwerke des 2005 verstorbenen italienischen Avantgardisten Piero Dorazio. Auch dessen letzte Partnerin, die sie ihm verkauft hatte, bürgte dafür.

Dennoch landete ein 59-jähriger Mann aus dem Unterland wegen des Kunstdeals vor Gericht und musste sich in einem Zivilverfahren in Brescia verteidigen. Die Staatsanwaltschaft Bozen erhob gegen den Verkäufer von vier mutmaßlichen Dorazio-Werken Anklage wegen Betrugs und wegen Handels mit gefälschter Kunst.

Beide Vorhaltungen sind nun vom Tisch, denn der Einzelrichter David Cognolato hat das Verfahren zum ersten Anklagepunkt (Betrug) eingestellt, zum zweiten gab es einen Freispruch.

Die vier Bilder waren 2017 über das Auktionshaus Hampel an italienische Käufer versteigert worden. Verkaufswert: 34.760 Euro.

Zwei der Käufer wandten sich an die Dorazio-Stiftung, um die erworbenen Werke archivieren zu lassen. Die Stiftung verweigerte dies, die Käufer strengten daraufhin ein Zivilverfahren gegen das Münchner Auktionshaus und den Verkäufer aus dem Unterland an.

Ergebnis: Hampel wurde in erster Instanz zur Zahlung von 12.000 Euro plus Spesen an die Kläger verdonnert. Der ursprüngliche Eigentümer, der Mann aus dem Unterland, der kein professioneller Kunsthändler ist, kam zivilrechtlich ungeschoren davon. Sein Verteidiger Fabrizio Francia hatte im Verfahren auf eine Ungereimtheit hingewiesen: Die Ausmaße der über das Auktionshaus verkauften Bilder waren andere als im Übergabe-Protokoll angegeben.

Waren die Bilder also doch gefälscht oder gab es lediglich einen Transkriptionsfehler zur Größe der Bilder?

Diese Frage wurde im Strafverfahren nicht geklärt, denn Richter Cognolato erkannte im Verkaufsverhalten des Unterlandlers keinen Vorsatz, dem Auktionshaus vier nicht authentische Bilder unterzujubeln. Schließlich habe sich um keinen klandestinen Verkauf gehandelt, sondern einen über eines der renommiertesten Auktionshäuser Europas. Also ein Freispruch.

Das Verfahren zum Vorwurf des Betrugs wurde hingegen aus formalen Gründen eingestellt. Das Auktionshaus Hampel hatte die entsprechende Anzeige in Deutschland gestellt, sie wurde später zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Bozen weitergeleitet, ist aber nach dem Cartabia-Gesetz für das Strafverfahren nicht gültig.

Hampel müsste, wennschon, in Bozen eine neue Strafanzeige einbringen, wäre aber wegen der nahenden Verjährung aussichtslos.

Die Urteilsbegründung von Richter Cognolato zu diesem kuriosen Kunst-Fall soll in 90 Tagen vorliegen.

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