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„Griff in die Tasche“

Dieter Steger

Der SVP-Finanzpolitiker Dieter Steger ist strikt gegen eine Vermögenssteuer: Der Südtiroler Mittelstand und die vielen Besitzer von Eigentumswohnungen wären die Leidtragenden.

Tageszeitung: Herr Steger, die ehemalige Sozialministerin Elsa Fornero hat die Einführung einer Vermögenssteuer vorgeschlagen, um die Vermögen in Italien besser zu verteilen und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Teilen Sie diese Ansicht?

Dieter Steger: Fornero hat Recht, wenn sie sagt, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht. Vor allem die großen Vermögen werden immer größer, während die Mittelschicht immer mehr zu kämpfen hat. Unsere Hauptaufgabe muss es sein, Lösungen zu finden, um diese Schere wieder zu schließen. Diese sehe ich aber nicht in einer Vermögenssteuer.

Sondern?

Erstens brauchen wir endlich eine Harmonisierung der Steuersysteme auf europäischer Ebene, um sicherzustellen, dass auch große Unternehmen den gesetzlichen Steuersatz zahlen. Derzeit zahlen multinationale Unternehmen keine Steuern dort, wo sie ihre Dienstleistungen erbringen, sondern wandern in Länder mit niedrigeren Steuersätzen ab, wie die Niederlande, Irland oder die Kaimaninseln. Wir sprechen hier von großen Vermögen. Mit der von Fornero vorgeschlagenen Vermögenssteuer besteht hingegen die Gefahr, dass die bereits stark besteuerte Mittelschicht noch stärker belastet wird. Zur Mittelschicht gehören Menschen mit einem Jahreseinkommen von 40.000, 50.000 oder 60.000 Euro. Eine Vermögenssteuer würde dazu führen, dass diese Menschen bald nicht mehr zahlungsfähig wären.

Einer der Hauptpunkte des Fornero-Vorschlags ist die stärkere Besteuerung von Eigentum, also von Finanzvermögen und Immobilien. Ist das der richtige Ansatz?

Nein, wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht selbst schaden. Die Mittelschicht in Italien besitzt einen erheblichen Anteil an Immobilien. Drei Viertel der Bevölkerung besitzen eine Eigentumswohnung. Zum Vergleich: In Deutschland ist es nur ein Drittel. Ich sehe es sehr kritisch, diese Immobilien, die einen Wert von, sagen wir, 300.000 Euro haben, mit einem festen Satz von 2 % zu besteuern. Es wäre falsch, Menschen, die ein eigenes Haus oder einen Erst- oder Zweitwohnsitz haben, als reich zu bezeichnen. Das ist kein Luxus. Diese Menschen sind oft auf Sozialleistungen angewiesen, um über die Runden zu kommen. Wir befinden uns in schwierigen geopolitischen Zeiten. Eine Erhöhung der Steuern für diese Immobilienbesitzer würde das Wirtschaftswachstum weiter bremsen.

Wo würden Sie ansetzen?

Ich bin für eine Spending Review. Es ist dringend notwendig, ineffiziente öffentliche Ausgaben zu reduzieren. Italien kann sich Maßnahmen wie den Superbonus nicht leisten, der den Staat 130 Milliarden Euro kostet. Was Fornero nicht bedenkt, ist, dass dieser „assistenzialismo“ zu einem großen Problem geworden ist. In diesem Haushalt hatten wir nur 24 Milliarden Euro zur Verfügung, weil der Rest für nutzlose Maßnahmen verwendet wurde. Neben der Überprüfung der Ausgaben sollte sich Italien mehr auf die Digitalisierung konzentrieren: Der Staat verliert viele wichtige Finanzmittel, die er dringend benötigt, um die Steuern auf Arbeit zu senken, weil das Schwarzgeld den Steuerbehörden entgeht.

Was kann Südtirol hier tun?

Südtirol kann nichts tun. Das ist hart verdientes Geld. Wir leben in schwierigen Zeiten, Deutschland ist in der Rezession und wir sind ein exportorientiertes Land. Es wäre jedenfalls völlig falsch, unseren Bürgern weiter in die Tasche zu greifen.

Interview: Matthias Kofler

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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