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Neues Verhör?

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Muss das mutmaßliche Opfer der Gruppenvergewaltigung in Gröden erneut vor Gericht aussagen? Die Verteidiger beantragten zum Prozessauftakt die Nichtigkeit der Aussagen der 23-jährigen Finnin.

von Thomas Vikoler

Sie sagte im Mai vergangenen Jahres hinter einem schwarzen Vorhang in einem Beweissicherungsverfahren am Landesgericht einen ganzen Tag lang aus, widersprach sich teilweise, erhob aber auch schwere Vorwürfe gegen die drei Tatverdächtigen.

Die Rede ist von der 23-jährigen Touristin aus Finnland, die erklärte, im Jänner 2023 von drei Hotelangestellten aus dem Kosovo im Grödental mehrfach vergewaltigt worden zu sein.

Gestern startete das Hauptverfahren und gleich fuhren die Verteidiger der drei Männer im Alter zwischen 22 und 27 Jahren schwere Geschütze auf. Sie beantragten die Nichtigkeit der vor Gericht getätigten Aussagen der Frau, die in Stockholm lebt und (wie die Angeklagten) nicht zur Verhandlung erschienen ist.

Federico Fava, Marco Ferretti und Enrico Lofoco, die drei Verteidiger haben zum Prozessauftakt drei formale Einwände vorgebracht: Einmal beanstanden sie, dass bestimmte technische Gutachten wie die Auswertung von digitalen Datenträgern ohne die Anwesenheit von Sachverständigen der Verteidigung durchgeführt wurde, und deshalb wiederholt werden müssten.

Zweitens sehen sie eine Gesetzesverletzung bei der Übersetzung der Opfer-Aussagen im Beweissicherungsverfahren: Tatsächlich wurden die Antworten der Frau aus Finnland von einer gerichtlich beeideten Übersetzerin vom Finnischen in das Englische übersetzt. Eine nicht vereidigte Übersetzerin des Landesgerichts übertrug die Aussage in der Verhandlung vom Englischen ins Italienische. Für die Verteidigung entspricht dies nicht den Vorgaben der Strafprozessordnung.

Gewichtiger ist der dritte Einwand: Er betrifft die Ernennung von Vittorio Papa als Rechtsbeistand des mutmaßlichen Opfers. Papa war am 19. Jänner 2023, zwei Tage nach der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Etappen, von den Carabinieri St. Ulrich als Pflichtverteidiger der 23-jährigen Finnin benannt worden. Obwohl Papa beim Beweissicherungsverfahren anwesend war, langte seine formale Ernennung durch die Frau erst am 11. Oktober beim Landesgericht ein. Das Beweissicherungsverfahren fand aber, wie erwähnt, im Mai statt, folglich war ersteres formaljuridisch nichtig, also zu annullieren.

Anwalt Papa weist das Gericht allerdings darauf hin, dass die Frau ihn am 19. Mai als Vertrauensanwalt benannt habe, also kurz vor ihrer Aussage im Beweissicherungsverfahren.

Teilt das Gericht unter Vorsitz von Stefan Tappeiner (Beisitzer: Walter Pelino und Federico Secchi) Einwand Nr. 2 oder 3, hätte das zur Folge, dass die Einvernahme des Opfers vor Gericht wiederholt werden müsste, um für das Hauptverfahren Gültigkeit zu haben.

Das wäre dann die bereits dritte Aussage.

Die Verteidiger beanstanden insbesondere die behauptete Vergewaltigung durch zwei der Angeklagten in einem Hotel in der Nähe des Panidersattels und verweisen auf die Aufnahmen der Überwachungskamera: Beim Hineingehen in das Hotel habe die Frau ihr Handy gehalten, beim Herausgehen die Hand eines der Männer.

Das Gericht wird seine Entscheidung zu den drei Einwänden der Verteidigung auf der nächsten Verhandlung am 26. Februar bekanntgeben.

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