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Verdrehte Wahrheit

Philipp Achammer im Gespräch mit Arno Kompatscher

LH Arno Kompatscher rechtfertigt „seine“ elfköpfige Riesen-Regierung mit dem ausdrücklichen Wunsch des Landtags, dass die Landesräte mehr Zeit für ihre Ressorts bekommen. Der Fakten-Check.

von Matthias Kofler

In der Politik ist es üblich, persönliche Niederlagen nicht kenntlich zu machen, um in den Augen der Wähler nicht als Verlierer dazustehen. Deshalb betont Landeshauptmann Arno Kompatscher seit Tagen, dass die angestrebte Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder von derzeit acht auf elf ein ausdrücklicher Vorschlag von ihm ist. Nichts soll in der Öffentlichkeit darauf hindeuten, dass Kompatscher sein Team nur deshalb vergrößern muss, weil die italienischen Abgeordneten diese Grundbedingung für den Beitritt zur Koalition gestellt haben und Kompatscher sonst ohne Mehrheit im Landtag dastehen würde. Das Problem ist, dass der Versuch des SVP-Politikers, der Öffentlichkeit ein X für ein U vorzugaukeln, nur allzu durchsichtig ist. Gegenüber RAI Südtirol erklärte Kompatscher im Anschluss an die Ortsobleute- und Bürgermeisterkonferenz in Nals, dass er „mehrere Varianten im Kopf“ habe. „Der Gesetzgeber sagt: Acht, neun, zehn, elf (Landesräte) — alles ist möglich. Das wird vom Gesetzgeber ausdrücklich für vernünftig gehalten. Das Gesetz ist damals übrigens mit breiter Mehrheit genehmigt worden, und deshalb sind das die Möglichkeiten, die gegeben sind“, so Kompatscher. Bei anderer Gelegenheit erklärte der SVP-Spitzenkandidat, in einer breiteren Exekutive könnten die Aufgaben auf mehr Schultern verteilt werden. Die Landesräte hätten dann mehr Zeit, sich auf ihre Zuständigkeiten zu konzentrieren, was sie bisher offensichtlich nicht getan haben.

Doch hält dieses Narrativ einem Fakten-Check stand? Tatsache ist, dass das Landesparlament 2013 beschlossen hat, die Landesregierung auf maximal neun Mitglieder inklusive Landeshauptmann zu beschränken. Initiator der Reform, die auch eine Mandatsbeschränkung von 15 Jahren vorsah, war Arno Kompatscher, damals noch Gemeindenverbandspräsident und erstmals Spitzenkandidat der SVP. Sein Ziel war es, einen klaren Bruch mit der Ära Durnwalder zu vollziehen. Noch heute verkündet Kompatscher auf der Website der Landesregierung stolz, wie unter seiner Ägide gespart wurde: Dank drastischer Kürzungen bei den Entschädigungen und Repräsentationskosten seien die Kosten der Politik seit seinem Amtsantritt um 26 Prozent gesunken.

Am Ende seiner ersten Legislaturperiode wollte Kompatscher von einer per Gesetz verordneten Mini-Regierung nichts mehr wissen. Im Jahr 2017 verabschiedete der Landtag ein organisches Wahlgesetz, das die Möglichkeit vorsah, die Exekutive auf bis zu elf Mitglieder zu erweitern. Die Geschäftsordnung des Landtags sieht weiterhin vor, dass die Regierung nicht mehr als neun Mitglieder haben darf. Da diese aber dem Wahlgesetz hierarchisch untergeordnet ist, kann Kompatscher nun theoretisch auch die Zahl der Mitglieder erhöhen, um einerseits die Italiener (Angelo Gennaccaro oder Christian Bianchi) und andererseits die Bauern (Luis Walcher) und die Pusterer (Waltraud Deeg) in seiner Partei zu besänftigen. Entgegen seinen öffentlichen Äußerungen war dies jedoch nicht der Wunsch einer großen Mehrheit im Hohen Haus. Die entsprechende Gesetzesänderung wurde nur von den beiden damaligen Regierungsfraktionen SVP und PD gutgeheißen. Die Opposition stimmte einstimmig gegen die Erhöhung.

Ulli Mair, die in Bälde zur Landesrätin in der Riesen-Regierung ernannt werden soll, ging damals sogar so weit, eine Reduzierung der Exekutive auf sieben Mitglieder zu fordern. Die Freiheitlichen-Frontfrau nahm sich die Schweiz zum Vorbild, die ebenfalls mit sieben Ministern auskomme. Wie sich die Zeiten doch geändert haben! Brigitte Foppa von den Grünen sprach sich für eine potentielle Vergrößerung der Landesregierung aus, allerdings sollte die Gesamtsumme der monatlichen Entschädigungen nicht erhöht, sondern auf die verbleibenden Mitglieder aufgeteilt werden. Paul Köllensperger forderte einen verpflichtenden Platz für den Ladiner in der Landesregierung. Außerdem sollte die italienische Sprachgruppe selbst entscheiden, welche ihrer Vertreter Regierungsverantwortung übernehmen sollten. Beide Anträge des damaligen 5-Sterne-Abgeordneten hätten im Nachhinein geholfen, die heutigen Auslegungsschwierigkeiten bei der Regierungsbildung, etwa hinsichtlich der Anzahl der italienischen Assessoren, zu vermeiden. Alle Oppositionsanträge wurden damals jedoch von SVP und PD niedergerungen. Begründet wurde die rigorose Vorgehensweise nicht, sämtliche Mehrheitsvertreter hüllten sich in Schweigen. Ulli Mair brachte ihren Unmut zum Ausdruck: „Von den Erneuerern ist man in das alte System zurückgefallen.“

Im Laufe dieser Woche will Arno Kompatscher das Geheimnis lüften und den vier Koalitionspartnern seinen Plan für die neue Landesregierung mitteilen. Niemand glaubt mehr, dass es weniger als elf Landesräte geben wird, darunter zwei Italiener. Bezieht man die Mitglieder des Präsidiums mit ein, wird die Hälfte der Volksvertreter künftig auf der (von der Zuschauertribüne aus betrachtet) rechten Seite des Plenarsaals sitzen. Die Gesetzgebungskommissionen müssen notgedrungen von acht auf sechs Mitglieder oder von vier auf zwei Kommissionen reduziert werden, da die Landesräte nicht gleichzeitig einer Kommission angehören können. Die wenigen verbliebenen „Hinterbänkler“ der Mehrheitsfraktionen werden die gesamte Arbeit in den verschiedenen Ausschüssen, einschließlich der zahlreichen Sonderausschüsse, übernehmen müssen, während einige Vertreter der Opposition in keinem einzigen Ausschuss mitarbeiten können. Damit wird die legislative Funktion des Landtags weiter geschwächt, laut Brigitte Foppa eigentlich die „Königsdisziplin“. Der LH nimmt diesen Preis in Kauf, um sich seine dritte und letzte Amtszeit zu sichern.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (42)

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  • opa1950

    Lächerlicher Verein.

  • nobodyistperfect

    Leider ist er nur ein Getriebener und kein Antreiber

  • unglaublich

    Schon interessant die Erklärung „dann haben die Landesräte mehr Zeit… 🙂 „.
    Aber ja, das Stimmvieh wählt eben niemanden, der Fehler oder schmerzliche Hintergründe zugibt. Man könnte sagen, die Bevölkerung akzeptiert lieber angenehme Lügen als unangenehme Hintergründe.

  • andreas

    Verstanden habe ich zwar so gut wie gar nichts von dem was da steht, schlußendlich ist es mir aber auch egal, ob wir 8 oder 11 Landesräte durchfüttern müßen.

    Nebenbei passen da 2 Sätze, welche anscheinend Adenauer gesagt hat, recht gut.
    „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? “
    „Aber meine Herren, es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden.“

    Wobei ich jetzt nicht den Ex 5 Stelle Typ Köllensperger meine, welcher bei seiner Meinung z.B. zum Gehalt der Abgeordneten, recht fleixbel ist, sondern den LH, welcher wenn etwas nicht passt, es halt passend macht.
    So ist halt Politik, wenn es der Sache dient, schwenkt man halt bei solchen Banalitäten um, was solls.

  • pingoballino1955

    Andreas,spare dir die immer wieder billigen Seitenhiebe auf Källensperger,peinlich! So so,dann ist eine neue Landesregierung eine Banalität? Was sollst? Bist du dir bewusst was,das für eine“ ULTRARECHTE BANANENREGIERUNG“ wird ? ????

  • brutus

    …hoffentlich verdienen die „Elf“ gesamt nur wie die „Neun“!
    …“besser“ sind sie bestimmt nicht!

    • gulli

      Die Kosten für die 3 zusätzlichen LR wären noch überschaubar, aber es kommt ja noch das Gefolge (persönliche Referent/in, Sekretär/innen, Fahrer usw.) hinzu, außerdem braucht es auch Büros samt Ausstattung, Fahrzeug usw.
      Rechnet man diese Kosten auf eine gesamte Legislatur hoch ergibt es ein paar Milliönchen…

  • ummagumma

    Einem LH der sich vom Weinbergweg kaufen lässt und seine Wähler blendet, dem ist NICHT zu glauben.

  • franz19

    Herr Kompatscher geht dieser Theater mit der Postenschacherei weiter…,ich frag mich nur ,Sie belügen sich selber und das ganze Volk..Sie müssen nur ein paar machtgeile Menschen noch unterbringen,nichts anderes…und natürlich gibt es für diese ein paar Zuckerlen beim Gehalt in Höhe von zehntausende von Euro…Sie sind einfach nicht mehr ein glaubhafter Politiker Herr Kompatscher, Sie ändern Meinung wie der Wind ..Verprechungen haben Sie gebrochen und ein arroganter Mensch geworden.,.

  • enfo

    Nun ja, ich kann den LH schon verstehen. Letztes jahr hatte Achammer 2 Ressorts über, von denen er keine Ahnung hatte, jetzt halt nur mehr eines. Wo ist das Problem?

    • pingoballino1955

      Kompatscher hatte nach dem Rauswurf von Widmann von der Sanität auch keine Ahnung,hat Zerzer noch gelobt und jetzt??? Also solche Leute sind Landrshäuptlinge mit ULTRATECHTSPARTEIEN SVP und Co. ????

  • hoi_du

    „Bei anderer Gelegenheit erklärte der SVP-Spitzenkandidat, in einer breiteren Exekutive könnten die Aufgaben auf mehr Schultern verteilt werden. Die Landesräte hätten dann mehr Zeit, sich auf ihre Zuständigkeiten zu konzentrieren, was sie bisher offensichtlich nicht getan haben.“
    … das spricht Bände … sagt der LH hier aus, dass ihm bekannt war, dass die Verwaltung nicht funktioniert (Landesräte sind meines Wissens nicht nur Politiker sondern auch die obersten Verwalter des Landes) … warum hat er dann nicht schon, davor für eine funktionierende Verwaltug gesorgt, sprich die Anzahl der Landesregierung vergrössert ? … ist das Amtsunterlassung ?

  • robby

    Er ist und bleibt ein Lügenbeutel.

  • kritischerbeobachter

    Die SüdtirolerVerliererPartei braucht wahrscheinlich 11 Landesräte, damit eventuell Herr Schuler ein alleiniges Mandat für die Hundescheisse DNA bekommt. Was aber auch sehr Gut zum Parteiobmann passen würde, oder der Landeshauptmann übernimmt wieder selbst die großen Broken.

  • sepp

    Der isch lei mehr lächerlich und so oaner wird LH armes südtirol sbeschte sein neu wahlen und dann ab damit

  • artimar

    Mal schauen, ob die Landesregierung mit zwei it. Landesräten trotz des negativen Gutachtens des Rechtsamts des Landtags und der Experten für Verfassungsrechts einer gerichtlichen Überprüfung standhält.

  • sigmundkripp

    Man sollte die Kosten, die eine 7-köpfige Landesregierung nach heutigen Regeln verursacht, auf die 11 Mitglieder, oder wie viele es auch immer sein werden, aufteilen. Diesen Vorschlag der Grünen finde ich in Ordnung.
    Theoretisch könnten auch alle 35 Landtagsabgeordneten ein Regierungsamt bekommen, dann wäre Frieden. Alles ganz kleine Ressorts, wo die jeweilige Landesrätin nur ganz wenig zu tun hätte, dafür aber mit einer unglaublichen Effizienz glänzen könnte!
    Aber nur zur Gesamtsumme wie oben vorgeschlagen: also Landesratdiät x 7 : 35 🙂

  • hallihallo

    der lh und die regierung sollen endlich anfangen , zu arbeiten und entscheidungen für das land und für die vervölkerung zu treffen. hätte der lh in den letzten zehn jahren gute arbeit für die südtiroler bevölkerung geleistet, dann müßte er jetzt nicht alle 24 stungen den journalisten oder irgendeinem neu gegründeten verein erklärungen abgeben, wieso dies und wieso das.
    wenn das land gut funktionieren würde, wäre es der bevölkerung egal, wieviele landesräte wir haben.

  • zeit

    für die hundescheisse würde ich zwei veauftragen.LACHHAMMER UND DERH denn Schuler ist auch dort zu schwach

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    ein Fünfparteienbündnis halte ich für extrem gewagt, die vier Zwerge wollen sicher allesamt den Scheinriesen geben wollen, ihre langen Schatten werfen.
    Und dazu wohl die bissigste und vielfältigste Opposition welche sich eine Regierung nichtwünschen kann.

    Mit einem lieben Grinsen kehre ich demnächst nach Südtirol zurück, eine unregierbarer Haufen von Querköpfen, Selbstbestimmern und Leuten welche sich von Spinnern und Siebengescheiten nicht in den Sack greifen lassen.

    Das hochgebirgliche Südtirol ist deswegen genau Meins. Bozen ist weit und Rom interessiert gleich dreimal nicht. Ausser es gibt eine Subvention..

    Lachende Vorfreude auf ein Wiedersehen in Südtirol

  • zeit

    ein sprichwort sagt“wer einmal lügt den glaubt man nicht auch wenn er dann die wahrheit spricht.
    wenn das zutrifft zeigt das obrige bild zwei von ihnen

  • zeit

    welche arroganz müssen solche leute haben um mit verdrehter wahrheit über die köpfe und das land südtirol drüber zu fahren

  • opa1950

    Bitte nie mehr wieder Kompatscher und Achhammer.Wir haben genug von diesen beiden Versager.

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