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Gewinner & Verlierer

Nach der Pflicht mit dem Koalitionsvertrag kommt die personelle Kür: Welche vier offenen Personalfragen die neue Regierungsmehrheit in Schach halten werden.

Von Matthias Kofler

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SVP, Freiheitlichen, Fratelli d’Italia, Lega und La Civica sind auf der Zielgeraden. Am morgigen Donnerstag wird die SVP-Spitze ihren Ortsgruppen und Bürgermeistern an einer Konferenz in Nals die Inhalte der Koalitionsvereinbarung vorstellen. Die anhaltenden Proteste würden die Verhandlungen „sicher nicht“ beeinflussen, verlautet aus der Brennerstraße. Provokante Aktionen der Demonstranten wie der Sarg, mit dem die SVP symbolisch zu Grabe getragen wurde, werden als „geschmacklos“ abgetan. In der Woche nach dem 15. Januar soll der Landtag laut Auskunft von SVP-Fraktionschefin Magdalena Amhof den neuen (und voraussichtlich alten) Landeshauptmann wählen. Da sich die Verhandlungsführer der fünf Mehrheitsparteien strikt an das Schweigegelübde gehalten haben, sind bisher nur wenige Details an die Öffentlichkeit gelangt. Die Parteien berichten übereinstimmend, dass es bei den Verhandlungen zwar keine unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten gab, dass es aber für die SVP schwieriger war, eigene Akzente zu setzen, als ursprünglich angenommen, und dass es den Juniorpartnern gelang, ihr einige schmerzhafte Zugeständnisse abzuringen. Papier ist ohnehin geduldig. Koalitionsvereinbarungen werden in der Regel so formuliert, dass sie möglichst unverbindlich sind und für alle akzeptable Kompromisse enthalten. Die größte Herausforderung für die Koalitionspartner in spe kommt aber erst noch: In der nächsten Woche wird entschieden, wie groß die neue Landesregierung sein wird, welche Partei welche Kompetenzen erhält und welche Abgeordneten Landesräte werden. Eines ist klar: Es wird auf jeden Fall Gewinner und Verlierer geben.

Die sich abzeichnende elfköpfige Exekutive bedeutet für Landeshauptmann Arno Kompatscher einen Gesichtsverlust: Schließlich war er es, der vor zehn Jahren eine Gesetzesänderung initiierte, wonach die Landesregierung aus nicht mehr als acht Landesräten bestehen darf. Auf Kompatschers Betreiben hin hat die SVP auch einstimmig beschlossen, dass es nur einen italienischen Landesrat geben darf. Dieser Beschluss ist immer noch in Kraft und wurde auch vom Gutachten der Staatsadvokatur nicht aufgehoben.

Die SVP muss also der Bevölkerung eine gute Begründung für das Einlenken gegenüber den italienischen Rechtspolitikern und den damit verbundenen Kurswechsel liefern, der enorme Mehrkosten nach sich ziehen und die Legislative weiter schwächen wird. Das Argument von Kompatscher, dass die Landesräte in der Vergangenheit schwer zu erreichen waren, weil sie zu viele Kompetenzen zu bewältigen hatten, ist schwach, da sich der Vorwurf vor allem gegen ihn und SVP-Obmann Achammer richtete. Andere Landesräte wie Massimo Bessone hätten gerne mehr Verantwortung übernommen, wenn man sie nur gelassen hätte. Auch die Tatsache, dass das Trentino damit liebäugelt, die achtköpfige Exekutive in Zukunft um einen „assessore“ zu erweitern, ist als Argument alles andere als sattelfest, denn zwischen acht und elf Landesräten liegt eine große Spanne.

Koalitionsverhandlungen im Landtag

Neben der Größe der Landesregierung könnten auch die noch ungelösten Personalfragen zu Spannungen innerhalb der Mehrheit führen. Denn welcher Italiener wird neben FdI-Mann Marco Galateo in der Regierung sitzen? Das Kräfteverhältnis innerhalb einer 11-köpfigen Regierung wäre nur dann ausgewogen, wenn der Vertreter der italienischen Rechts-Regierung von einem Vertreter des italienischen Zentrums – also von Angelo Gennaccaro – flankiert wird. Warum sollte die Civica eine rechte Regierung von außen unterstützen, wenn sie auf diese keinen Einfluss nehmen kann? Ein weiteres Argument für Gennaccaro ist, dass das Experiment mit der Lega faktisch gescheitert ist, da die vorherige Regierung massiv an Stimmen verloren hat. Gleichzeitig macht Lega-Mann Roberto Calderoli aber Druck, damit Christian Bianchi, einen der „Seinen“, Verantwortung übernehmen kann. Bianchis über die Feiertage verbreitete Pressemitteilung, in der er die Bürger auffordert, keine Vorurteile gegenüber der Rechten zu haben und die Regierung nach ihren Taten zu beurteilen, und an den Präzedenzfall Leifers erinnert, kann als ein weiteres Bewerbungsschreiben gelesen werden.

In der SVP sind noch zwei Personalfragen offen: Zum einen geht es um die Besetzung des Landwirtschafts-Assessorats, wo Luis Walcher im Duell mit Amtsinhaber Arnold Schuler die Nase vorn hat. Der LH wurde letzthin nicht müde zu betonen, dass er mit dem derzeitigen Vizebürgermeister von Bozen gut könne. Am spannendsten wird das „Frauen-Duell“ zwischen den Arbeitnehmerinnen Magdalena Amhof und Waltraud Deeg. Deeg sei ein Problem für Kompatscher, weshalb er Amhof für die Hauptverhandlungs-Gruppe berufen habe, verlautet aus SVP-Kreisen. Deeg außen vor zu lassen, wäre allerdings eine parteipolitische Herkulesaufgabe: Die Soziallandesrätin ist stellvertretende Vorsitzende ihrer Partei und genießt die volle Unterstützung ihres mächtigen Bezirks Pustertal.

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