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„Werde mich nicht einmischen“

Herbert Dorfmann

Die Frage nach der Koalition könnte auch Auswirkungen auf die Europawahlen im nächsten Jahr haben. Herbert Dorfmann möchte sich aber raushalten. Warum für ihn sowohl eine Mitte-Rechts- als auch eine Mitte-Links-Regierung akzeptabel ist.

Tageszeitung: Herr Dorfmann, wie blicken Sie auf das Ergebnis der Landtagswahlen?

Herbert Dorfmann: Für uns als Partei insgesamt ist es natürlich enttäuschend, auch wenn wir aus Eisacktaler Sicht einige Lichtblicke wie den Raum um Brixen haben. Was mir Sorge bereitet ist, dass wir geglaubt haben, dass die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und italienischen Sprachgruppe gelöst ist und dass wir ein Beispiel in Europa für diese Zusammenarbeit sind. Doch vor allem in ländlichen Gebieten hat es sich in die entgegengesetzte Richtung entwickelt. Es ist eine Aufspaltung der Gesellschaft, die der Entwicklung des Landes nicht guttut. Wenn wir als SVP einen großen Erfolg hatten, dann ist das die weitestgehende Lösung der Konfliktsituation in unserem Land.

Da im nächsten Jahr EU-Wahlen anstehen, ist die Frage nach der Koalition auch für Sie von Relevanz. Was erwarten beziehungsweise erhoffen Sie sich?

Ich erwarte mir, dass der designierte Landeshauptmann einen Vorschlag unterbreitet. Ich habe vor einigen Monaten zugestimmt, dass Arno Kompatscher unser Spitzenkandidat ist, das heißt auch, dass ich Vertrauen in ihm habe, wenn es um die Regierungsbildung geht. Ich denke, dass das Wahlergebnis auch klar zeigt, dass wir lernen müssen, dass es bestimmte Spielregeln in der Politik gibt und dazu gehört auch Teamfähigkeit.

Das heißt, Sie überlassen dem Landeshauptmann freie Hand?

Ich werde sicher nicht zu jedem Vorschlag ja und Amen sagen, aber es ist die Aufgabe des Landeshauptmannes. Er muss einen Vorschlag bringen und eine Mehrheit erreichen. Natürlich werde ich diesen Vorschlag bewerten, ich denke aber, dass Arno Kompatscher die nötige Autorität und Erfahrung besitzt, diese Möglichkeit zu nutzen. Er ist Profi und weiß, wie die Spielregeln lauten.

Die wahrscheinlichste Option ist eine Mitte-Rechts-Regierung mit den europakritischen Parteien Lega und Fratelli d’Italia. Welche Auswirkungen hätte das für die SVP auf die Europawahl?

Der Landeshauptmann weiß genau, wie die Entscheidungen in Rom und Brüssel ankommen und wird das sicher berücksichtigen. Was Brüssel angeht, bin ich Teil der Europäischen Volkspartei und werde das auch bleiben. Ich habe das immer so gesagt, weil ich ein überzeugter Europäer bin, ich werde nach 15 Jahren sicher nicht in eine andere Fraktion wechseln. Auch die SVP ist eine pro-europäische Partei. Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir in eine andere Partei als der EVP eintreten werden. Es ist also eine rein theoretische Debatte, denn wir sind bereits in Vergangenheit mit den verschiedensten Parteien das Bündnis eingegangen, was laut Wahlgesetz vorgesehen ist.

Für welches Bündnis für die Europawahlen würden Sie sich entscheiden, wenn Sie es sich aussuchen können?

Ich möchte vorausschicken, dass dieses Bündnis oft falsch verstanden wird, niemand schenkt uns dabei ein Sitz, es ist aber vom Wahlgesetz vorgesehen. Wenn die SVP aber Mitglied der EVP ist, ist es auch nur folgerichtig ein Bündnis mit einer Partei der EVP einzugehen. Man darf die beiden Dinge aber auch nicht verwechseln. Eines ist die Landesregierung, etwas anderes ist ein Bündnis für die Parlamentswahlen, dem beide Parteien zustimmen müssen. Wir gehen dieses Bündnis nur ein, wenn es im Interesse beider Parteien ist.

Lega und Fratelli d’Italia bleiben aber zwei europakritische Parteien. Wie blicken Sie auf die Arbeit der Regierung aber auch die Arbeit der EU-Parlamentarier hinsichtlich der EU?

Auch diese Bewertung ist vollkommen unabhängig von unseren Entscheidungen hinsichtlich der Regierungsbildung. Die derzeitige Regierung hat jedenfalls sehr viel Kooperation mit Brüssel gezeigt. Sie ist deutlich kooperativer als andere Regierungen und Italien hat sich mittlerweile ein bestimmtes Renommee erarbeitet. Ich habe in meiner Zeit sowohl erlebt, dass Italien eine große Rolle als auch eine kleine Rolle in der EU gespielt hat. Die derzeitige Regierung hat sich ein gutes Image erarbeitet. Das gilt nicht nur für Ministerpräsidentin Meloni, sondern auch für Europaminister Raffaele Fitto, er ist laufend in Brüssel, was auch keine Selbstverständlichkeit ist. Im Parlament ist FdI Teil der Konservativen und deshalb voll ins demokratische Leben eingebunden. Lega bildet hingegen gemeinsam mit AfD und Front National die einzige wirkliche Opposition, was eine Zusammenarbeit im EU-Parlament mit der Lega deutlich schwieriger macht. Die Lega gehört aber auch nicht wirklich dort hin, das sagen einige Kollegen auch selbst.

Interview: Markus Rufin

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