Du befindest dich hier: Home » News » „Mehr als Protestwahl“

„Mehr als Protestwahl“

Marc Jongen

Der gebürtige Meraner AfD-Bundestagsabgeordnete Marc Jongen spricht über Rechtsextremismus, die Bedeutung der bayrischen und hessischen Landtagswahlen und auch über die Südtiroler Politik.

von Christian Frank

Die vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestufte Partei AfD, schnitt in den hessischen und bayrischen Landtagswahlen mit noch nie zuvor dagewesenen Wahlgewinnen ab. Mit 18,4 Prozent in Hessen und 14,6 Prozent in Bayern ist die AfD als zweit- und drittstärkste Partei in den beiden Landtagen vertreten. Der sogenannte „Chefideologe“ und Bundestagsmitglied der AfD ist niemand Geringerer als der gebürtige Meraner Marc Jongen. Der Doktor der Philosophie ist seit den Anfängen der AfD dabei.

Tageszeitung: Herr Jongen, die AfD erhielt in den letzten Landtagswahlen in Hessen und Bayern großen Zuspruch und fasst damit offensichtlich auch Fuß im Westen Deutschlands. Ist die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Ampelkoalition Ihr großer Trumpf oder steckt mehr hinter dieser Entwicklung?

Marc Jongen: Der Zuspruch für die AfD ist mittlerweile viel mehr als eine Protestwahl. Immer mehr Bürger erkennen, dass die Ampelregierung dabei ist, Deutschland zu ruinieren. Die Fehlentwicklungen der Merkel-Jahre – die illegale Massenmigration, die laut Wall Street Journal dümmste Energiepolitik der Welt, um nur zwei Beispiele zu nennen – werden nicht behoben, sondern weiter intensiviert. Was nottut, ist eine fundamentale Politikwende in fast allen Bereichen, und die Zuwächse für die AfD zeigen an, dass der Wind sich nun zu drehen beginnt.

Ihre Partei ist den Landtagswahlen auf Platz zwei in Hessen und Platz drei in Bayern, sehen wir die AfD somit bald als einen Koalitionspartner?

Wir stehen für Koalitionen mit allen bereit, die willens und fähig sind, die schwerwiegenden Probleme des Landes pragmatisch und ideologiefrei anzugehen. Das Problem ist, dass die CDU eine sogenannte Brandmauer gegen uns errichtet hat und – noch – jede Zusammenarbeit mit uns ausschließt. Das ist nicht nur strategisch töricht, weil sie sich damit in politische Geiselhaft der Grünen und einer linksgrünen SPD begeben hat, sondern es macht sie auch inhaltlich völlig unglaubwürdig. Wer unsere Forderungen und Anträge im Bundestag teils fast wörtlich übernimmt, der kann sich einer Koalition auf Dauer nicht verweigern.

Was bedeutet diese Bestärkung der Wähler für die Zukunft der AfD?

In der – hoffentlich nahen – Zukunft wird die AfD staatspolitische Verantwortung übernehmen müssen. Im Moment kämpfen wir noch um unsere Existenz, denn die etablierten Parteien, die sich selbst die „demokratischen“ nennen, greifen zum letzten verzweifelten Mittel und schreien nach einem Verbot der AfD. Ich gehe davon aus, dass diese totalitäre Option bald vom Tisch sein wird angesichts von rund 10 Millionen Wählern, die heute laut Umfragen hinter uns stehen. Wir merken bereits, dass die Medienvertreter uns respektvoller begegnen.

Sie selbst werden in Ihrer parteilichen Funktion als Chefideologe oder auch als Parteiphilosoph betitelt? Was kann man sich darunter vorstellen, was macht ein Chefideologe?

Dieses Etikett ist mir bereits zu Beginn meines Engagements in der AfD wegen meines akademischen Hintergrunds von der Presse aufgeklebt worden. Man wird so etwas schwer noch los. Wahr daran ist, dass ich mich manches Mal in parteiinternen Diskussionen mit Grundsatzbeiträgen eingemischt habe und auch seit Parteigründung Mitglied der Bundesprogrammkommission bin. Im Übrigen möchte ich mich in den kommenden Jahren wieder vermehrt der intellektuellen Arbeit widmen.

Falls Sie noch etwas das politische Geschehen in Ihrer Heimat Südtirol verfolgen, so haben Sie vermutlich bemerkt, dass sich auch hier die Wählerstimmen immer mehr nach rechts verschieben und sich radikalere Parteien formieren. Sehen Sie eine ähnliche Entwicklung für den politischen Mikrokosmos in Südtirol, wie er in Deutschland zu vernehmen ist, wie schätzen Sie hier die Situation ein?

Mir scheint, dass die radikalste Politik gegenwärtig von den etablierten Regierungsparteien vertreten wird, auch wenn diese sich bürgerlich geben. Aber, „No borders, no nations“, das war früher eine linksradikale Parole, heute ist es quasi offizielles Regierungsprogramm. Auch der Dirigismus der Politik über die Wirtschaft im Rahmen der sogenannten Klimapolitik – Stichwort Verbrennerverbot – nimmt fast schon sozialistische Ausmaße an. Dass plötzlich jeder eine Frau sein kann, der sich dafür hält, ist ebenfalls radikal – und eine Spinnerei. Dagegen formiert sich jetzt überall, auch in Südtirol, bürgerlicher Protest. Auch wenn dieser manchmal schrill daherkommt, im Kern will er nichts weiter, als unseren Wohlstand und unsere Lebensart bewahren.

Der deutsche Verfassungsschutz sagt im Durchschnitt sei jeder Dritte der Mitglieder Ihrer Partei rechtsextrem. Die Partei selbst gilt im letzten Jahresbericht als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Die Frage liegt dementsprechend nahe, wie rechts sind Sie, Herr Jongen?

Die Beamten des deutschen Verfassungsschutzes sind gegenüber dem Innenminister weisungsgebunden. Das hat dazu geführt, dass der Verfassungsschutz in Deutschland heute massiv politisch missbraucht wird. Der ehemalige VS-Präsident Hans Georg Maaßen musste gehen, weil er die von Kanzlerin Merkel gestützte Fakemeldung von den Hetzjagden in Chemnitz nicht mitgetragen hat. Er hatte sich auch noch geweigert, die AfD wahrheitswidrig als rechtsextrem einzustufen. Mich selbst würde ich auf der klassischen politischen Skala als mitte-rechts einstufen mit starken liberalen Anteilen. Durch den starken Linksruck des gesamten politischen Spektrums entsteht die optische Täuschung einer prononcierten Rechts-Position.

Ein Blick in die Zukunft: Bundestagswahl 2025, was kann man von der AfD erwarten?

Ein bärenstarkes Ergebnis, mit dem wir die Politik in Deutschland maßgeblich bestimmen werden. Wenn nicht direkt in der Regierung, dann als Opposition, die die Themen setzt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • andreas

    Herr Jongen, sie können es drehen wie sie wollen, wer in einer Partei mit Höcke ist und dieser ist eigentlich nur der bekannteste der nationalistischen Hetzer, was da manche AFDler von sich geben, ist unter aller Kritik, ist nun mal in einer rechtsextremen Partei.
    Maaßen, welcher als Verfassungschützer gegen die Verfassung gewettert hat und sich nun als Opfer inszeniert, ist ein Paradebeispiel dafür, dass ihr nicht mal den Mut habt, für eure Gesinnung gerade zu stehen.

    Und die Weidel, welche nicht zu einer Veranstaltung kommt, da sie sich anscheinend verstecken muss, weil sie bedroht wird, war stattdessen in Mallorca im Urlaub mit ihrer Lebensgefährtin aus Sri Lanka.
    Gleichzeitig wettert Weidel und die AFD gegen Zuwanderung und gleichgeschlechtliche Ehen. 🙂

    Nebenbei hatte auch die NSDAP großen Zulauf, was sich im Nachhinein aber durchaus als recht problematisch herausgestellt hat. Und ja, Millionen können irren, gerade die Deutschen sollten das wissen.

  • steve

    Merz, Söder und die CDU/CSU reden den Leuten Angst ein und tun so als sitze der wahre Feind bei Links Grün.
    Die deitschen Strukturprobleme jedoch beruhen auf Fehlentscheidungen der Merkelregierung. Der hinrissige Sparwahn der FDP verhindert Wirtschaftswachstum, welches jetzt wichtig wäre.
    Die Deutschen müssen halt immer übertreiben. Sie sind halt, wie der Amerikaner es teffend ausdrückt von German Angst beseelt.

    Der Beitrag dieser Art Demokratiefeinde, wie sie mit Afd und Freien Wählern wieder auf die Politbühne treten, zum allgemeinen Wohlstand ist bereits vor hundert Jahrrn sichtbar geworden.
    Welcher weiterer Beweise bedarf es?!

    • leser

      Stevele
      Merz söder 6nd co sind doch deine schwarzen Vorbilder
      Ich denke söder würde in der AFD keine schlechte Figur abgeben
      Tja und mit Merz haben wir ja einen Millionär der fürs Fußvolk spricht
      Gell schon verrückt die welt

  • heracleummantegazziani

    „pragmatisch und ideologiefrei“… die AfD… made my day.
    Übrigens, von den Hetzjagden in Chemnitz gibt es Videos…

  • pingoballino1955

    Wer erlaubt für solche AFD Typen,überhaupt einen öffentlichen Auftritt dieses Herren in Südtirol? Demokratie hat auch seine Grenzen.

    • leser

      Pingo
      Es ist wohl kaum zu übersehen wieviel in südtiroler Politikern rechtes Gedankengut steckt oder?

      • artimar

        In Italien ist man, wie bereits 1922, Deutschland voraus. Auch genau 100 Jahre später – mit einer national-rechtsextremen Regierung, die zur Zeit möglichst unauffällig agiert, damit auch weiterhin reichlich die EU-Mittel fließen.
        “Die italienische Demokratie spielt zur Stunde offen mit einem leisen Selbstmord.” (P. Sloterdijk)
        Auch auf der lokalen Ebene. Die national-rechtsextremen Brüder Italiens, die der LH Kompatscher noch 2022 als Gefahr für ganz Italien und Südtirol bezeichnete, sind trotz bisheriger rechten Brandmauer heute nicht nur normalisiert, sondern sogar besonders anschlussfähig. Nur, weil kurzfristige Macht- und Lobbyinteressen offenbar wichtiger als Gefahren- und Schadensabwehr sind. Selbst um den Preis, die eigene treue Anhängerschaft anzustoßen, die an einer offenen Gesellschaft und Wertegemeinschaft einer aus dem Widerstand entstandenen Partei festhalten.

  • artimar

    *abzustoßen (statt anzustoßen)

  • foerschtna

    Der zuverlässigste Stimmenlieferant der AFD ist sicherlich die derzeitige Ampelregierung. Und das wird wohl auch in den nächsten 2 Jahren so bleiben. Falls Scholz nicht vorher die Reißleine zieht. Und das wird er mit Sicherheit dann tun, falls die AFD in den Umfragen die CDU überholt. Oder spätestens nach den nächstjährigen Landtagswahlen in 3 ostdeutschen Bundesländern, falls dort die AFD unter Umständen die absolute Mandatsmehrheit holt, was nicht mehr ganz ausgeschlossen werden kann, da fehlt laut aktuellen Umfragen nicht mehr viel. Denn mit vorgezogenen Neuwahlen würden sich alle anderen Parteien zumindest auf Bundesebene für 4 weitere Jahre die Futtertröge der Macht sichern. Und Scholz ist zwar ziemlich vergesslich, aber wenn es um den eigenen Machterhalt in irgend einer Form geht, ist er zu allem bereit.

  • gerhard

    Immer mehr deutsche Bürger erkennen in der Tat, dass die Ampelregierung dabei ist, Deutschland zu ruinieren. Merkel hat mit ihrer volksverachtenden Migrationspolitik das Land bitterböse verraten und die Partei wurde deswegen zurecht abgewählt.Die berechtigterweise so genannte dümmste Energiepolitik der Welt durch diese grünen Totalversager tragen zu der massivsten Unzufriedenheit der Bevölkerung über dieses planlose Regierungspack bei.
    So ist auch nicht verwunderlich, dass ein Viertel der Wähler heute die AFD wählt. und damit mehr Wähler als die Grünen oder die SPD.
    Das ist Denkzettel Methodik und Ausdruck grenzenlosen Verrats an der deutschen Bevölkerung. Aber auch gefährlich und kurzsichtig
    Wer aufmerksam das Wahlprogramm der AFD studiert, wird alarmiert und zutiefst besorgt sein. Wer einen Höcke live hört (ich habe das getan), der wird angstvoll in die Zukunft blicken.
    Der Untergang der Demokratie droht, sollten dies Schwachköpfe an die Macht kommen.

    Auf der anderen Seite: Darf man als ehrlicher Demokrat guten Gewissens ein Viertel der deutschen Wähler einfach aussen vor lassen, beschimpfen, verachten, von der Regierung ausschließen?
    Ich denke nein.

    Und früher oder später wird die AFD salonfähig.
    Das war das Gleiche vor 40 Jahren mit den Grünen und den Linken.
    Und heute springt ihnen jeder hinterher.

    Ich glaube, wir bekommen in Deutschland und damit in Europa nur dann wieder stabile Verhältnisse, wenn sich die Volksparteien besinnen, was ihr Volk wirklich will.
    Massivste Einschränkungen in der Migration, raus mit Jedem, der keine Bleiberecht erhält, raus mit jedem kriminellen Ausländer.
    Schluss mit dem Recht auf Sozialschmarotzerei und zurück zum Leistungsgedanken.
    Dann würden die AFD Werte ganz schnell und ganz drastisch sinken.
    Wenn nicht, dann ist die AFD spätestens in 6 Jahren mit in der Regierung.
    So bitte dies ist. Das ist die Realität

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen