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„Wut & Verzweiflung“

Die Vorverhandlung zum Mordfall Alexandra Elena Mocanu ist in einer Stunde erledigt, ab dem 12. Jänner muss ihr Partner Avni Mecja in Bozen vor ein Schwurgericht. Der Verteidiger will eine lebenslängliche Haftstrafe verhindern.

von Thomas Vikoler

Avni Mecja, 28, hat es vorgezogen, im Gefängnis von Verona zu bleiben. Dort sitzt der aus Albanien stammende Maurer seit knapp einem Jahr und U-Haft und wartet auf seinen Prozess.

Gestern fand am Bozner Landesgericht die Vorverhandlung zu diesem Mordfall statt, wie erwartet leitete Richterin Elsa Vesco (nach einer knappen Stunde) ein Hauptverfahren ein und legte den Termin für das Schwurgericht fest: Es tritt erstmals am 12. Jänner 2024 unter Vorsitz von Stefan Tappeiner zusammen.

Alexandra Elena Mocanu, 35, Baristin im Einkaufszentrum Centrum, wurde am 22. Oktober vergangenen Jahres in einer Wohnung in der Bozner Trieststraße mit mehreren Hammerschlägen ermordet. Sie wurde in den Morgenstunden, eingehüllt in eine Decke, tot aufgefunden.

„Die Tat war die Folge eines plötzlichen Wutausbruchs aus Verzweiflung“, erklärte Massimo Dal Ben, Mecjas Verteidiger, nach der gestrigen Verhandlung und verwies auf die wiederholten Streitigkeiten zwischen seinem Mandanten und Mocanu. Der Veroneser Anwalt erinnerte auch an den Umstand, dass die gebürtige Rumänin von Verona zu Mecja in Bozen gezogen sei, obwohl für diesen ein Annäherungsverbot bzw. eine Aufenthaltspflicht in der Landeshauptstadt bestand. „Die genauen Beziehungsumstände müssen im Schwurgerichtsprozess geklärt werden“, so Dal Ben.

Die Staatsanwaltschaft Bozen wirft dem Maurer, der sich nach der Tat zunächst nach Albanien absetzte um dann zurückzukehren und ein Geständnis abzulegen, vorsätzliche Tötung unter erschwerten Umständen vor. Erschwert einmal durch das Zusammenleben, weiters durch die zuvor gegenüber dem Mordopfer begangenen Straftaten. Mocanu hatte ihren Partner in Verona wegen sexueller Gewalt, Stalking und Misshandlung in der Familie und Sachbeschädigung angezeigt, er verfolgte sie nach ihrem Besuch bei den Carabinieri, sie nahm die Anzeige zurück.

Mecja wurde am Landesgericht Verona wegen sexueller Gewalt, die von Amts wegen verfolgt wird, zu sechs Jahren Haft verurteilt, das Oberlandesgericht Venedig setzte die Strafe, die mittlerweile rechtskräftig ist, auf vier Jahre herab.

Wegen der beiden erschwerenden Umstände ist ein verkürztes Verfahren im Mordfall Mocanu nicht möglich. Verteidiger Dal Ben will im Schwurgerichtsverfahren dennoch allgemein mildernde Umstände beantragen, welche die beiden erschwerenden ausgleichen sollten. Mit einer entsprechend milden Haftstrafe, auf jedem Fall nicht lebenslänglich. „Mein Klient will zugunsten des Sohnes der Frau und im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten ein bescheidenes Schmerzensgeld zahlen“, kündigt der Anwalt außerdem an.

Im Hauptverfahren wird er auf einen weiteren Anwalt treffen, Gianmarco Tosetto, ebenfalls aus Verona. Er hat sich in der gestrigen Vorverhandlung für den Ehemann Mocanus und ihren gemeinsamen minderjährigen Sohn, der bei der Großmutter in Rumänien lebt, als Nebenkläger in das Strafverfahren gegen Mecja eingelassen. „Das Verhältnis zwischen dem Ehemann und Alexandra Elena Mocanu war gut, die Frau hat jeden oder jeden zweiten Tag ihren Sohn angerufen“, berichtet Nebenkläger-Anwalt Tosetto. „Wir möchten in erster Linie, dass die ganze Wahrheit des Mordes vor Gericht ans Tageslicht kommt“.

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