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„Mut tut gut“

Das Haus der Familie hat engagierte Menschen aus Südtirols Soziallandschaft zu einer Gedenkfeier unter dem Motto „Mut tut gut“ nach Lichtenstern eingeladen.

Am 3. Oktober wird in der Diözese Bozen-Brixen das liturgische Gedenken an Josef Mayr-Nusser begangen.

Bis 2017 waren die Gebeine von Josef Mayr-Nusser in der Kirche von Lichtenstern bestattet.

Das Haus der Familie hat am Dienstag engagierte Menschen aus Südtirols Soziallandschaft zu einer Gedenkfeier unter dem Motto „Mut tut gut“ in die Waldkirche von Lichtenstern eingeladen und dabei das diözesane Thema zum Gedenktag einbezogen: „Stimme(n) der Zivilcourage“.

Im Hinblick auf die bevorstehenden Landtagswahlen wurden beim anschließenden Frühstück die Wahlen als Grundlage der demokratischen Ordnung in unserem Land hervorgehoben. Wählen zu gehen sei ein Privileg, betonten die sozial engagierten Geladenen. Das Recht, mitzubestimmen, wer das Land regiere, sei nicht überall auf der Welt gegeben.

Manuela Weber vom Vorstand des Vereins „Haus der Familie“ sagte bei der Begrüßung: „Mutig sein bedeutet, etwas zu tun, was man für richtig hält, auch wenn man Nachteile zu erwarten hat.“

Grundsätzlich sei unsere Gesellschaft aufgerufen, jedem einzelnen Mitglied gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Menschlichkeit und Solidarität seien dafür die Bausteine. „Helfend die Hand zu reichen, zu unterstützen, wo jemand mutlos scheint, einzuschreiten, wo Unrecht geschieht, bedarf des Mutes“, sagte Manuela Weber.

„Wählen Sie Menschlichkeit“, luden die Verantwortlichen vom Haus der Familie die Anwesenden ein. Es gehe darum, in den kommenden fünf Jahren an einem menschenfreundlichen Südtirol weiter zu bauen und allen Mitgliedern gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. In unserem Land steigt die Zahl der Familien, die in relativer Armut leben, ständig an. Die Folgen sind bekannt: Rückzug aus der Nachbarschaft, aus Freundschaften und vom sozialen Leben, verminderte Beteiligung am öffentlichen Leben, vernachlässigte Bildung, unausgewogene Ernährung und erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten.

Toni Fiung, Südtirols Familienseelsorger, leitete die heutige Gedenkfeier in Lichtenstern als geistlicher Leiter im Haus der Familie. Josef Mayr-Nusser habe die Zeichen der Zeit erkannt und danach gehandelt, sagte er: „Der Seliggesprochene stellte sich gegen den Mainstream, obwohl er ahnte, dass ihn seine Eidesverweigerung das Leben kosten würde.“

Und doch sei er seinen Weg konsequent gegangen. Josef Mayr-Nusser habe den Mut aufgebracht, seine Stimme gegen das nationalsozialistische und rassistische Gedankengut zu erheben. ‚Zeugnis geben ist heute unsere einzige, schlagfertigste Waffe’, hat Josef Mayr-Nusser 1938 geschrieben. „Seien wir auch im Jahr 2023 mutig, uns für Schwächere einzusetzen“, plädierte Toni Fiung. Mut tue gut, trage Hoffnung in sich und halte lebendig. Auch Toni Fiung verwies auf die Wahlen: „In der Wahlkabine sind alle Menschen gleich, unabhängig davon, ob Wählende arm oder wohlhabend, mächtig oder weniger einflussreich sind.“ Jede Stimme könne am 22. Oktober über den Ausgang entscheiden.

Die Teilnehmer:innen der Gedenkfeier frühstückten im Anschluss im Haus der Familie zusammen.

Zur Person Josef Mayr-Nusser

Josef Mayr wurde am 27. Dezember 1910 auf dem Nusserhof am Bozner Boden geboren. Nach dem Abschluss der Handelsschule wurde er kaufmännischer Angestellter in Bozen. Bei der Option 1939 entschloss sich Josef Mayr, entgegen der Mehrheit der SüdtirolerInnen, in der Heimat zu bleiben. Am 26. Mai 1942 heiratete er Hildegard Straub. Ein gutes Jahr später kam Sohn Albert zur Welt. Josef Mayr trat unter anderem der Bozner Vinzenzkonferenz bei und lebte so sein Christsein im Alltag. 1944 wurde er zur SS einberufen. Einen Tag vor der Eidesleistung erklärte Josef Mayr, dass er den Eid auf Hitler aus Gewissensgründen nicht leisten könne. Er wurde in Danzig wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und sollte in Dachau erschossen werden. Auf dem Weg dorthin ist Josef Mayr am 24. Februar 1945 in Erlangen in einem Viehwaggon seinen Strapazen erlegen. Am 1. März 1945 wurde er in Erlangen begraben. Im Februar 1958 wurden seine Gebeine nach Südtirol überführt und in der Kirche von Lichtenstern beigesetzt. Am 18. März 2017 wurde Josef Mayr-Nusser im Bozner Dom selig gesprochen. Seine sterblichen Überreste sind seither im dortigen Märtyreraltar bestattet. Bischof Ivo Muser hat den 3. Oktober zum liturgischen Gedenktag an Josef Mayr-Nusser bestimmt: Das ist der Vortag jenes Tages, an dem sich Mayr-Nusser (im Jahr 1944) geweigert hat, aus religiösen Gründen den Treueeid auf das nationalsozialistische Regime zu schwören.

 

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