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„Wie im Disneyland“

Vor der Landtagswahl warnen Alpin- und Umweltvereine vor einer weiteren Zerstörung der Bergwelt. Technische Kunstbauten, immer mehr Aufstiegsanlagen und Schutzhütten und die Ausbeutung der Natur bedrohen unser Land und die große Ressource Landschaft.

Über die Auswirkungen der Klimaveränderungen, die gefährlichen Felsstürze und die Situation in einigen Hotspots in den Dolomiten wurde in den vergangenen Wochen wiederholt in in- und ausländischen Medien berichtet.

„Overtourismus in Südtirol“ oder „Dramatisch: Südtirols Berge bröckeln und fallen zusammen“, so lauteten zum Beispiel die Schlagzeilen.

Die Medienkampagne zum Schutz der Alpen, das Manifest „Mehr Respekt für den alpinen Raum“ und eine gemeinsame Pressekonferenz der Alpenvereine am Sellajoch Anfang August trugen zu einem erheblichen Medienecho bei, wie z.B. Münchner Merkur, Frankfurter Rundschau, BR, DHN – Die Heutigen Nachrichten.

Deshalb erinnern AVS, CAI, Dachverband für Natur und Umwelt sowie der Heimatpflegeverband kurz vor der Landtagswahl die künftigen politischen Vertreter:innen daran, dass „unsere Berge unverbaut schön sind“.

Für einen vermeintlich qualitativ hochwertigen Tourismus werde das Land verschandelt, sagte AVS-Präsident Georg Simeoni. „Die hemmungslose Entwicklung hat die Alpen bereits teilweise zu einem Disneyland verkommen lassen“, so Simeoni.

„Es werden Installationen, wie zum Beispiel Aussichtsplattformen auf Berggipfeln genehmigt und gebaut“.

Der Druck auf das alpine Umfeld wird immer größer, der Respekt vor der Natur immer kleiner. Die Berge werden zu einer Sportarena mit Funparks, Hochseilgärten und Downhillstrecken oder Bobbahnen auf Stahlgestellen, beschreibt Simeoni die in seinen Augen widersinnige Entwicklung. Für ihn sind „die Berge schön, so wie sie die Natur uns schenkt“.

Unnötige Bauten und Erweiterungen sind auch bei den Schutzhütten auf den Bergen zu beobachten. Carlo Buglio, Mitglied in der CAI-Kommission Hütten, kritisiert den Umbau von Schutzhütten in Hotels und Ressorts. „Seltsamerweise handelt es sich dabei um private und neuere Schutzhütten, die dadurch die wahre Bedeutung des Wortes ‚Schutzhütte‘ verfälschen. Sie wecken falsche Erwartungen bei den Gästen, die dann in den echten Schutzhütten den gleichen Service erwarten“. CAI und AVS bemühen sich bei ihren Schutzhütten die bergsteigerische Funktion zu erhalten: es geht um eine Unterkunft bei langen Bergtouren. Den Bergsteigern gehe es vor allem um das Bergerlebnis an sich und darum, die Stille, die Natur und die Entschleunigung in den Berge zu genießen.

So wie bei den Bauten lässt sich auch beim Verkehr ein immer Mehr beobachten. HPV-Geschäftsführer Florian Trojer beschreibt die Situation in den Sommermonaten: „Der Druck auf die Dolomiten- und anderen Gebirgspässe ist enorm. Eine Auto-, Camper- und Motorradlawine wälzt sich jeden Tag über die schmalen Straßen. Dazu kommt, dass sich die Südtiroler Pässe zu einem wahren Eldorado für Fans des Motorsports entwickelt haben“. Für den Heimatpflegeverband sind die bisher umgesetzten Maßnahmen zu wenig. Trojer fordert verstärkte Geschwindigkeits- und Lärmkontrollen, zeitweise Sperrungen für den motorisierten Individualverkehr und einen Ausbau der öffentlichen Busverbindungen über die Pässe.

Die alpinen Regionen seien ein fragiler und verletzlicher Raum.

Dies zeige sich durch schwindende Gletscher und Bergstürze. „Angesichts der Tatsache, dass der durchschnittliche Temperaturanstieg im Alpenraum fast doppelt so hoch ist wie in den umliegenden Gebieten“ ist Josef Oberhofer, Präsident des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz, besorgt über die Zunahme der negativen Auswirkungen des Klimawandels. „Die hochsensiblen Ökosysteme dieser Regionen gilt es bedingungslos zu erhalten“, so Oberhofer.

Dabei sieht er nicht die Bedürfnisse und Interessen der hier lebenden und arbeitenden Bevölkerung als Gefahr, sondern einige „Nimmersatt“, die auf Kosten der Natur, Umwelt und Allgemeinheit weiterhin ihre Geschäfte machen wollen.

Die Bahn auf die Langkofelscharte ist für die Alpinvereine und Umweltorganisationen ein Beispiel, wo sich das Zusammenprallen unterschiedlicher Interessen zeigt: Schutz der Natur durch Rückbau oder weitere Erschließung und Gewinne machen.

Wittfrida Mitterer, Direktorin des Kuratoriums für technische Kulturgüter, beschreibt die Bahn als einmalig in ihrer Art und als kulturhistorischen Symbolbau. Laut Mitterer soll sie in ihrer bestehenden Form erhalten bleiben. Sollte dies nicht möglich sein, spricht sie sich für eine Stilllegung und einen Rückbau aus. „Ein Neubau wird entschieden abgelehnt“, so Direktorin Mitterer.

Die Berge sind natürlich schön und so sollen sie auch erhalten bleiben. Dafür brauche es Lobbyarbeit und eine mahnende Stimme, die dem Trend des „immer Mehr“ widersprechen. Kurz vor der Landtagswahl sehen AVS, CAI, Dachverband für Natur- und Umweltschutz sowie Heimatpflegeverband die Chance, künftigen politischen Vertretern einige Anregungen mit auf den Weg zu geben, wie unser Land ohne die Hybris des Immer-Mehr nur schöner werden kann.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (13)

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  • gulli

    Tourismus hat uns Wohlstand gebracht, wir haben den Hals noch lange nicht voll genug, dafür muss auch unsere Bergwelt ihre Opfer bringen.

  • sigmundkripp

    Zitat Untertitel: „Die Alpin- und Umweltverbände Südtirols waren vor einer Verschandelung des Landes unter dem Deckmantel des hochwertigen Tourismus.“
    Das heisst also, die Alpin- und Umweltverbände waren VOR der Verschandelung des Landes unter dem Deckmantel des hochwertigen Tourismus!! Was hat sie wohl dazu getrieben, sich dort zu verstecken?? Und wo sind sie NACH der Verschandelung?

    (Was so ein fehlendes „n“ alles verändern kann… 🙂 )

  • placeboeffekt

    Vom ästhetischen Standpunkt und dem Preisniveau nähert sich Südtirol dem Schweizer Niveau

    Wer mal richtig hässliche, verbaute Bergdörfer besichtigen möchte, der fahre nach St. Moritz oder Davos.

    Man kommt mit der Erkenntnis zurück „ schlimmer gehts immer „

  • artimar

    Die Beispiele zeigen, wie wichtig es wäre, der Natur als Teil einer Überlebensstrategie für den Menschen eigene Rechte zuzugestehen, der gegenwärtig seine eigene Existenz durch Raubbau an der Biosphäre und an deren Artenreichtum gefährdet. Die Forderung nach Rechten der Natur/Biokratie beruht auf einem ethischen Leitbild, mit dem der Mensch die Natur als Partnerin ernst nimmt

  • olle3xgscheid

    1x im bissi wehren und hui-buh schreien ist eindeutig zu wenig.
    Wo sind die Klimakleber und Generation X….?

  • tirolersepp

    Alles muß geregelt und in natürliche Bahnen gelenkt werden!!!

    Immer weiter schneller höher wird’s nicht geben!!

    Overtourismus ist das Schlagwort !

  • andreas1234567

    Hallo zum Wochenende,

    langsam können die ganzen Naturfuzzies mal Ruhe geben und die Schutzhütten gewähren lassen.
    Personal wird teurer, die Leute werden fauler und komfortorientierter und so eine Hütte wird bestenfalls je nach Lage von Anfang bis Ende Juni bis spätestens Ende Oktober betrieben.
    In diesen 4 bis 5 Monaten muss das Heu in die Scheune und es gibt Wochen wo sich keine Sau dorthin verirrt und es Übernachtungsabsagen hagelt.
    Das Personal will natürlich weiter bezahlt werden..Und das Personal will dann auch ein bisschen Komfort in Hütten wo es keinen Strassenanschluss gibt und auch keine offizielle Seilbahn, da sind die Naturbewegten ja auch strikt gegen.
    Natürlich braucht es einen gewissen Komfort, hier müssen die Hütten mit der Zeit gehen, wenn einige Ewiggestrige meinen so ein Matratzenlager lockt noch Leute an die ein gemeinsames Nachtlager mit Bohnenfresserfreunden und Duschablehnern mal für 3 Tage akzeptieren dann irren die sich.
    Hütten die einen gewissen Komfort inklusive Einzel/Doppelzimmer bieten bekommen dann auch die lebensnotwendigen 60-80 Euro die Nacht heraus.
    Ist eben so, die „konservative“ Hütte mit dem klassischem Matratzenlager, den Bergsteigeressen und den strengen Jugendherbergsregeln kannst du heutzutage vergessen, wenn die Naturfreunde anderer Meinung sind sollen sie doch eine Hütte nach ihrem eigenen Gusto betreiben und sich nicht wohlfrisiert in Badeschlappen und Turnschuhen vor ihre Besserwissertafeln stellen für schöne Pressebilder

    Auf Wiedersehen auf Südtirols Hütten

  • olle3xgscheid

    @andreas 1…..
    Wir müssen echt nicht ALLE anlocken . Etwas schön Ruhe in den Bergen ist herrlich.
    Und wo fängt es an und wo hört es, auf mit Komfort??
    Bis dato ist noch jede/r MitarbeiterInn ohne diesen Größenwahn an Liften hochgekommen.

  • george

    andreas1234567,
    deutscher „Hüttenfuzzy“, bleib doch dort, wo dir alles geboten wird und hör mit deiner Preistreiberei auf. Unsere Hütten sollen bescheiden bleiben und auch bescheidene Angebote machen, so wie es sich in unseren Bergen ziemt. Wenn dies bestimmten Herren-Damen hier, wie dem genannten „Hüttenfuzzy“ zu wenig ist, dann können diese ja immer noch nach Davos, St. Moritz reisen oder ähnliche Alpinrummel bzw. „Kraftorte“ und Nobelhütten anpeilen und dort ihren Erfüllungsort suchen. Lasst uns aber mit dem ganzen Luxus-Schnick-Schnack in Ruhe. Wir haben andere Bedürfnisse und leben damit gesünder, besser in Eintracht mit der Natur

  • gulli

    @george
    teile Ihre Meinung

    @Andreas1234567
    ein Gast, der das Reise-Zielland so nimmt wie es ist und sich daran erfreut wie es ist, wird überall gern willkommen sein.
    ein Gast der nur Ansprüche stellt und sich nach dem Motto benimmt: ich bin Gast – ich bin König, wird sich überall unsympathisch machen.

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