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Ergreifend

Das Südtiroler Vokal-Ensemble „Alla Breve“unter der Leitung von Nataliya Lukina: Das Konzert wurde wirksam in Szene gesetzt, indem zu jedem Werk das Licht gelb, ambra oder weiß, getönt wurde. (Foto: Damian Pertoll)

Im Rahmen des südtirol festival meran fand am vergangenen Freitag in der Pfarrkirche von Partschins ein ergreifendes sakrales Konzert mit dem bekannten Südtiroler Vokal-Ensemble „Alla Breve“ unter Mitwirkung des Organisten Franz Comploi statt.

Ergreifend auch deshalb, weil das Konzert mit dem Titel „Unter dem Kreuz“ von der ständigen Leiterin des Chores, Nataliya Lukina aus dem ukrainischen Karkiv, vorbereitet und geleitet wurde. Wer das wusste, folgte im Verweis auf die gegenwärtige Situation in der Ukraine mit doppelter Anteilnahme dem stimmig ausgesuchten Repertoire zu Kreuzigung und Auferstehung: Chormusik aus Renaissance, Barock und Gegenwart, ergänzt mit sakraler Orgelmusik aus unserem Jahrhundert. Das Konzert wurde wirksam in Szene gesetzt, indem zu jedem Werk das Licht gelb, ambra oder weiß, getönt wurde.

Das gut besuchte Konzert begann mit dem feierlichen Orgel-Solo „Resurrexit“ des Norwegischen Komponisten Knut Nysted, das wie eine Ouverture den Auftritt des Kammerchores einleitete. Die „Lamentationen“ des Propheten Jeremias von Palästrina standen am Beginn des Konzerts auf dem Programm: Sie sind Polyphonie vom Feinsten. Das folgende „Ecce lignum crucis“ von Anton Heiler, das Franz Comploi Solo auf der Orgel spielte, lenkte mit seiner kontrapunktischen Dissonanz die Aufmerksamkeit der Zuhörer wiederum auf das Holz des Kreuzes als Objekt der religiösen Betrachtung und als zentrales christliches Symbol für Schmerz und Leid.

Mit dem amerikanischen, erst kürzlich verstorbenen William Albright löste der Chor vorübergehend die Passions-Stimmung mit einer beeindruckenden zeitgenössischen Echo-Komposition, bei deren meisterhafter Wiedergabe die Stimmen aus allen Richtungen des Kirchenraumes kamen, sich überschlugen und im Einklang wieder zur Ruhe kamen.

Zurück in den Barock sang dann der Chor unter der sichtbar emotional engagierten Leitung von Nataliya Lukina das achtstimmige „Crucifixus“ von Antonio Lotti, eine leidenschaftliche Komposition reich an Dissonanzen zur Veranschaulichung der Passion Christi. Den Höhepunkt, ja triumphalen Abschluss erreichte das Konzert mit dem fast halbstündigen „Stabat Mater“ von Domenico Scarlatti, das an polyphoner Dichte, Ausdrucksvielfalt und vokaler Virtuosität wenig Vergleichbares im Spätbarock hat. Das Werk führte alle vokalen Künste der raffinierten Polyphonie vor: Responsorien-hafte Soli, solistische Trios und Quartette, prächtige Tutti-Stellen. Gegen Ende kulminiert es in einem jubelnden Amen-Gesang, der den männlichen wie den weiblichen Stimmen in den höchsten Lagen Extremes abverlangte.

Großer Applaus und „Bravo“-Rufe für den Chor und seine Leiterin Nataliya Lukina, die sich mit einem „da pacem, domine“ des 1993 geborenen slovenischen Komponist Tilen Slakan bedankten, der es „to all victims of war in Ukraine“ widmete und bei dem das Publikum zum Mitsingen aufgefordert wurde, während das Kirchenschiff in den Farben der Ukraine, blau-gelb- ausgeleuchtet wurde. (tr.)

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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