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„Südtirol ist ein Käfig für junge Leute“

Jacopo Cosenza, 23, kandidiert für die Fünf-Sterne-Bewegung bei den Landtagswahlen. Er hat ein äußerst negatives Bild der aktuell Regierenden und von Politik allgemein. Wie er das ändern will.

von Julia Koppelstätter

Der 23-jährige Bozner Jacopo Cosenza kandidiert bei den Movimento 5 Stelle für die Landtagswahlen im Oktober. Befragt man ihn zu seinen politischen Ambitionen, bekommt man vor allem Vorschläge, wie Politik in seinen Augen funktionieren sollte. Seine Diagnose: Mit dem Vertrauen der Bürger werde gespielt, es werde allein für den Machterhalt ausgenutzt.

Das will der junge Kandidat von M5S ändern: „Das Ziel meiner Kandidatur ist es, eine Alternative zu der Politik von heute zu bieten, denn ich glaube nicht, dass sie lange Bestand haben kann. Die Menschen haben in den letzten Jahren das Vertrauen und die Hoffnung verloren, weil die Politik den Bürgern nicht zugehört hat. Weil die Politiker, in Wirklichkeit nur um ihre Machtspiele bemüht waren. In Südtirol gab es viele Skandale, wie die SAD-Affäre oder die 700.000 Euro teuren Schlauchtücher des Landes während der Pandemie, die viele Bürgerinnen und Bürger verärgert haben und sie jegliches Vertrauen in die lokale politische Klasse und darüber hinaus verlieren ließen. Es muss eine Rückkehr zu einer Politik der Werte geben, zu einer Politik, die ihre Versprechen hält, wenn die Wahlphase vorbei ist.“

Jacopo Cosenza Bild von der Politik ist ein ziemlich negatives: „Wenn ich mir die Parteien anschaue, die uns heute regieren, sehe ich nur lauter vergessene und aufgegebene Versprechen, Parteien, die weiterhin eine trügerische Politik betreiben, die den Bürgern Lösungen vorgaukelt, hinter denen sich aber nur der Wunsch nach Machterhalt verbirgt. Daraus ergibt sich ein ernstes Problem, der so genannte Absenteismus, die größte Gefahr für die Demokratie. Deshalb wird es im Oktober wichtig sein, wählen zu gehen, denn das ist wirklich das einzige Instrument, das wir haben, um die Dinge zu ändern. Mein Ziel ist es, zu beweisen, dass eine ehrliche und nützliche Politik möglich ist, die das Leben eines jeden von uns verbessern kann.“

Auch die Jugend werde von der Politik nicht so behandelt, wie es eigentlich nötig wäre, findet Cosenza. In der Öffentlichkeit überwiege ein negatives Bild der Jugend, die guten Seiten würden ausgeblendet. „Junge Menschen haben ein grundlegendes Problem: Ihre Stimme wird oft nicht gehört. Wir haben viele gute junge Menschen, die in unserer Region arbeiten oder studieren, aber das Problem ist, ihnen Raum zu geben. Ich habe oft den Eindruck, dass Südtirol ein Käfig für seine jungen Leute ist, es lässt sie nicht frei, obwohl ihre Ideen konkret und für alle nützlich sein können. Wenn die Zeitungen über die Jugendlichen berichten, werden meist nur die Schlägereien oder andere unangenehme Situationen hervorgehoben, aber es werden all die Jugendlichen vergessen, die sich in aller Stille ehrenamtlich engagieren. Mit meiner Kandidatur möchte ich auch all den jungen Menschen in unserer Provinz eine Stimme geben, die sich von der Politik nicht gehört und geschützt fühlen.“, so Cosenza.

Was der 23-Jährige ebenfalls ändern möchte: Die Politik soll mehr auf das Wohl der einheimischen Bevölkerung schauen, als auf jenes der Touristen. Diese würden nämlich vielfach bevorzugt: „Es ist bekannt, dass die Bürger angesichts der hohen Lebenshaltungskosten und der Kosten für die Miete oder den Kauf von Wohnungen finanziell überfordert sind. Der Grund dafür ist, dass die Mehrheitsparteien, insbesondere die SVP, seit Jahren nur daran interessiert sind, eine perfekte Spielwiese für den Tourismus zu schaffen, indem sie ständig neue Skipisten, große Super-Luxus-Hotels, Wohnungen, die Monte Carlo vor Neid erblassen lassen würden, zulassen. Und dabei die Menschen vergessen, die hier geboren wurden oder leben, aber das Pech haben, keine Touristen zu sein. Aus diesem Grund hat die Umwelt für sie keine Priorität, obwohl fast acht Millionen Touristen pro Jahr kommen, gerade um die Natur in unserem Gebiet zu bewundern, die nicht ausreichend geschützt wird.

Und wie hält es Jacopo Cosenza, der forsche Jung-Kandidat der Partei von Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte mit den Social Media, mit deren Hilfe Bewegungsgründer Beppe Grillo groß geworden ist? „Soziale Medien sind ein gutes Instrument für politische Aktivitäten. Sie haben mittlerweile Einzug in unser tägliches Leben genommen. Deshalb glaube ich, dass sie nützlich sein können, aber ich bin auf jeden Fall davon überzeugt, dass Politiker keine Influencer sein sollten, die auf der Suche nach Likes und einfacher Zustimmung sind. Wenn ich mir die Social-Profile einiger Parteien auf lokaler Ebene ansehe, frage ich mich leider, ob sie ihren Beruf falsch gewählt haben. Einige wären als Influencer geeignet, aber nicht als Politiker“, meint Cosenza.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (8)

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  • andreas

    Das größte Problem scheint aber zu sein, dass viele ihr Wohl von der Politik abhängig machen und wenn es nicht wie gewünscht läuft, sie sofort einen Schuldigen haben.
    Das wirkt so wie bei manchen Eltern, welche der Schule die Schuld geben, wenn ihr Kind nicht gerade die besten Noten bekommt, sie selbst aber auch nicht wirklich die Hellsten sind.
    Wo genau sollte es das Kind dann aber herhaben?

    Klar gibt es überall Verbesserungsmöglichkeiten und manches läuft nicht optimal, aber wenn dann Politiker wie rumer1 antreten, welche z.B. den Grünen die Schuld für den Mord in Schlanders geben will oder ein anderer der hier geschrieben hat dem HGV, wird es etwas absurd.

    Die Politik bietet kein betreutes Leben an, sie bietet Rahmenbedingungen, mal bessere, mal schlechtere und es ist nun mal die Aufgabe jedes Einzelnen, daraus das Beste zu machen.

    • diegonicolini

      Mir kommt es nicht so vor, als ob der Politik individuelles Versagen vorgeworfen wird, sondern hier werden konkrete Fehler aus den vielen Skandalen identifiziert. Die Bürger haben sich vom Interesse am Gemeinwohl abgelöst.
      Man spricht über das Missverhältnis, durch die Verteidigung partikularer Interessen, vor allem für diejenigen die Grundstücke besitzen, und andere Kategorien, deren Repräsentation kaum oder gar nicht vorhanden ist.
      Und schließlich richtet sich die Botschaft an jene Politiker, Träger dieser Interessen, deren Substanz und Kohärenz ebenso wenig oder gar nicht vorhanden sind, die aber regelmäßig von den Titelseiten unserer Lokalzeitungen gepumpt werden.

      • andreas

        Das sehe ich aber anders, denn wenn man sich die Kommentare auf diversen sozialen Medien durchliest, durchaus der Politik Totalversagen und komplette Unfähigkeit vorgeworfen wird.

        Ihre Aussage von „Skandalen“ teile ich auch nicht wirklich, da heutzutage die kleinste Banalität zu einem „Skandal“ gemacht wird.

        Politik ist nun mal aus den gegebenen Mitteln, das bestmöglich zu machen.
        Nur wirkt es, dass heutzutage recht viele annehmen, dass die Politik nur auf ihre egozentrischen Bedürfnisse zugeschnitten sein muss.
        Die Kunst, es allen Recht zu machen, beherrscht aber nun mal keiner.

        Und den VAFFANCULO DAY hat wohl euer Gründer ins Leben gerufen, also doch alles schlecht….. 😉

      • steve

        Herr Nicolini schämen sie sich nicht einer solchen Skandaltruppe der „pacifinti“ mit „Don Bonus“ anzugehören?
        Hysterisch rumschreiend wolltet ihr die Russen und Chinesen ins Land holen.

        Mittlerweile wählt man euch eh nur noch in Kampanien.
        Am besten wandern sie dorthin aus!

        • diegonicolini

          steve, Machen Sie keine Sorgen, im Gegensatz zu Ihnen schäme ich mich nicht, meinen richtigen Namen zu verwenden. Danke für das „pacifinto“, aber mit der Zeit scheint es, als hätten wir Recht gehabt. Die Zahl der Freunde Putins (offensichtlich großer Blödsinn) wächst, da es keine Alternative gibt, etwas aufzugeben, um die Waffen zum Schweigen zu bringen. Was die Sozialbonus angeht, gibt es sie auch hier in Hülle und Fülle, aber leider reichen sie nicht mehr aus. Die Struktur der Arbeit muss geändert werden, mehr Wert an Arbeit und weniger an Renditen, besonders Immobilien- und Landspekulation

  • nochasupergscheiter

    Hallo Andreas, bin wohl größtenteils deiner Meinung…. Leider scheint mir der Sessel in der Politik ein feines Platzerl zu sein, auf dem du dich gar einige Jahre ausruhen kannst, und wenn du es schaffst zwei drei legislaturen gewählt zu werden, du gut versorgt bis ins Alter bist….
    Daran poltik für die Menschen zu machen, daran denken wohl viele Gewählte nur an vierter Stelle…
    Zu der anderen Debatte muss ich sagen, daß ich dafür wäre mit dem Aufenthalt hier, gleich wie z.b in Amerika, die Pflicht hier eine Arbeit zu haben verknüpfen würde…
    Es heisst immer wir brauchen die Arbeitskräfte, aber man sieht ja wie gut man hier leben kann, wenn man nur ein minimum tut und auch auf die sozialleistungen verlässt…
    Bezeichnenderweise gibt es hier in südtirol keine Probleme wegen der Abschaffung des italienischen Bürgergeldes, bzw Leute die hektisch zurück gewechselt sind, weil in südtirol selbst noch weit mehr zu holen ist…
    Italien schafft es ab da nicht finanzierbar, und hier klagt man dass es noch zu wenig sei…
    Wir brauchen keine jungen Männer in parks die sich ihr Geld mit Dingen verdienen, die sie sich aus dem Hintern ziehen….
    Wenn jemand nicht arbeitet, ab dafür….
    Ich selbst bin der Meinung jeder arbeitsplatz hat mir tut getan, jedoch kann ich mich immer erinnern dass Leute aus gewissen fremden Kulturkreisen immer ein Problem waren, da sie sich nicht unterordnen konnten… Keiner Frau, oft keinem Vorarbeiter, eigentlich nur dem Chef wenn der stark genug war…
    Wenn aber im Hintergrund eine Frau war, die gewillt war sich anzupassen, und auch etwas zu sagen hatte, dann hat es komischerweise funktioniert.. Auch der Mann hat sich angepasst…
    Wie gesagt ich bin der Meinung statt den Bürger immer überall zu bevormunden, sollte sich die Politik eben auch auf solche Probleme konzentrieren, statt die grüne lach… Willkommenskultur zu zelebrieren

  • svea

    Ich frage mich zwar, wie ein junger Mensch, der in Genua aufgewachsen ist und das Trentino und Südtirol vermutlich nur aus kurzen Arbeits- und Studienerfahrungen kennt, im Stande ist, ein so detailliertes Urteil über die Südtiroler Politik abzugeben.
    Unabhängig davon, spiegelt die Darstellung ziemlich genau auch meine Sicht der Dinge wieder.
    Dabei möchte ich den Fokus bewusst auf die jungen Menschen in unserer Gesellschaft richten, denen von Seiten der Politik viel zu wenig Beachtung geschenkt wird.
    Sie haben ein gutes Gespür dafür, welche Dinge schieflaufen und wir als Gesellschaft täten gut daran ihre Kritik ernst zu nehmen.
    Es genügt nicht zu sagen: „Die Jungen sind unsere Zukunft“ und dann aber nichts dazu beizutragen, dass für sie die Zukunft in unserem Lande erstrebenswert erscheint.
    Die Bildungspolitik betreibt eine Nabelschau, die sich spätestens dann als Bumerang erweist, sobald junge Menschen andere Realitäten kennen lernen.
    Die Wirtschaft nutzt sie als billige Arbeitskräfte, solange sie noch in der Ausbildung sind, weil das Gesetz es erlaubt und wundert sich dann, wenn sie später ihrerseits Forderungen stellen oder überhaupt abwandern.

    All die Dinge, die Südtirol zu dem gemacht haben, was es heute ist, sollten überdacht werden, nicht weil sie schlecht waren, sondern weil jede Zeit andere Prioritäten verlangt und wer weiß, vielleicht wissen gerade die Jungen instinktiv, was für die Zukunft das Richtige ist.

    Die Erfahrung „der Alten“ und die Zukunftsvisionen der Jungen, ergeben gemeinsam vermutlich jene Mischung, mit der man auch größere Herausforderungen meistern kann.

    • cosifantutte

      Südtirol ist nicht nur für junge Menschen ein Käfig, sondern für den Grossteil der Bevölkerung – (Bauern/2 + Hoteliere + (Politiker*Politiker)).

      Der Käfig heisst ‚Autonomie‘, die Gitterstäbe sind die Landesbeiträge, verschiedene ‚Sonderwege‘, Landesjobs, das Stipendium zum Studieren und die tägliche Kolummne der ‚Dolomiten‘, welche die Illusion eines Paradieses vermitteln, l’isola che non c’e….. dove non ci son santi ne eroi, e dove non ci son ladri … e non c’e mai la guerra, e‘ forse l’isola che non c’e….. ma che razza di isola e’… ma la strada la trovi da te…

      https://www.youtube.com/watch?v=4SK1KN6ToNw

      Wo er recht hat der Genoveser, da hat er recht.

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