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„Weniger Dividende“

Gerhard Brandstätter

Die vom Ministerrat beschlossene Besteuerung der Übergewinne von Banken würde dem Staat geschätzt zwei bis drei Milliarden Euro einbringen. Gerhard Brandstätter, Präsident der Südtiroler Sparkasse, hält nichts von dem „Schnellschuss“.

Tageszeitung: Herr Brandstätter, der Ministerrat hat beschlossen, die Übergewinne der Banken aus dem Zinsgeschäft mit 40 Prozent zu besteuern. Kam diese Nachricht für Sie überraschend und was halten sie davon?

Gerhard Brandstätter: Ja, diese Nachricht kam überraschend. Grundsätzlich halte ich nicht sehr viel von solchen Notmaßnahmen im Finanz- und Wirtschaftssektor, da sie vielleicht gerechtfertigt, aber oft nicht zielführend sind. Die Maßnahme klingt zwar populistisch, ist sie aber nicht. Es besteht an die Banken die Aufforderung – sei es von der Nationalbank, sei es von der Europäischen Zentralbank – das Eigenvermögen, die Koeffizienten zu stärken, damit man risikofrei zu Gunsten des Marktes operiert. Eine Bank soll Rücklagen bilden, soll gerüstet sein für Notsituationen, soll intervenieren. Das erfolgt auch aus Rückstellungen des Gewinnes. Die Südtiroler Sparkasse hat als Regionalbank in den letzten acht Jahren annähernd 90 Millionen Euro an den Rettungsfonds bezahlt – immer zum Schutze des Marktes und der Sparer – um in Schieflage geratene Situationen mitzutragen und zu sanieren. Noch dazu stehen die Banken im Wettbewerb mit allen mitteleuropäischen Banken, wo es diese Maßnahme, die sicher im Ausland nicht sehr vertrauensbildend wirkt, nicht gibt. Das ist also auch eine Schwächung und ich möchte nicht, dass ausländische Banken Überhand in Italien bekommen. Das ist schon eine einschränkende Maßnahme, ohne dass man berücksichtigt, dass natürlich auch auf der Seite der Einlagen die Zinsen steigen.

Ziel des Beschlusses ist die Unterstützung einkommensschwacher Familien und Unternehmen, die von der Inflation und der Zinserhöhung stark betroffen sind. Halten Sie dies für gerechtfertigt?

Ich bin absolut dafür, dass in solchen Situationen Maßnahmen zur Unterstützung getroffen werden, aber die sollten sich im Haushalt ergeben. Es sollten nicht solche einseitigen Maßnahmen getroffen werden, die einen Sektor einseitig belasten und benachteiligen. Wir müssen jetzt schauen, ob dies nicht einige kleinere Banken und Territorialbanken in Schwierigkeiten bringt, denn damit wäre dem System nicht gedient.

Die Sparkasse hat zuletzt einen hohen Gewinn verzeichnet. Wie hoch wäre die Summe an Steuern, die durch die beschlossene Maßnahme an den Staat abgeführt werden müsste?

Da man die genauen Bestimmungen noch nicht kennt, ist eine exakte Berechnung nicht möglich. Es könnten aber – immer unter Vorbehalt – 30 Millionen Euro sein.

Wie viel Zinsen erhalten Kunden derzeit bei der Sparkasse auf ihrem Konto?

Bei einer Fixgeldanlage können sie 3,5 Prozent bekommen. Das Kontokorrent kann man zurzeit noch kaum bezinsen, weil die Banken mit diesem Geld, was jederzeit behoben werden kann, nicht rechnen können. Wenn eine Bank eine gesunde Kreditpolitik betreiben will und laut Aufsichtsbehörden auch muss, dann muss sie langfristiges Geld mit langfristigen Beschaffungsmitteln decken.

Die Maßnahme soll ausschließlich für das Jahr 2023 Gültigkeit haben. Befürchten Sie nicht eine zeitliche Verlängerung, da die Zinsen auf Kredite und auch die Inflation sicher vorerst hoch bleiben?

Ich befürchte gar nichts. Die Verantwortungsträger müssen sich Themen stellen, die zu einem gesunden Wirtschaftskreislauf beitragen. Da sind gerade die Territorialbanken eine wichtige Infrastruktur im Dienste der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Sparers. Man muss schauen, dass sie gesund erhalten bleiben, deshalb muss man sich überlegen, was man nach dem Schnellschuss jetzt macht.

Unmittelbar nach dieser Nachricht sind in der Folge bereits die Aktien einiger großer Banken schwer unter Druck geraten. Was befürchten Sie für die Sparkasse?

Wir sind nicht an der Börse, sondern in einem reglementierten Markt. Wir sind in diesem Jahr sehr solide und gesund und werden diesen Kurs weiterfahren. Aber sicherlich tragen solche Maßnahmen nicht zum Vertrauen der Aktionäre bei. Das Gesetz muss ja noch durch das Parlament, welches vielleicht schon kleine, aber andere Überlegungen anstellt, das ganze Paket auch korrigiert und somit markttauglich macht.

Wie wird sich die Gewinnabschöpfung auf den hiesigen Kreditmarkt auswirken, zumal die Maßnahme nicht bei Genossenschaftsbanken wie Raiffeisen greift? 

Es ist sicherlich auch ein Thema des freien Wettbewerbs und auch der Garantie, dass der Kunde überall zu den gleichen Bedingungen Zugang haben muss. Wie gesagt: Mitteleuropa kennt diese Maßnahme nicht. Wenn wir von den Genossenschaftsbanken ausgeschlossen sind, dann ist das sicher nicht eine marktgerechte Maßnahme. Im Gegenteil, denn eine ordentliche Bank sollte ja auch eine Gewinnbeteiligung in Form einer Dividende an die Aktionäre geben können, sonst wäre die Bank kein interessantes Investmentmodell mehr.

Hat die vorgesehene Besteuerung der Übergewinne Folgen für die Kalkulation der Sparkasse?

Es kann natürlich eine Auswirkung auf die Gewinnausschüttung haben, also dass die Aktionäre weniger Dividende bekommen.

Interview: Sandra Fresenius

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (9)

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  • vinsch

    Wer hat beschlossen, dass man auf einem normalen Konto keine Zinsen mehr erhält, sondern nur bei angelegtem Geld? Persönlich glaube ich immer noch nicht, dass es so eintreffen wird, wie Meloni hier groß verkündet, denn dann hätte es einen ganz anderen Aufschrei der Banken gegeben. Jetzt hat man die Wut der Bürger auf die Banken (wegen der hohen Zinssätze) ein wenig gedämpft und Meloni wird sogar gefeiert aber letztendlich die „Geschröpften“ bleiben wir kleine Bürger.

  • schwarzesschaf

    Keiine Zinsen auf den Konto aberbdafür die Kontoführungskosten erhöht von 8 auf 10 Euro. Naja nie genueg die Banken und dann bitte den nächsten Palast aufstellen

  • hallihallo

    Die Verantwortungsträger müssen sich Themen stellen, die zu einem gesunden Wirtschaftskreislauf beitragen.
    Wenn sie es nicht mitbekommen haben: sie wären so ein entscheidungsträger. aber die zinsen auf ausleihungen werden ja automatisch erhöht, während es auf einlagen gar nichts gibt. und erst dadurch ergeben sich diese übergewinne. familien und kleinunternehmen werden halt wie immer zur kasse gebeten.

  • pingoballino1955

    Dr. Bandstädter,dass sie davon nichts halten,war von vornherein klar. Ihre Erklärung dazu,weniger!

  • klum

    Was der Herr Brandstätter dazu meint ist natürlich klar.
    Richtiger wäre es wohl gewesen die Banken dazu zu verdonnern, noch einmal nachzurechnen und zu gleichen Teilen den Sparern und Kreditnehmern mit beispielsweise je xy% entgegen zu kommen.

  • gerhard

    Die Banken haben die Coronakrise schamlos ausgenutzt und Kredite an finanziell in Not geraten Unternehmen und Privatleute zu horrenden Zinsen verliehen.
    Gleichzeitig haben sie aber den Sparern die Zinsen für ihr gespartes Geld verweigert.
    Denn nur durch eine große Differenz zwischen gezahlten Zinsen an Einleger und deutlich höheren erwirtschafteten Zinsen an Kreditnehmer lässt sich der horrende Gewinn der Sparkassen erklären.
    Das ist das gute Recht der Banken und wird durch die Marktwirtschaft geregelt.
    Wenn aber nun eine Gewinnabschöpfung kommt, so finde ich das völlig in Ordnung.
    Dann fließt das Geld wieder in Form von Steuern der Allgemeinheit zu.

  • tirolersepp

    Wo soll Meloni Milliarden für die Schulden auftreiben – der kleine Mann blutet bald aus !!!

    Höchste Steuern in Europa, höchste Benzinpreise und kein Ende in Sicht!!!

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