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„Zurück in die Steinzeit“


Alessandro Urzì findet es unangebracht, dass sich die SVP für Laborfleisch einsetzt. Julia Unterberger kontert: „Den Fratello plagt eine Verfolgungswut mir gegenüber.“

von Matthias Kofler

Die Senatoren der Autonomiegruppe Julia Unterberger, Luigi Spagnolli und Pietro Patton haben kürzlich die Laboratorien von Brunocell, einem Start-up-Unternehmen in Trient, besucht. In diesem wird unter der Leitung der Trentiner Universitätsprofessoren Stefano Biressi und Luciano Conti an der Entwicklung von Laborfleisch gearbeitet. Hintergrund des Besuchs ist ein Gesetzentwurf der Regierung Meloni zum Verbot von Laborfleisch, der im Landwirtschaftsausschuss des Senats zur Behandlung ansteht. „Dies, obwohl Laborfleisch eine gute Alternative zu herkömmlichem Fleisch sein kann, insbesondere zu Fleisch aus Massentierhaltung“, sind die SVP-Senatoren überzeugt. Fleisch könne ohne die hohen Umweltkosten, auf kleinen Flächen und mit geringerem Ressourcenverbrauch produziert werden. Dies könnte mithelfen, den weltweiten Fleischbedarf von 8 Milliarden Einwohnern zu decken.

Im Jahr 2022 importierte allein Italien 820.000 lebende Rinder und 325.000 Tonnen frisches und gefrorenes Fleisch. „Und vor allem könnte das enorme Leiden der Tiere in der Massentierhaltung und beim Transport ein Ende haben“, so die Senatoren.

Mit dem Laborbesuch von Unterberger und Co. gar nicht einverstanden ist Alessandro Urzì, Kammerabgeordneter der Meloni-Partei Fratelli d’Italia. „An einem Tisch sitzend, lächelnd, als ob sie auf ein schönes Fiorentina-Steak warten würden: Die linken Senatoren geben ein dekadentes Bild ab“, wettert der Ex-Landtagsabgeordnete. Es sei eine Sache, auf die Umwelt zu achten, aber eine ganz andere, Lebensmittel und Lebensstile zu fördern, die weit von den hiesigen Traditionen entfernt seien. „Wir wollen unser Fleisch und alle hervorragenden Lebensmittel und Weine, die der ,Bel Paese‘ zu bieten hat, verteidigen und schützen. Wir wollen nicht, dass all das, was Generationen von Italienern begleitet und uns in der ganzen Welt berühmt gemacht hat, von unseren Tischen verschwindet“, so Urzì.

Julia Unterberger reagiert belustigt auf diese Verbalattacke: „Der in Venetien gewählte Abgeordnete Urzì sollte von dieser regelrechten Verfolgungswut mir gegenüber befreit werden“, stänkert die Vorsitzende der Autonomiegruppe. Der Fratello nehme den Besuch in einem Forschungszentrum als Vorwand für einen weiteren Angriff. Stattdessen sollte auch er dieses Zentrum besuchen. „Mehr Kontakt zu einem Umfeld, in dem Wissen und freies Denken gefördert werden, würde ihn in vielerlei Hinsicht aufklären. Er würde dann feststellen, dass uns sein ,Alles muss so bleiben, wie es ist‘ in der Steinzeit halten würde“, meint Unterberger und erklärt sich deshalb bereit, Urzì beim nächsten Laborbesuch mitzunehmen.

Auch Luigi Spagnolli nimmt zu den Aussagen des FdI-Manns Stellung: „Das Lustigste an seinen Äußerungen ist, dass er damit ein Forschungszentrum angreift, das mit der Universität von Trient verbunden ist und unter anderem von der Mitte-Rechts-geführten Provinz finanziert wird. Die akademische und studentische Gemeinschaft in Trient wird darüber sehr glücklich sein, insbesondere nachdem die Regierung den Änderungsantrag gegen die hohen Mieten zurückgezogen hat.“ Die Intensivtierhaltung sei die schlimmste Form der Umweltverschmutzung und zerstöre das natürliche Gleichgewicht. Aber offenbar sei es zu viel verlangt, dieses Fachwissen von Urzì vorauszusetzen, sagt Spagnolli.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • na12

    Laborfleisch…so ein Quatsch. Auf vegane/ vegetarische Ernährung weitgehend umzustellen und 1mal die Woche Fleisch zu essen wäre besser…

  • sukram

    FDI haben Angst sich der Realität zu stellen. Ich brauche kein Fleisch aber ohne eine Umstellung auf Laborfleisch wird sich die Erdbevölkerung langfristig nicht ernähren lassen. Es wird keine Abkehr von der Erdüberlastung möglich sein, welche für den Fortbestand unserer Gesellschaft zwingend notwendig ist.
    Daher kann man sich gegen Laborfleisch sträuben oder sich darauf fokussieren. Wenn Italien eh schon in der ganzen AI und Chiptechnologie keine Chance hat, wäre dies eine Megachance für das Land. Schließlich hat es nirgends so einen guten Ruf wie beim Geschmack für Lebensmittel.

  • dn

    Vegetarier beweisen, dass es Fleisch nicht unbedingt braucht.

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