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„Angebot wird geschätzt“

Vor zehn Jahren ist das Familienfördergesetz in Südtirol in Kraft getreten. Was sich seit 2013 für Südtirols Familien getan hat und wo noch nachgebessert werden muss. 

von Sandra Fresenius

Damals war nicht die Frage der Finanzierung das große Thema, sondern die ideologisch gefärbte Diskussion der Kleinkindbetreuung, erinnert sich der Alt-Landesrat Richard Theiner. „Am Anfang war das Thema Familie nur eines am Rande und es bedurfte viel Überzeugungsarbeit, dieses in den Mittelpunkt zu rücken und aktiv zu gestalten“, erinnert sich der ehemalige Landesrat für Familie. Schlussendlich sei es aber gelungen, das Familienfördergesetz, welches nach wie vor Grundlage der Familienpolitik in Südtirol ist, auf den Weg zu bringen.

Mit dem Landesgesetz Nr. 8 aus dem Jahr 2013 hat die Familienpolitik in Südtirol ihren rechtlichen Rahmen für verschiedene Initiativen und Maßnahmen erhalten. Anhand eines 3-Säulen-Modells werden seitdem Unterstützungsleistungen und Rahmenbedingungen für Familien gestaltet. Der im gleichen Jahr eingesetzte Familienbeirat, in dem sich Interessenvertretungen von Familien, Dienststellen von Familien, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände, Land und Gemeinden einbringen, agiert als Beratungsorgan. Außerdem wurde die Einrichtung eines Familienressorts und der Familienagentur durch das Gesetz auf den Weg gebracht. „2021 wurde der erste Familienförderplan vorgestellt, mit dem sich Südtirol zu einem Familienland entwickeln soll“, so Landesrätin Waltraud Deeg.

Die erste Säule der Familienpolitik ist der Stärkung der Familien gewidmet: Neben Eltern- und Familienbildung, Elternbriefen, dem Willkommen-Babypaket und dem Bookstart-Paket wird hier ein Schwerpunkt auf die Familienberatung und Vernetzung gelegt. Dafür wurden im vergangenen Jahr etwa 60 Familienorganisationen von der Familienagentur mit 8,3 Millionen Euro finanziell unterstützt.

Die insgesamt 24 Eltern-Kind-Zentren (Elki) nehmen dabei neben weiteren Anlaufstellen eine wichtige Rolle ein. Man setze auf bewährte und neue Angebote für die Familien, meint ELKI-Netzwerk-Präsidentin Sandra Moszner: „Wichtig ist, dass man sensibel ist für die sich wandelnden Bedürfnisse“.

Die zweite Säule betrifft die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Entscheidenden Einfluss auf den Familienalltag hat die Berufstätigkeit der Eltern, die eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch öffentliche Unterstützung einfordern. Land und Gemeinden sind dieser Forderung nachgekommen, indem vor allem die Anzahl der Kitas von 62 im Jahr 2014 auf 108 im Jahr 2022 erhöht wurde. Auch die Anzahl der Tagesmütter ist in diesem Zeitraum von 190 auf 226 gewachsen, die Zahl der Horte ist demgegenüber nahezu unverändert geblieben. „Der Dienst der Kleinkindbetreuung ist stark gewachsen und das Angebot wird von den Familien sehr geschätzt“, sagt Miriam Leopizzi, Direktorin der Sozialgenossenschaft „CasaBimbo Tagesmutter“.

Carmen Plaseller von der Familienagentur ergänzt, dass inzwischen 4.000 Kleinkinder Platz in einer Betreuungseinrichtung finden, somit ist der Betreuungsindex von 18,2 Prozent im Jahr 2010 auf 31 Prozent gestiegen. „Für die Vereinbarkeit werden nicht nur familienfreundliche Gemeinden und Arbeitgeber regelmäßig ausgezeichnet, es braucht vor allem das Angebot für eine verlässliche Kinderbetreuung auch in den Sommermonaten“, so Plaseller. Hier sehen sich die Sozialgenossenschaften jedoch immer wieder mit der Personalproblematik konfrontiert. Aus diesem Grund werden inzwischen Schulungen für all jene angeboten, die interessiert sind und ihre Arbeitskraft in diesem Bereich einbringen möchten.

Abgesehen von den indirekten Unterstützungen sind für viele Familien auch die finanziellen Leistungen ein wesentlicher Beitrag – die 3. Säule der Familienpolitik. 2022 wurden fast 72 Millionen Euro als reguläre Leistungen vor allem in Form des Landesfamiliengelds und des Landeskindergelds ausgezahlt. Dazu kommen weitere 41,5 Millionen Euro als Einmalzahlungen, beispielsweise in Form des Kinder- oder Entlastungsbonus. Die Patronate unterstützen die Familien bei der Beantragung der Familiengelder. „Die Bedürfnisse der Bürger sind immer noch dieselben. Wir sind Ansprechpartner für soziale und vorsorgliche Themen“, erklärt Elisabeth Scherlin, Direktorin des KVW Patronats. Trotz zusätzlicher Informationskampagnen bestehe allerdings weiterhin die Schwierigkeit, alle Bürger zu erreichen.

Das Familienfördergesetz biete den Rahmen dafür, Familien in ihrer Vielfalt zu fördern, unterstreicht Landesrätin Waltraud Deeg, es gebe aber weiterhin viele Herausforderungen. „Es braucht nicht immer mehr Ressourcen, es muss stattdessen besser organisiert und vernetzt werden“, meint die Landesrätin. Stärkere Dienstleistungsorientierung und bessere Bezahlung der Mitarbeiter sind die Bereiche, in denen nachgebessert werden müsse. „Wir müssen unbedingt das österreichische Lohnniveau im Sozial- und Gesundheitsbereich erreichen“, sagt auch Alt-Landesrat Richard Theiner.

Die Landesrätin sieht zudem eine künftige Verschiebung in der Vereinbarkeitsfrage bei der Pflege und Betreuung älterer Familienmitglieder. „Hier wird man immer stärker gefordert sein“, unterstreicht Waltraud Deeg.

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