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„Medizinische Qualität steigt“

Klaus Eisendle (Foto: Claudiana)

Um dem Ärztemangel Einhalt zu bieten, will man in Südtirol eine Medizin-Uni einrichten. Claudiana-Präsident Klaus Eisendle erklärt, was eine medizinische Fakultät Südtirol bringt. Und: Wie weit die Pläne bereits gediehen sind.

Tageszeitung: Herr Eisendle, kürzlich haben sich führende Vertreter der Landesverwaltung, der Universität Cattolica, der Claudiana und des Sanitätsbetriebes getroffen, um wichtige Weichen für ein Medizinstudium in Bozen zu stellen. Bekommt Südtirol endlich eine medizinische Fakultät?

Klaus Eisendle (Präsident der Landesfachhochschule für Gesund-heitsberufe Claudiana in Bozen): Ganz sicher ist es noch nicht, aber es sieht gut aus. Vor sechs Jahren wurde zum ersten Mal die Cattolica kontaktiert, die auch sehr interessiert an dieser Zusammenarbeit war. Derzeit arbeiten die Arbeitsgruppen fleißig, aber es sind noch nicht alle Details geklärt.

Die Idee einer medizinischen Fakultät in Südtirol ist an sich nicht neu. Warum hat man es bis jetzt nicht geschafft, einen Studiengang zu starten?

Mein Gedanke war, eine Fakultät gemeinsam mit der Cattolica einzurichten, weil wir mit ihnen schon sehr viele Kurse organisieren und sie sehr flexibel sind. Außerdem verfügt die Cattolica über gute Kontakte im Ministerium. Natürlich hat man jetzt auch gesehen, wie dringend wir eine eigene Fakultät brauchen: für den Ärztemangel und den Pflegemangel. Das Wichtige aber ist die Facharztausbildung: Diese war eine Weile blockiert, weil es Probleme zwischen Österreich und Italien mit der Titelanerkennung gab, wenn die Facharztausbildung in Italien gemacht wurde. Diese Probleme sind zwar beigelegt worden, aber wenn wir eine eigene medizinische Fakultät haben, dann dürfen wir von Bozen aus die Facharzttitel vergeben und sind komplett unabhängig.

Derzeit arbeitet man an der Akkreditierung seitens des zuständigen Ministeriums. Kann die Claudiana diese Bedingungen erfüllen?

Der Studiengang existiert bereits in Rom auf Englisch und würde so in Bozen übernommen werden – er müsste also nicht ganz neu akkreditiert werden. Es muss nur festgestellt werden, dass wir die Auflagen erfüllen, die es in Rom schon seit etwa fünf Jahren gibt. Dieser Studiengang würde dann auch bei uns angeboten werden – mit einem neuen Curriculum, welches bereits akkreditiert ist. Wir brauchen aber genug Hörsäle und Studentenheimplätze. Die Pläne hierfür sind schon fertig und auch die Finanzierung für ein neues Studentenheim auf dem Campus sowie für ein zweites Gebäude mit Hörsälen und Laboratorien steht schon.

Warum braucht es einen Medizinstudiengang in Südtirol?

Das bringt mehrere Vorteile: erstens kommen gut ausgebildete Südtiroler wieder zurück, wenn sie die Möglichkeit haben, hier an der Universität zu arbeiten. Der nächste wichtige Punkt ist die Facharztausbildung. Auch der Ärzte- und Fachärztemangel kann bekämpft werden und die medizinische Qualität steigt. Wir werden immer älter und brauchen mehr medizinische Versorgung und dafür braucht es Expertenzentren – auch in Südtirol – denn es kostet ja sonst viel zu viel, wenn wir die Leute alle wegschicken müssten, die komplexere Krankheiten haben.

Wie könnte eine Medizin-Uni in Bozen aussehen?

Das ist alles schon geplant: die Lehrabteilungen sind die Krankenhäuser und die Praktika sind alle im Krankenhaus zu machen. Die theoretischen Fächer werden am Anfang sicher von Professoren aus Rom oder Mailand, von der Uni Bozen oder von der Eurac übernommen, weil das keine medizinischen Fächer sind – die ersten zwei Jahre wären ja Vorklinik. Erst ab dem dritten Jahr wird es dann losgehen, dann sollen sämtliche Professoren aus Bozen bzw. aus ganz Südtirol kommen – es ist für die Akkreditierung wichtig, dass eine Mindestzahl an habilitierten Professoren an eine Universität gebunden ist.

Wird ein Medizinstudiengang in Bozen Zulassungsbeschränkungen aufweisen?

Es wird eine Aufnahmeprüfung geben, gleich wie in Italien. Aber die maximal 60 Plätze bekommen wir sicher voll. Vielleicht werden wir am Anfang mit 40 Studierenden starten und uns dann langsam steigern, aber die Cattolica möchte schon 60 Plätze haben, weil es sich dann ungefähr finanziell rentiert.

Für Südtiroler Studenten wird die Kosten von 15.000 Euro pro Jahr das Land übernehmen, sie müssen sich aber verpflichten, danach für vier oder fünf Jahre in Südtirol zu arbeiten.

Liegt es nicht auch an den Rahmenbedingungen nach dem Studium, dass viele Absolventen eines Medizinstudiums im Ausland eine Anstellung suchen?

Ja, teilweise. Es werden ja nicht alle Fachärzte hier angeboten und die Ausbildungsstellen sind auch viel begrenzter als an anderen Universitäten. Wenn jemand in Österreich oder Deutschland seinen Facharzt macht, dann dauert das viele Jahre, und es wird dann schon schwieriger zurückzukommen, weil man oft auch schon eine Familie hat. Und wenn man keine Wohnungen in Südtirol hat, dann wird es noch einmal viel schwieriger, weil die Wohnungspreise ja exorbitant sind. Die Bezahlung ist im Ausland nicht ungemein besser, aber wenn man die Lebenshaltungskosten mit berücksichtigt, dann ist es sicher vom finanziellen her im Ausland interessanter als bei uns. Aber es gibt ja eine Work-Life-Balance und wir haben eine sehr schöne Umwelt und viel für die Lebensqualität zu bieten.

Interview: Sandra Fresenius

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (27)

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  • steve

    Ob es sich denn lohnt, für 60 Studierende einen solchen Aufwand zu treiben?
    Billig wird das sicher nicht und wenn der Studiengang auf Englisch ist werden wohl kaum Südtiroler darunter sein.

    Die Wartelisten werden vorerst sicher nicht kürzer, eher länger, denn der Arzt muss sich ja um die Studenten kümmern.

    Der Name der neuen Fakultät steht schon mal fest: die Klaus Eisendle Faculty of Medicine!
    Welch schönes Denkmal!

    • heracleummantegazziani

      Jetzt beklagt ein Teil der Bevölkerung seit Jahren den „Pflegenotstand“ und die langen Wartezeiten und wenn man konkret dagegen etwas unternehmen will, kommt die Frage, ob es sich lohnt? Verzeihung, aber das ist wieder typisch Südtirolerisch.
      Klaus Eisendle ist übrigens nicht der Typ, der sich ein Denkmal setzen will.

      • rumer

        Südtirol hat aktiv die Pfleger reduziert, indem die Claudiana als Ausbildungsstätte dazukam. Früher reichten 2 Jahre Oberschule und die Krankenpflegerausbildung, heute muss es Matura und Claudiana sein…..um den Leuten den Popo zu wischen. Kein Wunder, dass es zu wenig Pfleger gibt.
        Die Claudiana jetzt als Uni ausbauen wäre der nächste Schuss in den Ofen,
        Innsbruck als unsere Landesuni ist sehr gut….mit dem Nachteil, dass die Leute das Bessere kennenlernen und manche dann dort bleiben.
        Los von Rom, und das Problem, sowie viele andere, wären behoben,

        • heracleummantegazziani

          Ich bin zwar mit Ihnen einverstanden, dass die Umwandlung der Pflegedienste in ein akademisches Studium übertrieben war, aber eine Ausbildung zum Arzt zu ermöglichen, wäre kein Schuss in den Ofen. Das würde auch jenen die Möglichkeit geben, die sich ein Studium im Ausland nicht leisten können. Dieses dumme Gerede von der „Landesuniversität“ und der damit einhergehenden Weigerung in Bozen eine Uni aufzubauen, hat schon in den Siebzigern und Achtzigern vielen Südtirolern die Möglichkeit genommen ein akademisches Studium aufzunehmen.
          Ob ein Medizinstiudium in IBK besser wäre als in BZ können Sie jetzt nicht wissen. Typische STFler Schaumschlägeraussage. Ihr seid ein lächerlicher Haufen!

          • rumer

            @hera
            du hast nicht studiert, sonst wüsstest du, dass sich jeder in Südtirol ein Studium leisten konnte, das es ausreichend Stipendium gab und gibt.
            Studieren ausserhalb Südtirols ist gut, dann sehen unsere Jugendlichen mal etwas anderes, ansonsten bleiben sie gleich doof wie ein Riesen-Bärenklau.

          • summer1

            Ach rumer
            Wie gut, dass der Sven auch nicht studiert hat, dennoch in IBK lebt und – um deinen Fachausdruck zu verwenden – gleich doof geblieben ist, trotz angebliches Ausland.
            Wer sein Studium dort betreibt, wo man nach drei Wochentagen in der Unistadt ohnehin wieder heimkehrt, mag auch gleich in Südtirol studieren, denn der von dir beschriebene Aspekt bleibt also völlig gleich, wenn er wirklich so stimmen würde. Denn für 3 Tage in der Woche kann Hotel Mamma weiterhin alles bieten: Essen mitgeben bis Wäsche waschen.
            Also schon mal kein Argument gegen eine Medizin-Fakultät in Bozen.

          • rumer

            @summer
            die Qualität der Studiengänge an den verschiedenen Unis wird laufend gemonitored. Uni BZ kannst du gegenüber der Uni Innsbruck von der Qualität her komplett vergessen. Eine MedizinUni aufbauen und Qualität herstellen schaffen die Südtiroler sowieso nicht, das bleibt immer nur ein Gemurkse.
            Eine Medizin-Uni in Bozen würde die Qualität unserer Ärzte noch weiter in den Keller bringen.

          • summer1

            rumer
            Ich geh von deinem Bildungsniveau aus (doof bleiben), dann weiß ich schon, welche Qualität die Uni IBK bietet.
            Glaub nur nicht, ich würde das Niveau der Uni BZ nicht kennen. Ich würde mich jetzt schwer tun zu sagen, welche weniger Niveau hat.

          • rumer

            @summer
            Wir haben mit Innsbruck eine gute Medizin-Universität, nutzen wir sie, anstatt in Bozen einen Murks aufzubauen.
            du scheinst mich nicht zu kennen…mein Bildungsniveau ist weder an der Uni Innsbruck noch sonstwo im Umkreis von 200km erreichbar.

          • summer1

            Rumer
            Doch doch, ich weiß um München.
            Deine politischen Scheuklappen streben aber nach Innsbruck, wobei die dortige Medizin-Uni bis heute keine fixen Studienplätze für Südtiroler eingerichtet hat, weil sie in Tirol längst auf Südtirol pfeifen.
            So sieht es aus mit dem von euch vorgegaukelten Vaterland. Stiefvaterland würde es besser auf den Punkt bringen.

          • rumer

            @summer
            Wir brauchen gute Ärzte, die kriegen wir nicht nur von Innsbruck. Wir brauchen keine Schmalspur-Ärzte aus einer Möchtegern-Uni. Aber gute Ärzte bleiben eh nicht in Südtirol, nachdem die EsseVuPi die Sanität auf afrikanisches Niveau heruntergefahren hat.

        • meintag

          Um den „Leuten“ den Popo zu wischen gibt es seit Jahren bereits seit einigen Dekaden die Hilfskrankenpfleger. Früher OTA, danach die OSS. Diese haben eine kürzere Ausbildungszeit. Dass die Claudiana Ausbildung auch für angehende Ärzte anbieten will ist bei dem derzeitigen Ärztemangel doch gut. Bezüglich Sprache ist es doch so, dass es jedem Maturaabgänger beim Abschluss klar ist welche weitere Laufbahn Er/Sie weitermacht.

        • heracleummantegazziani

          @rumer – Sind sind und bleiben ein geistiger Flatliner. Studieren kann man auch in Italien, nicht nur in IBK. Wussten Sie das gar nicht? Und nein, nicht jeder Südtiroler konnte es sich leisten im Ausland zu studieren, Stipendium oder nicht. Sie haben offenbar überhaupt keine Ahnung von der Sache. Haben Sie ihren Studientitel als Physiker im Kinder-Ei gefunden? Ihr Schmus von der Landesuniversität ist doch nur politischer Schwachsinn.

    • steve

      @hera Pflegekräfte werden, meines Wissens, doch bereits von der Claudiana ausgebildet oder ?!

      Ich frage mich halt, ob es wirklich so viele Ärzte gibt, die mit Zusatzaufgaben, wie Forschung und Lehre beauftragt werden möchten und wie sich das dann auf die Wartezeiten auswirkt.
      Sicher hat die Abteilung von Herrn Eisendle die Wartezeiten bereits soweit abgebaut, dass sie in der Lage ist auch seltene Krankheiten zu behandeln.

      Wenn ich zu den pro Argumenten, ein paar contra Argumente anführe, ist das nicht weiter schlimm oder Hera?!

  • seta

    Das Knochenstudium wird dann am Südtiroler Hühnchen – , Schaf- und Ziegenskelett gemacht, die ersten Leichen, die sich der Forschung zur Verfügung stellen, können schon Mal in Formalin eingelegt werden, damit der Sezierkurs auch pünktlich starten kann, die Stadtbibliothek kauft die nötige Literatur über eBay ein, Mikroskope und die restliche labordiagnostische Ausrüstung für Bio, Chemie, Biochemie usw. spendet die katholische Kirche und die qualifizierten Dozenten stehen eh schon Schlange, um ihr Wissen (in englischer Sprache?) weiter zu geben!

    • summer1

      Seta
      Die Labore stehen bereits an den Krankenhäusern und am NOI Tec-Park und der EURAC bereit, Bücher kann man auch über Amzon bestellen, die Leichen zur Sezierung stehen offenbar an anderen Unis massenweise zur Verfügung, sodass sie nicht alle annehmen können, die sich der Wissenschaft anheimgestellt haben und es gibt glatt Götter in Weiß, die auf eine Professur Schlange stehen. Englisch können anscheinend unsere Maturanten sogar besser als Italienisch, was ja sehr oft ein Aufnahmehindernis oder ein Abbruchgrund an der Claudiana ist, weil die Maturanten zu wenig Italienisch beherrschen.
      Was Sie hier also schreiben, ist eines Arztes nicht würdig, der Sie ganz offenbar sind.

    • steve

      Wenns schon so katholisch zugeht, warum nicht gleich Latein als Unterrichtssprache?
      Die Facultatis medicinae nicholausis eisendlensis

      🙂

  • eiersock

    Für ein Land mit 530.000 Einwohner? €uros haben wir ja mehr als genug! wachsen bei uns ja auf den Bäumen!

  • cosifantutte

    Wie so oft bei Göttern in Weiss, sind die im Artikel widergegebenen Ansichten bar jeglicher ökonomischer Realität und vermitteln eher den Eindruck von Denkmalsetzung. In einem stark politisch kontrollierten Umfeld wie Südtirol besteht zudem das Risiko einer verstärkten intellektuellen und professionellen Erstarrung aufgrund kontingentierter Austauschflüsse („politisch betreute Personalauslese“). Man sieht das am Festklammern der Uni Bozen am Konzept Dreisprachigkeit. Auch der Rektor, ein Physiker und E-Techniker, kann davon nicht mehr loslassen.

  • dn

    Zuerst schreien, dass Ärzte fehlen, dann schreien, wenn dagegen etwas unternommen wird. Fahlts?

    • steve

      Viele Wege führen nach Rom.
      Konventionen mit ausländischen Unis, mit zeitlicher Verpflichtung für den der den Platz erhält sind da wohl weitaus effektiver!

      • heracleummantegazziani

        Konkret: Weshalb wehren Sie sich so vehement gegen dieses Vorhaben, das ist direkt auffällig.
        Seit Jahren wird behauptet, dass Jungärzte, die im Ausland studiert haben nicht mehr nach Südtirol zurückkehren und damit ein fachliches Braindrain verursacht wird und dann immer noch gegen Lösungen sein ist zumindest eigenartig.

        • steve

          Weil diese Lösung viele Probleme schafft. Wir gehen von einer Situation aus in der die Wartelisten extrem lang sind und die Grunversorgung nicht gesichert ist.
          Jetzt geht ein Eisendle her und sagt, wir machen jetzt Lehre und Forschung und behandeln auch noch seltene Krankheiten.

          Die unmittelbare Konsequenz ist die zwei Klassenmedizin in der private die Grundversorgung übernehmen und ein Eisendle seinen Hobbys nachgeht!
          Vielleicht sollten zuerst die Hausaufgaben gemacht werden bevor man an Zusatzaufgaben denkt!

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