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„Keine allgemeine Legalisierung“

Die Legalisierung von Cannabis ist schon seit Jahren ein heißes Eisen in Italien. Aufgrund der jüngsten Ereignisse in Deutschland wurde die Diskussion erneut entfacht. Wie die aktuelle Regierung zum Thema steht.

von Stefanie Putzer

Die Legalisierung von Cannabis war schon seit Längerem ein Diskussionsthema in Italien. Dass die deutsche Bundesregierung nun eine teilweise Legalisierung und Entkriminalisierung der Droge auf den Weg bringen konnte, tut der Hitzigkeit der Debatte keinen Abbruch. Laut Angaben des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach sollen Kauf und Besitz der Droge sowie der Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen unter starker Reglementierung erlaubt sein. Diese Beschlüsse haben für viel Aufsehen gesorgt, weshalb sich nun die Frage stellt, ob sie auch Einfluss auf die italienische Regierung genommen haben, da auch dort Cannabis seit Langem ein heißes Eisen ist.

Blickt man in die Vergangenheit Italiens zurück, wird einem jedoch bewusst, dass Italien in den 1940er nach der Sowjetunion als zweitgrößter Produzent von industriellem Cannabis der Welt galt. Laut Angaben des nationalen Bauernverbandes Coldiretti wurden damals fast 100.000 Hektar Ackerland in Italien für die Cannabisproduktion eingesetzt. Dies fand mit dem Wirtschaftsboom der 1950er und 1960er Jahre ein jähes Ende, als synthetische Fasern auf den Markt kamen, was zur Folge hatte, dass die internationale Kampagne gegen Betäubungsmittel intensiviert wurde.

Erst in den letzten Jahren erlebte die Hanfproduktion für medizinische und industrielle Zwecke in Italien wieder einen Aufschwung. 2016 wurde die industrielle Hanfproduktion legalisiert, weshalb Hunderte von neuen Unternehmen mit dem Anbau von Cannabis begonnen haben. Einen weiteren wichtigen Meilenstein legte das Kassationsgericht im Jahr 2020, als es entschied, dass der Anbau von minimalen Cannabismengen für den Eigengebrauch erlaubt sei. Dieses Urteil sorgte für viel Aufsehen, da bis zu diesem Zeitpunkt der Anbau für den Eigengebrauch noch als strafbar eingestuft wurde. „Diese Kehrtwende begründeten das Kassationsgericht damit, dass der Anbau minimaler Mengen für den Eigenbedarf unerlässlich ist,“ unterstreicht die SVP-Kammerabgeordnete Renate Gebhard, „Diese Entscheidung wurde vom Gericht gefällt, wodurch die Justiz die Arbeit der Gesetzgeber übernommen hat, während dieser untätig blieb. Ein Umstand, der in Italien oft vorkommt.“

Im Herbst 2021 wollte die italienische Bevölkerung dann einen weiteren Schritt in Richtung Legalisierung wagen. Damals wurden rund 600.000 Unterschriften für ein Referendum zur Legalisierung des Cannabis-Anbaus gesammelt, wobei die Initiatoren innerhalb einer Woche genügend Stimmen für eine Abhaltung des Referendums hatten, weshalb viele mit einer Volksbefragung im darauffolgenden Frühjahr rechneten. Trotz der hohen Anzahl von Stimmen wurde das Referendum jedoch im Februar 2022 vom Verfassungsgericht abgelehnt. Grund dafür war, dass es im Referendum nicht nur um Cannabis, sondern auch um andere Drogen wie Kokain ging. Das Volksgericht schlussfolgerte daraus, dass wenn die Volksbefragung erfolgreich gewesen wäre, sie die internationalen Pflichten Italiens im Kampf gegen die Rauschgiftkriminalität verletzt hätte, weshalb die Italiener nicht mehr über die Legalisierung abstimmen durften.

Demnach bleibt es fraglich, ob in naher Zukunft doch noch weitere Schritte in Richtung Legalisierung unternommen werden. „In der letzten Legislaturperiode wurde ein Entwurf bezüglich der Legalisierung kleiner Mengen im zuständigen Gesetzgebungsausschuss behandelt. Dies wurde jedoch nicht weiter verfolgt, da es in der Zwischenzeit zu einer Regierungskrise gekommen ist. Im Moment steht somit nichts auf der Tagesordnung“, meint Gebhard, „Ich denke, dass die aktuelle Regierung solchen Themen nicht offen gegenüber steht, weshalb sie das Thema nicht aus eigener Kraft vorantreiben wird, weshalb ich davon ausgehe, dass es unter dieser Regierung nicht so schnell zu einer Neuauflage kommen wird.“

Somit ist die allgemeine Legalisierung nach wie vor ein umstrittenes Thema, bei welchem für Renate Gebhard jedoch die Nachteile überwiegen. Ein Beispiel hierfür sind die Vereinten Nationen, da diese vor der Legalisierung und dem Hanf-Konsum warnen, wobei sie besonders auf die stark belasteten Gesundheitssysteme eingehen. Unter anderem geht aus ihrem Bericht hervor, dass 30 Prozent der Drogentherapien auf den Konsum von Cannabis zurückzuführen sind. Zahlen, die den Verdacht, dass Cannabis eine Einstiegsdroge für stärkere Drogen ist, unterstreichen.

Des Weiteren führt laut den Vereinten Nationen die regelmäßige Einnahme zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie auch zu einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen. „Dies sind Folgen, die das Gesundheitssystem stark fordern. Da dieses jedoch schon kurz vor dem Kollaps steht, muss man dem entgegenhalten, statt für zusätzliche Belastung zu sorgen“, betont Gebhard, „Aus diesem Grund bin ich gegen eine allgemeine Legalisierung, da die gesundheitlichen Risiken zu hoch sind, weshalb ich mich ausschließlich für die Legalisierung von Cannabis für rein medizinische Zwecke einsetze. Ein Bereich in welchem noch sehr viel getan werden muss.“

Gleichzeitig sollte laut Gebhard auch nicht die Botschaft vergessen werden, welche durch eine allgemeine Legalisierung den Jugendlichen übermittelt wird. „Durch die Legalität wird der Jugend vermittelt, dass Drogenkonsum nicht so schlimm ist, wobei ich darauf verweisen möchte, dass manche ein Problem mit Alkohol haben,“ merkt Gebhard an, „Weshalb es für mich wichtig wäre, die Jugend- und Streetworker-Arbeit zu stärken, um daran zu arbeiten, dass die Jugendlichen nicht mehr ,Kiffen um zu Chillen’.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (1)

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  • meintag

    Das Thema synthetische Fasern in den 50ger und 60ger Jahren ist ein immer wieder gemachtes Thema welches nicht stimmt. Wahr ist dass sich die USA die Hilfe welche für die Nachkriegszeit gemacht wurde mit Importen ihrer Baumwolle bezahlen geltend machten.

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