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Die Audience

„Mon crime“. Wer ist die Mörderin? Nadia Tereszkiewicz, Isabelle Huppert, Rebecca Marder

In „Mon Crime“ von François Ozon sitzen eher Frauen mit grauen Haaren. Zu „Feminism WTF“ wird auch ein jüngeres Publikum kommen. 

von Renate Mumelter

Ozon

Warum in Ozons Film ein eher älteres Publikum anzutreffen ist, ist rasch erklärt. Der Film erzählt zwar einen brisanten Inhalt, der ist aber glatt und freundlich verpackt. 

Es geht um den Mord an einem Filmproduzenten, den eine junge mittellose Schauspielerin gesteht, ohne ihn begangen zu haben. Sie habe sich gegen die Übergriffe des Mannes wehren müssen, und schließlich wird sie wegen Notwehr freigesprochen mit dem Nebeneffekt, dass der gekonnte Auftritt vor Gericht ihre Karriere und die ihrer Freundin (Anwältin) beflügelt. 

Was da aus dem Jahr 1935 erzählt wird, kommt als leichte Komödie daher, vermittelt aber auch die feministische Botschaft, dass Frauen sich wehren müssen und sollen. Bis zu welchem Punkt das geht, bleibt aber offen. Insgesamt wird das Geschehen so skurril, dass es zwar amüsant aber nicht gerade feministisch ist.

Mückstein

Gespannter bin ich auf den Dokumentarfilm von Katharina Mückstein „Feminism WTF“, der die komplexe Frage stellt, wie ein kapitalistisches System von einer binär-hierarchischen Geschlechterordnung profitiert. Das klingt kompliziert, ist aber die schlichte Realität. In Österreich füllt der Film seit seinem Erscheinen die Kinos, und er führt zu (manchmal auch heftigen) Diskussionen. Bei der Diagonale gewann der Film den Publikumspreis. 

Im Filmclub Bozen wird er ab kommendem Mittwoch zu sehen sein, dort als Beitrag zu „Female Views“. Ob Diskussionen entstehen und wie sie ausfallen werden, bleibt abzuwarten.

Die Audience 

Und damit zurück zu den grauen Haaren in den Kinosälen. Noch sind sie nicht flächendeckend, auch weil sich das Kinopublikum gerade ändert. Dazu können angemessene Audience Strategies beitragen. Beim BFFB Mitte April wurde über das Thema eingehend gesprochen, und es zeigte sich, dass sich aktive Arbeit für das Kino lohnt, dass es sich lohnt, Filme zu begleiten und als das Besondere zu zeigen, das sie sind. 

Das Publikum kann verjüngt werden, wenn Kino die richtige Aufmerksamkeit weckt, und wenn es sich die Mühe macht, Zielgruppen anzusprechen und einzubeziehen. 

Beispiel Hamburg

Die Stadt Hamburg beispielsweise vergibt seit 1993 die Kinopreise für qualitativ herausragende Filmprogramme oder andere Maßnahmen, die die Kinokultur fördern. Jetzt ist Hamburg zwar nicht Bozen, auch nicht Südtirol, aber der Geist, der hinter dieser Hamburger Idee steht, gilt überall. 

„Es lohnt sich, am Kino als Institution festzuhalten“, sagte Senator Carsten Brosda anlässlich der Preisverleihung 2018. 

„Es ist ein Ort, an dem wir auch die Mitmenschen erleben, die wir nicht persönlich kennen, und feststellen können, ob sie zum Beispiel an den gleichen Stellen lachen oder nicht. Das Kino ist auch ein Ort, an dem wir die Alltagswelt ausblenden, um uns für zwei Stunden einer Phantasiewelt zuzuwenden – die uns so manches Mal markanter zeigen kann, worum es im Leben eigentlich geht. 

Und es ist ein Ort, an dem die flüchtige Wahrnehmung unserer Hochgeschwindigkeitswelt ersetzt wird durch eine Art Kontemplation.“ 

Das Kino biete einen Erfahrungsraum über den eigentlichen Film hinaus: einen sozialen Raum, einen Raum der kulturellen Begegnung. „Das ist lebendiges Kino, weil es im Leben des Einzelnen lebendig bleibt – und allein deshalb schon überlebt.“ Diesen Erfahrungsraum kann das Online nicht bieten.

 

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