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„Geknebelte“ Journalisten

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PD und 5-Sterne-Bewegung wollen Journalisten besser vor Knebelklagen durch mächtige Politiker und Lobbys schützen. Wie sich die SVP positioniert.

von Matthias Kofler

Im römischen Senat liegen drei Gesetzentwürfe zur Stärkung der Presse- und Meinungsfreiheit auf; zwei davon stammen vom PD (Andrea Martella und Franco Mirabelli), der dritte von der Fünf-Sterne-Bewegung (Ada Lopreiato). Sie alle zielen darauf ab, Journalisten besser vor Knebelklagen durch mächtige Politiker und Lobbys zu schützen. Die Aufsichtsbehörde für das Kommunikationswesen (Agcom) und die Journalistenverbände drängen schon lange auf eine Reform. In der vergangenen Legislaturperiode nahm der Justizausschuss des Senats zwar einstimmig einen entsprechenden Gesetzesentwurf an, dieser schaffte es jedoch nie in die Kammer. Nun behandelt die Justizkommission des Senats neue Entwürfe.

Der Hintergrund: In Italien kommt es immer häufiger vor, dass die politische und wirtschaftliche Macht auf sogenannte Knebelklagen zurückgreift, um kritische Journalisten zum Schweigen zu bringen. Da die meisten Strafanträge wegen offensichtlicher Unbegründetheit archiviert werden (2017: 67 Prozent), nutzen die Kläger die Langsamkeit des italienischen Justizsystems, um Druck aufzubauen. International ist das Phänomen unter dem Akronym SLAPP (Strategic Lawsuit Against Public Participation) bekannt. In Südtirol sorgte jüngst die Klage des Medienkolosses Athesia gegen das Nachrichtenportal Salto.bz national und international für Schlagzeilen: Athesia, das laut Agcom über eine Monopolstellung verfügt und fast 80 Prozents des regionalen Informationmarktes beherrscht, verklagte Salto auf 150.000 Euro Schadensersatz, da es 58 Artikel als rufschädigend bewertete.

Was sehen die Entwürfe konkret vor? Der Vorschlag von Senator Martella zielt darauf ab, die gesamte Materie neu zu ordnen, indem er in das Strafrecht und die Zivilprozessordnung eingreift und die Haftstrafe für Journalisten, die wegen Verleumdung mittels Presse verurteilt werden, abschafft. Zum Schutz von Personen, die tatsächlich Opfer von Verleumdungen geworden sind, wird eine Reihe von Elementen eingeführt, darunter das Recht der betroffenen Person, die Entfernung von verleumderischen Inhalten oder unter Verletzung des Gesetzes verbreiteter personenbezogener Daten, von Webseiten und Suchmaschinen zu verlangen.

Die Vorschläge von Mirabelli und Lopraito konzentrieren sich auf Artikel 96 der Zivilprozessordnung zum Thema mutwillige Prozessführung, und sieht eine verschärfte zivilrechtliche Haftung einer Person vor, die ohne jegliches Fundament eine Schadensersatzklage wegen Verleumdung in der Presse erhebt. Der Kläger muss zusätzlich zu den Gerichtskosten einen vom Richter festgelegten Betrag zahlen, der nicht weniger als 25 Prozent des in der Schadensersatzklage geforderten Summe betragen darf. Der PD-Senator Walter Verini will einen dritten Gesetzentwurf einbringen, der vorsieht, dass die Prozesskosten auch im Strafrecht vorgesehen werden sollen.

Die Grillina Lopreiato wird Ende April nach Südtirol kommen, um ihren Gesetzentwurf im Detail vorzustellen. Die Fraktionschefin der Autonomiegruppe, Julia Unterberger, hat die drei Entwürfe des PD mitunterzeichnet, genauso wie ihre Kollegen Luigi Spagnolli und Pietro Patton. „Die Knebelklagen stellen eindeutig einen Rechtsmissbrauch dar. Wir hoffen daher, dass diese Gesetzesentwürfe so schnell wie möglich verabschiedet werden, denn eine Presse, die frei von jeglicher Form der Einschüchterung ist, ist der wichtigste Indikator für die Gesundheit einer Demokratie“, sagt Unterberger.

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Kommentare (5)

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  • leser

    Ja kofler
    Jetzt hast du aber vergessen zu sagen wie sich die SVP positioniert

  • pingoballino1955

    Die Svp wird diese Vorschläge mit Sicherheit NICHT gutieren.

  • andreas1234567

    Hallo zum Nachmittag,

    diese „Knebelklagen“ scheinen gerade deswegen so erfolgreich weil die italienische Justiz so langsam und ineffizient ist und der mächtige Kläger über Jahre seinen kleinen Quälgeist zermürben kann.
    PD, Fünf Sterne und Frau Unterberger könnten sich einmal bei einem Landwirt beraten lassen ob es sinnvoller ist immer neue Methoden zu ersinnen um blühendes Unkraut und Gesträuch zurückzuschneiden oder es nicht ratsam wäre das Übel an der Wurzel zu fassen und auszureissen.

    Auf Wiedersehen in Südtirol

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