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„Auch für uns wichtig“

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Durch die Einführung eines neuen Gesetzes wurde Spanien zum ersten europäischen Land, das Frauen „Menstruationsurlaub“ zugesteht. Die Präsidentin des Landesbeirates für Chancengleichheit, Ulrike Oberhammer, erklärt, wie die Chancen stehen, dass dieser auch in Südtirol eingeführt wird.

Tageszeitung: Frau Oberhammer, wie stehen Sie zu dem neuen spanischen Gesetz, welches den Frauen „Menstruationsurlaub“ bietet?

Ulrike Oberhammer: Ich finde es positiv, dass Spanien mit gutem Beispiel voran geht. Zwar erlebt nicht jede Frau die Menstruationsschmerzen in den gleichen Ausmaßen. Dennoch nützt es niemanden, wenn eine Frau trotz ihrer Schmerzen zur Arbeit kommt, aber dort aufgrund der Schmerzen nicht die „normale“ Arbeitsleistung vollbringen kann. Dahingehend finde ich es vollkommen in Ordnung, wenn einer Frau diese Möglichkeit offensteht.

In den vielen östlichen Ländern, wie Südkorea, Indonesien und Japan ist der „Menstruationsurlaub“ gesetzlich zugesichert. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ich vermute, dass in diesen Ländern die Menstruation, als etwas Natürliches und Normales angesehen wird, wohingegen sie in Europa negativ behaftet ist. In diesen Ländern geht man mit der Menstruation viel offener um, weswegen zum Beispiel kostenlose Menstruationsprodukten in der Öffentlichkeit oder in den Schulen zur Verfügung gestellt werden. In Italien hingegen wurde eine Reduzierung der Mehrwertsteuer erwirkt. Aber wieso nicht absolute Mehrwertsteuer abschaffen? Dies würde den Frauen zugutekommen, da sie aufgrund der Menstruationsprodukte mehr Kosten haben, was dadurch erschwert wird, dass Frauen weniger verdienen und die Produkte mehr kosten. Würde sich die Gesellschaft mehr mit der Menstruation befassen, würden die zusätzlichen Kosten der Frauen, die einen Mann im gleichen Alter nicht belasten, wegfallen.

Wäre die Einführung eines „Menstruationsurlaubs“ in Südtirol rechtlich möglich?

Wieso nicht? Zwar gäbe es Hürden, wie beispielsweise die Tatsache, dass der Arbeitsbereich eine nationale Kompetenz ist und eine solche Änderung somit national geregelt werden müsste. Da wir in Italien ohnehin nicht sonderlich gut mit den Rechten der Frau dastehen, wie die viel zu geringe Quote an Frauen in den Parlamenten leider beweist, wäre es sehr fortschrittlich, wenn in Italien ein solches Gesetz entstehen würde. Ich glaube aber, der Weg dorthin wäre sehr schwierig.

Ist ein solches Konzept bei uns zurzeit umsetzbar oder stellt die Inflation ein Hindernis dar?

Dies hängt nicht nur mit der Inflation, sondern auch mit der Rolle der Frau und der Chancengleichheit zusammen. Sicherlich kann man einer solchen Idee das Argument: „Das können wir uns nicht leisten!“ entgegenstellen, dennoch sollte man beachten, dass in vielen Fällen das Geld für andere Konzepte vorhanden war und „Menstruationsurlaub“ vielen Frauen helfen würde. Demnach sollte man Prioritäten setzen.

Die spanische Ministerin für Gleichstellung Irene Montero nannte es einen „historischen Tag für feministische Fortschritte“. Stimmen Sie dem zu?

Ich habe selbst in Spanien studiert. Zu diesem Zeitpunkt war die Berichterstattung in den Medien und die Situation ähnlich wie in Italien. Spanien hat sich diesbezüglich auf die Hinterbeine gestellt. Durch mehr Frauen in politischen Gremien konnte das Land einen großen Sprung nach vorne machen. Es war damals unvorstellbar, dass sie es schaffen könnten, da sehr patriarchische Strukturen vorherrschten. Durch die verstärkte Präsenz von Frauen in Entscheidungspositionen konnten revolutionäre Fortschritte erzielt werden. Da Spanien nun auch diesen Schritt machen konnte, kann man tatsächlich von einem „historischen Tag“ sprechen. Es wäre auch für Italien sehr wichtig, dass entsprechend mehr Frauen an den Schalthebeln der Macht sitzen, um die Frauen selbst endlich weiterzubringen.

Der „Menstruationsurlaub“ ist bisher in Europa einzigartig. Denken Sie der Grund dafür ist, dass Menstruation allgemein als Tabu-Thema gilt?

Sicherlich auch, aber nicht nur. Menstruation ist bei uns ein Tabu-Thema, aber es ist auch grundsätzlich so, dass die Themen für Frauen nicht die oberste Priorität haben. Da die Frauen während der Pandemie den Laden geschmissen haben und in vielen Bereichen tätig waren, was für die Gesellschaft überlebensnotwendig war, wäre es Zeit den Frauen die nötige Anerkennung zu zollen und die Arbeit und Rolle der Frau aufzuwerten.

Denken Sie, dass einige Länder in Europa nun Spanien nacheifern werden?

Ich denke am schnellsten dürfte das in den nordischen Ländern passieren, da diese grundsätzlich sehr fortschrittlich sind. Es wird aber sicherlich auch die Diskussion in verschiedenen Ländern anregen, was auch gut ist, weil alles nötig ist, um dieses Tabu aufzubrechen. Auch wenn das nicht allen gefallen wird.

Interview: Stefanie Putzer

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Kommentare (7)

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  • seta

    Na eatz hom mers niamer hoagl … Menstruation ist keine Krankheit und es ist auch noch keine daran gestorben. Führen wir am besten auch gleich einen Migräne – Urlaub ein, dann können wir Frauen uns 4 Wochen im Monat durchgehend krankschreiben lassen! So etwas nennt man nicht Emanzipation,ganz im Gegenteil…

  • seta

    Alle vier Wochen fünf Tage Krankenstand, wunderbar!

  • brutus

    …und ich als Mann habe mittlerweile viele Nächte migränefrei!

  • andreas1234567

    Hallo zum Morgen,

    so blöd sind die Spanier dann doch nicht, vor dem „Menstruationsurlaub“ steht dann doch der Besuch beim Frauenarzt und das Attest zu der Befindlichkeit.

    Wird in diesem Interview mit der landesbeiratenden Feministin nicht erwähnt..

    Viele werden dann doch lieber mit Unterleibsrumoren ihre Arbeitszeit absitzen anstatt stundenlang bei den einschlägigen Ärzten auf die Menstruationsurlaubsbescheinigung zu warten inklusive peinlicher Befragung.

    Also nix mit zwei bis drei Tagen im Monat bedingungsloser Sonderurlaub

    Auf Wiedersehen auf dem Planeten Gleichberechtigung

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