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Böser Wolf

 

Foto: Stefan Borkert

 

In Südtirol hat sich die Zahl der Wolfsrisse seit 2018 verzehnfacht. Allein im Jahr 2022 hat das Land 130.000 Euro für Wolfsschäden ausbezahlt.

von Matthias Kofler

Für den SVP-Bauern Franz Locher ist das Wolfsmanagement des Landes nicht mehr auf der Höhe der Zeit; es gebe dringenden Handlungsbedarf. „Der Wolf betrifft nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch das Rot- und Rehwild sind ihm schutzlos ausgeliefert. Ich mache mir immer größere Sorgen, dass es bald zu Übergriffen auf Menschen kommen wird, wenn wir nicht einschreiten“, warnt Locher. Herdenschutzmaßnahmen erscheinen dem Sarner als zu aufwändig und kontraproduktiv für die Anzahl der aufzutreibenden Tiere und der zu beweidenden Flächen.

Die Antwort auf eine Landtagsanfrage zeigt auf: Die Sorgen vieler Landwirte in Südtirol sind nicht unbegründet. Seit 2018 hat sich die Zahl der Wolfsrisse verzehnfacht. Wurden vor fünf Jahren landesweit „nur“ 56 Schafs- und vier Ziegenrisse festgestellt, waren es im vergangenen Jahr 504 Risse an Schafen, fünf an Ziegen sowie je vier Risse an Rindern und Gehegetieren.

Auch die Summen, die das Land den Bauern jährlich für Wolfsschäden ausbezahlt, sind im untersuchten Zeitraum exponentiell gestiegen: 2018 wurden Schäden im Wert von insgesamt 8.420 Euro vergütet. 2019 stieg die Summe auf 27.533 Euro, 2020 betrug sie 17.911 Euro, 2021 54.200 Euro. Der bisherige Höhepunkt wurde im abgelaufenen Jahr erreicht, als sage und schreibe 130.007 Euro für Wolfsschäden ausbezahlt werden mussten. Allerdings unterstreicht Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler in der Antwort auf die Locher-Anfrage, dass die Einheitspreise, die jährlich vom Amt für Tierzucht festgelegt werden, im Jahr 2022 gestiegen seien. Deshalb sei ein Vergleich der Vergütung „nicht aussagekräftig“.

Der Almviehbestand in Südtirol ist im Zeitraum 2018-2022 etwas gestiegen: nämlich von 79.434 Rindern, Schafen und Ziegen im Jahr 2018 auf 86.495 im Jahr 2022. Locher wollte in seiner Anfrage außerdem in Erfahrung bringen, wie viele Wolfsrudel jährlich gezählt und wie viele Wölfe genetisch erfasst werden konnten. Laut dem Landesrat wurden 2018 insgesamt 14 Wölfe (je zur Hälfte Männchen und Weibchen) in Südtirol genetisch nachgewiesen. Die Zahl sank im Folgejahr 2019 auf acht (drei Männchen, fünf Weibchen) und stieg in den nächsten beiden Jahren wieder auf 17 (sieben Männchen, zehn Weibchen) bzw. 19 (elf Männchen, acht Weibchen) an. 2022 wurden in Südtirol 17 Wölfe (zwölf Männchen, fünf Weibchen) genetisch nachgewiesen – allerdings fehlen hier noch die Nachweise aus dem zweiten Halbjahr. Es dürften also deutlich mehr sein.

Fest steht zudem: In den vergangenen beiden Jahren wurden innerhalb der Provinz keine Wolfsrudel nachgewiesen, dafür aber drei (2021) bzw. fünf (2022) grenzüberschreitende Rudel, die von den Nachbarprovinzen bestätigt wurden. Schuler betont, dass in Bezug auf die DNA-Analysen eine Einrichtung eines Kompetenzzentrums im Land angebracht wäre. In folgenden 23 Gemeinden wurden seit 2018 Beitragsgesuche für Herdenschutzzäune eingereicht: Aldein, Brenner, Feldthurns, Jenesien, Kastelruth, Mals, Martell, Mühlbach, Prad am S., Prags, Ritten, Sand .i T., Schlanders, Sexten, St. Christina, Stilfs, Taufers i.M., Tiers, Ulten, Villanders, Villnöss, Welsberg und Wolkenstein. „Für die insgesamt 34 Gesuche, die die Fördervoraussetzungen erfüllt haben, wurden bisher 217.376,00 Euro ausbezahlt, 7.520 Euro werden voraussichtlich noch im Jahr 2023 ausbezahlt“, kündigt der Landesrat an.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • vogelweider

    „… sondern auch das Rot- und Rehwild sind ihm (dem Wolf) schutzlos ausgeliefert …“ Guter Herr Locher, dieses ist auch den Jägern „schutzlos“ ausgeliefert.

    • brutus

      …nein der Wald ist dem Rot- und Rehwild schutzlos ausgeliefert!
      Im Nationalpark Stilfserjoch finden sich zu wenig Jäger um die Population auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, damit er sich natürlich regenerieren kann um seine Schutzfunktion aufrecht zu erhalten.

  • kirchhoff

    Mein Tipp: Raus in die Natur und „öfters mal eine Sau schlachten“
    !

  • andreas1234567

    Hallo zum Sonntag,

    wer Schadenfälle und Entschädigung betrachtet kommt drauf es wird seit Jahren konstant um die 200 Euro pro Riss ausbezahlt.

    Pro nachgewiesenem Riss, also zweifelsfrei per DNA nachgewiesenem Riss.
    Davon gehen ab:

    Der gesamte Paperkram und der ist nicht wenig
    Die Kadaverentsorgung
    Es wird der Schlachtpreis ersetzt, ein wertvolles Zuchttier wird nicht annähernd entschädigt.

    Nicht bezahlt wird:
    Versprengtes Vieh welches sich nur nach tagelanger Nachschau oder gar nicht wiederfinden lässt.
    Gerissenes Tier welches zu spät für einen DNA-Nachweis entdeckt wird (in anderen Ländern reicht da eine Anscheinsvermutung für eine Entschädigung)
    Verängstigtes Vieh welches nur mehr für den Schlachthof taugt.

    Das dargestellte Problem ist um ein Vielfaches höher als in den Tabellen dargestellt, viele Fälle werden schlicht nicht gemeldet für die ausgezahlten Almosen.

    Warum immer wieder die Jammernummer mit dem armen Bambi im Wald und das Schüren der Angst vor Übergriffen auf den Menschen geführt wird erschliesst sich nicht, mich beeindruckt das überhaupt nicht und empfinde es als peinlich, die Almler und Bergbauern haben genug sachliche Gründe für ein wolfsfreies Wirtschaftsgebiet und die Tourismustreibenden sollten dieser Gruppe wohlweislich beispringen, die Touristen strömen in der Hauptsache sicher nicht wegen der Golfplätze und Wellnesszentren nach Südtirol.

    Das Raubviehzeugs muss gewiss nicht in die jetzt jahrhundertealten Weidewirtschaftsgebiete Südtirols hereingeklatscht werden, für das Überleben der Tierart gibt es Sibirien, Hohe Tatra oder die Karpaten und dort können die Freunde und Fans dieser hübschen Tiere gern hinreisen, forschen und beobachten, vielleicht lässt sich ja ein Reise-und Forschungsgeld vom Land/Staat/EU einheimsen..

    Auf Wiedersehen in Südtirol

  • tirolersepp

    Nordtirol oder auch Schweden machen es vor – so langsam geht’s dem Wolf an den Kragen !!!

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