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Der Streik-Flop

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Obwohl sich rund die Hälfte der Tankstellenbetreiber in Südtirol am Streik beteiligt hat, war er für Haimo Staffler, Präsident der freien Tankstellen, die Aktion als Flop.

von Markus Rufin

Einen Tag früher, nämlich bereits am Mittwoch wurde der Tankstellen-Streik in Italien beendet. Bereits vor Beginn des nationalen Streikes wurde eine vorzeitige Beendigung diskutiert, da die römische Regierung zugesichert hatte, ein Treffen zu organisieren, um über die Probleme der Branche zu sprechen.

Auch in Südtirol nahmen einige Tankstellen am Streik teil. Insbesondere Walter Soppera, Präsident der Tankstellenpächter im Handels- und Dienstleistungsverband, zeigt sich mit der Protestaktion zufrieden. „Selbst ich bin überrascht, denn wir rechneten mit einer mäßigen Beteiligung. Auch auf Landesebene, und nicht nur im Umkreis von der Stadt Bozen, sind viele Tankstellen geschlossen gewesen.“

Doch ersten Erhebungen zufolge dürften von den rund 120 Tankstellen im Land rund 50 Prozent mitprotestiert haben. Vor allem wenn man diese Beteiligung mit Streiks in anderen Jahren vergleicht, kann man bestätigten, dass dieser Streik von deutlich mehr Personen unterstützt wurde.

Zur Erinnerung: In erster Linie streikten die Betreiber gegen das Dekret von Ministerpräsident Giorgia Meloni, das vorsah, dass die Tankstellen den regionalen Durchschnittspreis für Treibstoff aushängen müssen und diesen wöchentlich aktualisieren müssen. Doch auch die Äußerungen verschiedener Politiker, die vermuteten, dass die Tankstellenbetreiber den Preis für Treibstoff in die Höhe treiben, verärgerte die Betreiber.

Das sei auch der Hauptgrund für die hohe Beteiligung in Südtirol gewesen, so Soppera: „Ausschlaggebend für diese hohe Beteiligung ist die Tatsache, dass unsere Branche auch von Seiten der Regierung sofort als den einzig Schuldigen für die hohen Spritpreise abgestempelt hat. Die Regierung selbst könnte den Hebel an der Preisspirale setzen, indem sie die Akzise reduziert.“

Fakt ist, dass die Regierung ohne Weiteres die wahren Gründe der Preisschwankungen ausfindig machen könnte. Genauso wie die Preispolitik der Erdölgesellschaften. „Den ‚Schwächeren‘ zu strafen, ist immer einfacher“, meint der Präsident der Tankstellenpächter.

Doch nicht von allen wird der Streik als Erfolg eingestuft. Haimo Staffler, Präsident der freien Tankstellen in Südtirol glaubt, dass der Streik nichts gebracht hat: „Der Streik war ein Flop. Wir haben mit dem Streik lediglich die Bestätigung, dass die drei Gewerkschaften FAIB, FIGIS und FEGICA eine blöde Figur abgegeben haben.“

Stafflers Ansicht nach haben die Gewerkschaften vor Beginn des Streiks so getan, als würde ohne die Tankstellen die Welt zusammenbrechen. Die Medien hätten das Thema zudem ausgeschlachtet. Letztendlich habe aber niemand genau gewusst, weshalb überhaupt gestreikt wird: „Jene, die gestreikt haben, haben sich am Ende verlassen gefühlt, weil sie gemerkt haben, dass die meisten mit dem Streik nicht einverstanden sind.“

Staffler glaubt, dass es andere Lösungen gegeben hätte, um die Situation in seiner Branche zu verbessern. Denn Problemen gebe es genügend: „Was die Ministerpräsidentin von uns denkt oder ob wir nun ein Schild mit dem Durchschnittspreis aufhängen müssen, kann uns egal sein. Als Provokation hätte ich einfach dazu geschrieben, wie hoch der Durchschnittspreis in Österreich ist. Damit wird ersichtlich, wie viel Akzisen der italienische Staat auf den Treibstoff setzt.“ So aber befinde man sich in der gleichen Situation wie vor dem Streik.

Staffler erkennt nur einen positiven Nebeneffekt: „Es wurde so viel über Tankstellen gesprochen, wie noch nie. Das ist positiv.“ Dass die Pächter Schuld an den hohen Treibstoffpreisen sind, hätten viele bereits vor dem Streik verstanden. Dazu reiche es Tankstellen in den großen Zentren außerhalb von Südtirol zu begutachten: „Viele besitzen nicht einmal eine Toilette. Da sieht man sofort, dass die Pächter nicht viel verdienen.“

Doch auch in Südtirol gibt es ein Beispiel anhand welchem man erkennt, dass die Pächter wohl nichts für den teuren Benzin können: Die EUM-Tankstelle in Moos in Passeier. Die Tankstelle wird von einer Genossenschaft betrieben, die nicht auf Profit ausgerichtet ist. Sie muss also keine großen Kosten bestreiten und kann jeweils den billigsten Treibstoff einkaufen und diesen mit einem Aufpreis von wenigen Cent an die Kunden weitergeben.

Die EUM-Tankstelle zählt zwar seit jeher zu den billigsten Tankstellen in Südtirol, allerdings gibt es einige, die mit ihr mithalten können. Der Unterschied zum Durchschnittspreis in Südtirol beträgt nur wenige Cent pro Liter.

Das heißt, die Treibstoffpreise sind aktuell wohl deshalb so hoch, weil die wenigen großen Erdölgesellschaften sich untereinander absprechen. „Allerdings wissen wir davon, was im Hintergrund abläuft, genau gleich viel wie andere auch“, sagt ein Tankstellenbetreiber der TAGESZEITUNG. Bestätigen könne er lediglich, dass auch die Transportkosten dazu beitragen, dass der Sprit in Südtirol teurer ist als im restlichen Italien. Nicht wahr sei hingegen die Behauptung, dass hierzulande aufgrund der Kälte ein spezieller Sprit eingekauft wird.

Ein weiterer Grund für die hohen Preise in Südtirol sind die wenigen freien Tankstellen. Diese können frei entscheiden, bei welcher Erdölgesellschaft sie einkaufen und können so dann auch den Preis drücken. In Südtirol gibt es jedoch nur eine Handvoll (laut Osservaprezi sind es sechs). Diese sind also keine Konkurrenz zu den rund 120 anderen.

Auch Staffler bestätigt, dass es bei den Tankstellen einige strukturelle Probleme gibt, die gelöst werden müssten. Es sei aktuell viel zu teuer, die einzelnen Tankstellen zu beliefern, auch weil der technische Fortschritt fehle. Die meisten Tankstellen müssten dringend modernisiert werden, so Staffler.

Auch die vermeintliche Spekulation spricht Staffler an: Der Erdölproduzent ENI koste die Rohöl-Förderung aktuell 22 Dollar pro Barrel. Verkauft wird das Barrel aber letztendlich für 70 bis 80 Dollar pro Barrel. „Hier braucht es eine Preisdämmung“, zeigt sich der Präsident der freien Tankstellen überzeugt.

Das Hauptproblem bleiben laut Staffler aber die Mineralölsteuern. Zwar sehe er ein, dass mit den Steuern viel finanziert werde, allerdings ist er überzeugt davon, dass sich Italien durch die hohen Treibstoffpreise eine wichtige Einnahmequelle entgehen lässt: „Alleine über die Brennerachse fahren jährlich 2,5 Millionen Lkw, die allesamt in Österreich tanken, weil es dort billiger ist. Das sind vier Milliarden Liter Treibstoff, die dem Staat sozusagen durch die Lappen gehen.“

Würde Italien plötzlich den billigeren Treibstoff als Österreich anbieten, würden auch deutlich mehr Personen hierzulande tanken, wodurch der Staat wieder mehr verdienen würde.

Doch dass Meloni die Akzisen doch noch reduziert, hat sie bereits mehrfach ausgeschlossen.

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