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Schnellere Verfahren

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Abhörungen und Nichtverfolgbarkeit: Wie die Straf- und Zivilprozessordnung reformiert werden soll.

Justizminister Carlo Nordio hat am Mittwoch dem Senat die Grundzüge der Reform der Straf- und Zivilprozessordnung vorgestellt. Demnach werden polizeiliche Abhörungen im Zusammenhang mit Mafia und Terrorismus weiterhin möglich sein. Eingeschränkt werden sollen aber die gerichtlichen Abhörmaßnahmen, die Personen betreffen, gegen die nicht ermittelt wird. Man wolle verhindern, dass „durch einen perversen und gesteuerten Mechanismus“ unschuldige Bürger in den Zeitungen landeten, so Nordio.

Die Opposition sieht die Pläne des Ministers kritisch. Abhörmaßnahmen seien wichtig, nicht nur bei schwersten Straftaten, stellte SVP-Senatorin Julia Unterberger klar. Um die Würde der Betroffenen zu schützen, sollten nicht die Abhörungen eingeschränkt werden, sondern die Staatsanwälte sollten die Verantwortung dafür übernehmen müssen, was an die Öffentlichkeit gelange. Das Ermittlungsgeheimnis sollte nicht nur die Ermittlungen, sondern auch die Verdächtigen schützen.

In ihrer Wortmeldung, bei der Minister Nordio aufmerksam zuhörte und immer wieder zustimmend nickte, betonte die SVP-Politikerin: „Eine Beschleunigung der Verfahren darf nicht auf Kosten der BürgerInnen und ihrer Rechte gehen.“ Die größte Schwachstelle sieht Unterberger in der Nichtverfolgbarkeit bei Überschreitung bestimmter Fristen. Dadurch könne das gesamte Verfahren aufgehoben werden, ohne auch nur die zivilrechtlichen Folgen der Straftat bestehen zu lassen. „Jede Verteidigung wird mit verfahrensrechtlichen Einwänden versuchen, dieses Ergebnis zu erreichen“, warnte Unterberger.

Einen weiteren Fehler sieht die Chefin der Autonomiegruppe darin, eine Reihe von schweren Straftaten nicht mehr von Amts wegen zu verfolgen, sondern den Opfern die Verantwortung zu überlassen, Strafantrag zu erstatten. „So als ob diejenigen, denen Unrecht widerfahren ist, immer frei von Drohungen und Einschüchterungen durch diejenigen wären, die ihnen Unrecht getan haben“, bemängelte Unterberger. Dasselbe gelte für den neuen Zivilprozess: Mit dem Ziel der Vereinfachung sei eine Reihe von Ausschlussfristen für die Parteien und ihre Anwälte eingeführt worden, die das Recht auf Verteidigung ernsthaft beeinträchtigten. Künftig werde weniger darüber gestritten, wer Recht habe und wer nicht, sondern darüber, wer die Fristen eingehalten habe und wer nicht. Die Gerichte würden mit Anträgen auf Rückversetzung in die Fristen überhäuft. Vor allem werde sich das Grundproblem, dass die Form mehr zähleals der Inhalt, noch weiter verschärfen, sagte Unterberger in der Hoffnung, „dass diese Fehlentwicklungen korrigiert werden und wir uns gemeinsam für ein faires Verfahren zum Schutz aller Beteiligten einsetzen können, anstatt uns oberflächlich in Garantisten und Justizialisten aufzuteilen“. (mat)

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