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Ossi tritt ab

Zeitenwende an der Meraner Passerpromenade: Oswald Trojer, legendärer Chef des Café Darling, hat seinen Betrieb abgegeben. Künftig wird das Lokal von den Geschwistern Luca und Jessica Wang geführt.

von Karin Gamper

Lange hat er hin- und herüberlegt, am Ende ging alles ganz schnell. Oswald Trojer, Chef des legendären Café Darling neben der Meraner Postbrücke, geht in Pension und übergibt seinen Betrieb in die jüngeren Hände des Geschwisterpaars Luca und Jessica Wang. 

„Der Kaufvertrag ist bereits unter Dach und Fach“, teilt Trojer mit. Am Sonntag hat Trojer zum letzten Mal sein Lokal aufgesperrt. Ab Montag geht das Darling in die Ruhepause, um im Februar unter neuer Führung wieder zu öffnen.

Mit dem Abtritt Oswald Trojers verliert die Gastroszene an der Passer ein Urgestein. Der Wirt kannte jeden – und jeder kannte ihn. Immerhin stand „Ossi“ fast 30 Jahre lang hinter dem Budel seines Betriebs, den er vor drei Jahrzehnten nach seinen eigenen Vorstellungen im Stile eines Wiener Kaffeehauses errichten ließ. „Die Zeichnungen hierfür habe ich damals selbst angefertigt“, erinnert er sich.

Die Eröffnung fand am 18. August 1993 statt – nach einigen Verzögerungen, weil das Landesdenkmalamt die interne Versetzung einer Tür beanstandete.

Fortan war das Café Darling Treffpunkt für Meraner und Touristen. Sie alle konnten aus einem breiten Sortiment an internationalen Zeitschriften, gutem Kaffee, Drinks und kleinen Happen auswählen.

„Es war mir immer eine Freude, hinter dem Budel zu stehen und mit den Gästen zu plaudern“, blickt Oswald Trojer mit einigem Wehmut zurück. Der Verkauf seines Betriebs sei ihm, so erzählt er, nicht ganz leicht gefallen. „Ich habe für meinen Beruf gelebt, ich habe praktisch im Betrieb gewohnt und Familie und Privatleben sind dadurch häufig zu kurz gekommen“, sagt der 65-Jährige. Eigentlich wollte er früher überhaupt nie in Pension gehen. „Ich war immer überzeugt davon, dass ich auch noch mit 80 hinter dem Tresen stehen werde“, lacht er.

Warum hat er sich am Ende doch fürs Aufhören entschieden? „Es sind mehrere Dinge zusammengekommen und ich habe mich bereits seit Längerem mit dem Gedanken gespielt“, entgegnet Trojer.

Zum ersten Mal dachte der Wirt im Jahr 2019 an einen Rückzug. „Damals gab es auch bereits Interessenten für die Bar“, berichtet er. Es war sein „annus horribilis“: Im Jänner verstarb Trojers Mutter, im Sommer knickte bei einem wüsten Sturm vor dem Cafè ein Baum um und traf eine Passantin mit ihrem Kind und verletzte diese schwer. „Und im Oktober wurde ich schließlich auch noch auf offener Straße zusammengeschlagen und landete im Krankenhaus“, erinnert der Wirt an den Vorfall am Sandplatz, über den tagelang sämtliche Medien berichteten. Es folgten harte Monate der Genesung und der Reha. „Ich hatte mich körperlich eigentlich gut erholt, aber dann kamen Corona, der chronische Mitarbeitermangel und die Teuerungswelle“, so Trojer. Jetzt sei für ihn Schluss. „Es sollen andere ran“, sagt er offen heraus.

Wird Oswald Trojer künftig ganz von der Bildfläche verschwinden? „Ich denke, dass ich zumindest noch für eine gewisse Zeit meinen Nachfolgern zur Hand gehen werde, damit der Übergang nicht so abrupt ist“, antwortet er. 

Der Betrieb, so versichert Trojer, sei in guten Händen. „Luca und Jessica arbeiten seit zwei Jahren für mich, sie kennen den Betrieb in- und auswendig“, sagt der Wirt. Die Geschwister mit chinesischen Wurzeln hätten als Besitzer zweier Sushi-Lokale in Meran auch anderweitig Erfahrung sammeln können. „Luca und Jessica sind in Meran aufgewachsen und kennen die Stadt gut“, betont er.

Das Café Darling, so betont Oswald Trojer, werde auch baulich so bleiben wie es ist. „Das war meine Bedingung beim Verkauf“, unterstreicht er. 

Seinen vielen Gästen dankt der Vollblut-Wirt für die teils jahrzehntelange Treue. Oswald Trojer: „Herzlichen Dank an alle – es war mir eine Ehre“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (13)

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  • artimar

    Meran wird immer ärmer. Erst die kürzlich für immer geschlossenen Traditions-Cafés „Aida“ oder „König“‚(1893) im Stil eines Wiener Kaffeehauses.

  • esmeralda

    Vielen Dank Ossi für deine gute Arbeit! Das Darling hab ich immer sehr geschätzt, die geschmackvolle Einrichtung, die tolle Lage und v.a. die für Meran einmalig gute Auswahl an Zeitungen und Zeitschriften. Hoffentlich behalten Jessica und Luca das bei.
    Alles Gute Ossi!

  • vinschgermarille

    Im Darling war ich eigentlich selten,im Inneren ist es etwas finster ,außen oft sehr voll.
    In Ossys Lokal in der Meinhardstraße war ich früher jedoch sehr gern. Man hat damals zu einem fairen Preis sehr gut gespeist.Ossys, Mama war eine begnadete Köchin.
    Ich wünsche dem zukünftigen Rentner alles alles Gute für die Zukunft ,und daß er sich gesundheitlich noch etwas erholt.
    Und Danke für alles was du für Meran verkörpert hast .

  • vinschgermarille

    Ein Geschwisterpaar mit chinesischen Wurzeln sollte eigentlich kein Grund sein das Stammlokal zu wechseln.Die beiden sind in Meran aufgewachsen ,warum sollten die nicht ein Café übernehmen , führen können? Wird ja kein China Restaurant,von denen hat Meran vielleicht schon genug.Geben wir doch den Nachkommen von Zugewanderten eine Chance , sie arbeiten und sorgen für sich selbst,wo ist das Problem ?

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