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„Ich vermisse meine Eltern“

Die 20-jährige Daria aus Charkiw in der Ostukraine feiert Weihnachten in Südtirol bei ihrer Gastfamilie – weil eine Rückkehr in ihre Heimat zu ihrer Familie nicht sicher ist.

von Lisi Lang

Weihnachten gilt als die schönste Zeit im Jahr: Familien kommen zusammen, es gibt hausgemachte Kekse, einen schön geschmückten Tannenbaum, besondere Köstlichkeiten am Weihnachtsabend und viele weitere Weihnachtstraditionen. Aber nicht alle können dieses Familienfest im Kreise ihrer Lieben feiern. „Ich vermisse meine Familie jeden Tag und werde sie an Weihnachten ganz besonders vermissen“, sagt die 20-jährige Daria.

Daria stammt aus der Ukraine, um genauer zu sein aus Charkiw im Osten der Ukraine. Vor mittlerweile acht Monaten hat die 20-Jährige ihre Heimat wegen des russischen Angriffskrieges verlassen, sie musste fliehen und ist schlussendlich hier in Südtirol untergekommen. „Es ist alles so schnell gegangen“, erinnert sich die 20-Jährige, „meine Eltern sind zu mir gekommen und haben gesagt, dass ich packen und morgen das Land verlassen muss.“

Daria ist alleine geflohen, ihre Mutter ist bei ihrem Vater, der nicht ausreisen durfte, und ihren Großeltern in der Ukraine geblieben. „Ich hatte erwartet, dass ich das Land nur für mehrere Wochen oder wenige Monate verlassen muss – aber ich habe meine Familie im April verlassen und selbst jetzt an Weihnachten kann ich sie leider nicht sehen“, erzählt die 20-Jährige.

Daria studiert mittlerweile an der Uni Bozen und lebt bei einer Gastfamilie in St. Pauls in Eppan. Mit dieser Familie wird sie heuer auch Weihnachten feiern. „Ich wollte zu Weihnachten unbedingt zu meiner Familie fahren, um die Feiertage mit ihnen verbringen zu können, aber leider war das nicht möglich“, bedauert die 20-Jährige. Bis zuletzt hatte sie gehofft, ihre Familie an Weihnachten wiedersehen zu können. „Aber es ist einfach zu gefährlich, weil ich das gesamte Land durchqueren müsste und das einfach nicht sicher ist“, erzählt Daria. „Weihnachten ist ein Familienfest und ich hätte wirklich gerne zusammen mit meiner Familie gefeiert, aber ich habe einfach Angst in die Ukraine zurückzufahren.“

Mit ihrer Familie steht die 20-Jährige regelmäßig in Kontakt, soweit es die Situation in der Ukraine zulässt. „Ich kann sie leider nicht jeden Tag erreichen, weil sie nicht immer genügend Elektrizität und Internet oder wieder einen Blackout haben – aber ich hoffe, dass wir jetzt an Weihnachten telefonieren und vielleicht auch skypen können“, erklärt Daria.

Gemeinsam mit ihrer Gastfamilie hat sie ihren Eltern kürzlich ein Paket mit Lebensmitteln, Geschenken und Südtiroler Spezialitäten in die Ukraine geschickt, einen Weihnachtsgruß. Auch sie hat ein Paket von ihren Eltern erhalten. „Sie haben mir typische Lebensmittel aus unserer Region geschickt, die wir dann zu Weihnachten zubereiten werden“, erklärt Daria.

Das Weihnachtsfest bei ihrer Gastfamilie in Eppan soll heuer nämlich ein Mix aus Traditionen in Südtirol und der Ukraine werden – auch was das Essen angeht. „Wir werden unsere Traditionen heuer zusammenbringen“, freut sich Daria, die hofft, dass dieses Fest so auch ihr Weihnachtsfest wird. „Wir haben zusammen den Tannenbaum ausgesucht und werden zusammen kochen – ich vermisse meine Familie sehr, aber ich fühle mich auch hier bei meiner Gastfamilie sicher und aufgehoben.“

Daria vermisst ihre Eltern jeden Tag, jetzt in der vorweihnachtlichen Zeit sogar noch stärker. „Weihnachten ist einfach ein Familienfest, und in diesen Tagen nicht bei meinen Eltern sein zu können, ist wirklich schwer“, zeigt sich Daria gerührt. Sie sagt aber auch: „Es war sicher die beste Entscheidung das Land zu verlassen, weil es einfach gefährlich war und ich auch große Angst hatte, aber natürlich vermisse ich meine Familie sehr.“

Daria kannte niemanden in Südtirol, als sie hierher gekommen ist. Mittlerweile fühlt sie sich aber wohl – und bei ihrer Gastfamilie auch ein bisschen wie zu Hause. Die junge Frau ist taff und versucht auch ihren Aufenthalt in Südtirol als Chance zu sehen und viel zu lernen. Deutsch spricht sie bereits. „Ich bin dankbar, dass ich so unterstützt werde und die Solidarität mit meinem Land hier so groß ist – die Menschen sind einfach bereit, uns zu helfen“, freut sich Daria, die nach dem Krieg in die Ukraine zurückkehren will, um beim Wiederaufbau ihres Landes zu helfen. „Ich möchte meine Erfahrungen und mein Wissen, das ich hier sammle, einbringen, um dabei zu helfen, unser Land nach dem Krieg wieder aufzubauen“, sagt Daria.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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