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Tötungsfall Peppa

Der Tod der Katze Peppa beschäftigt das Landesgericht beinahe mit der Intensität eines Mordfalles. Die Verteidiger des Angeklagten Ingemar Gatterer sehen diesen entlastet.

von Thomas Vikoler

„Ich habe Autopsieberichte zu den Leichen verstorbener Menschen gesehen, die weniger umfangreich waren als dieser“. Marco Leonardi Scomazzoni kann sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. Der Ballistiker aus Rovereto ist Sachverständiger der Verteidigung in einem Tötungsfall, der vor allem wegen der Identität des Angeklagten Spannung garantiert. Es ist SAD-Boss Ingemar Gatterer, der in Bozen wegen Tötung eines Tieres vor Gericht steht.

Genauer gesagt der schwarzen Katze Peppa, die am 19. November 2017 in Pfalzen tot aufgefunden wurde. Wenige Meter neben dem Fahrzeug Gatterers, der an jenem Tag Vogeljagd betrieben hatte.

Der ballistische Gutachter ist der wohl wichtigste Zeuge der Verteidigung. Er wurde engagiert, um die These der Staatsanwaltschaft (und des Anzeigerstatters, Nebenklägers und Peppa-Eigentümers Hartmann Weger) zu widerlegen, der SAD-Boss habe die Katze im Beisein seines minderjährigen Sohnes mit einem Schuss aus dem Schrotgewehr getötet.

„Die sechs Schrotkörner, die bei der Obduktion durch den tierärztlichen Dienst im Körper des Tieres gefunden wurden, können nicht tödlich gewesen sein. Sie befanden sich im Bereich der Haut und könnten bereits in den Tagen zuvor dorthin gelangt sein, als versprengte Schrotkörner, wie es auch bei Jagdhunden vorkommt, ohne dass diese sterben. Die Katze könnte über mehrere Tage verblutet sein“, sagt der Sachverständige im Zeugenstand.

Er bemüht sich mit logischen Ableitungen um die Widerlegung des Autospieberichts des tierärztlichen Dienstes, denn laut diesem war die Todesursache eindeutig diese: „Fremdeinwirkung. Schrotschuß“.

Laut Leonardi Scomazzoni befinden sich in einer Patrone von 110 bis zu 500 Schrotkugeln. Wäre die Katze von einer solchen Patrone getroffen worden, wäre sie zerfetzt worden, so der Sachverständige.

Für Gatterers Verteidiger Andrea Gnecchi und Carmen Marvolgia ist damit die Anklage mehr als deutlich widerlegt: Ihr Mandat könne Peppa nicht getötet haben, schon gar nicht „absichtlich und mit Grausamkeit“, wie Strafrechtsartikel 544-bis es als Voraussetzung vorsieht.

In einer früheren Verhandlung hatte auch der minderjährige Sohn des Angeklagten im Zeugenstand ausgesagt: Er beteuerte, dass sein Vater an jenem Tag die Katze nicht erlegt habe.

Allein der Umstand, dass ein Minderjähriger in den Zeugenstand gerufen wird, zeigt, wie viel in diesem Prozess auf dem Spiel steht.

Am Donnerstag trat auch Josef Gatterer, der Vater von Ingemar Gatterer, als Zeuge der Verteidigung auf. Er wies darauf hin, dass in der Gegend, in der Peppa tot gefunden wurde, häufig Jäger unterwegs seien. Dies um den Verdacht zu streuen, die Katze könnte die Schrotkörner von einem anderen Schrotschuss abbekommen haben.

Verteidiger Gnecchi versucht bei der Befragung Josef Gatterers eine weitere Spur zu legen: Dessen Konflikt mit Manfred Heinz, seinem Amtsvorgänger als Bürgermeister von Pfalzen. Gatterer Senior bestätigt politische bzw. persönliche Spannungen mit Heinz, dessen Schwager Peppa an jenem 19. November 2017 gefunden und fotografiert hatte.

Die Intrigen-Theorie, die Ingemar Gatterer bereits nach Bekanntwerden des Katzen-Falles ins Spiel brachte.

Ein weiterer Zeuge, ein Nachbar Gatterers, konnte sich nicht daran erinnern, damals dem SAD-Boss Schrotkugeln übergeben zu haben. Bei Gatterer waren im Zuge der Ermittlungen tatsächlich Schrotkugeln beschlagnahmt worden. Diese passen allerdings nicht zu jenen, die im Körper von Peppa gefunden wurden.

Facettenreiche Hintergründe zu einer Tier-Tötung, welche das Bozner Strafgericht seit mehreren Verhandlungen beschäftigt. Beinahe unglaublich.

Ein Urteil erging am Donnerstag aus Zeitmangel dennoch nicht. Richter Federico Secchi vertagte für die Plädoyers auf den 2. Februar 2023, 15.30 Uhr.

Am 16. Februar findet hingegen vor dem Friedensgericht eine Verhandlung zum Tatverdacht der Bedrohung statt. Katzeneigentümer Weger hatte Gatterer im Februar 2018 nicht nur wegen des Todes von Peppa, sondern wegen angeblicher Drohungen nach diesem angezeigt. Richter Secchi kam zum Schluss, dass beide mutmaßlichen Straftaten nicht zusammenhängen und schickte die Anklage wegen Bedrohung deshalb zurück an die Staatsanwaltschaft.

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