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Teures Warten

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Mehr als zwei Jahre warten Antragsteller mittlerweile auf die Auszahlung der Wohnbauförderung. Das lange Warten ist nicht nur unangenehm, es verursacht auch erhebliche Kosten. Mit steigenden Preisen und steigenden Zinsen steigt auch der Unmut der Wartenden. 

von Silke Hinterwaldner 

Claudia ist eine von vielen. Von sehr, sehr vielen. Die junge Frau hat sich im Frühjahr 2021 eine Wohnung gekauft und dafür einen hohen Kredit bei ihrer Bank aufnehmen müssen. Aber sie traute sich zu, diese finanzielle Belastung zu stemmen. Was sie aber damals nicht wusste: Sie suchte um eine Landeswohnbauförderung an und bekam eine Zusage für knapp 30.000 Euro.

Dieser Geldbetrag sollte ihr zumindest ein wenig dabei helfen, die Wohnung zu finanzieren und die monatliche Kreditrate zu senken. Aber obwohl alle Ansuchen und Unterlagen ordnungsgemäß hinterlegt sind und obwohl sie die Zusage bereits in der Tasche hat, wartet Claudia immer noch sehnsüchtig auf dieses Geld. Als sie vor einigen Wochen zum letzten Mal nachzufragen versuchte, erhielt sie die Auskunft, dass wohl erst im Frühjahr mit einer Überweisung auf ihr Konto zu rechnen sei.

Sobald das Geld dann tatsächlich kommt, hat Claudia bereits eine stattliche Summe an Zinsen für diesen Betrag bezahlt. Sie schuldet ihrer Bank dafür jährlich rund 1.500 Euro – Geld, das sie für sinnvollere Dinge als eine teure, unverschuldete Zwischenfinanzierung ausgeben möchte.

„Ich weiß“, sagt sie, „dass dies vielen nicht besonders viel erscheint, aber für mich ist das eine Stange Geld für etwas, das gar nicht nötig wäre und rein gar nichts bringt.“ Claudia ist empört darüber, dass Politik und Landesämter es sich leisten, die Menschen so lange warten zu lassen.

In den vergangenen Wochen und Monaten ist der Druck weiter gestiegen. Inflation, steigende Kosten für die Energie und die allgemeine Verunsicherung sorgen dafür, dass die betroffenen Wohnungsbesitzer gar kein Verständnis mehr haben für die langen Wartezeiten. Wer beim Wohnungsbau oder -kauf auf einen variablen Zinssatz gesetzt hat, wird deshalb gleich doppelt bestraft: Auch die Zinsen auf das versprochene und zugesicherte Wohnbaudarlehen steigen. Und: Beim Start in die Kredittilgung sind die Kosten für die Zinsen besonders hoch, das wirkt sich negativ auf die Darlehensrate aus.  Vereinfacht ausgedrückt lässt sich sagen: Lag der variable Zinssatz bis vor einigen Monaten noch bei plus minus ein Prozent (je nach Bank, Darlehenshöhe und Laufzeit, usw.), so ist dieser nun auf rund 3,5 Prozent gestiegen. (Zum Vergleich: War vor nicht allzu langer Zeit ein fixer Zinssatz auch für weniger als 1,5 Prozent zu haben, so ist dieser auf rund fünf Prozent gestiegen). Wenn die Zinsen so schnell steigen wie derzeit, kann dies bei vielen eine empfindliche Steigerung der Kosten zur Folge haben. Die Bank passt die variablen Zinsen grundsätzlich im Rhythmus von drei Monaten an. Experten gehen davon aus, dass der Höhepunkt längst nicht erreicht ist.

Im Amt für Wohnbauförderung aber stapeln sich die Ansuchen immer weiter. In der Antwort auf eine Anfrage des Team K antwortete die zuständige Landesrätin Waltraud Deeg, dass für das Jahr 2020/21 von insgesamt 1.635 Gesuchen 264 in Bearbeitung sind. 649 Gesuche wurden bis Ende Mai dieses Jahres eingereicht und sind noch nicht bearbeitet. Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren und Monaten betont, dass an den zuständigen Stellen neues Personal angestellt werden muss und dass die Abläufe entwirrt werden, um die Auszahlung zu beschleunigen. Bisher ohne erkennbaren Effekt. Im Gegenteil.

Maria Elisabeth Rieder bekommt in diesen Wochen und Monaten sehr viele empörte Zuschriften von Menschen, die lange auf die Auszahlung der Wohnbauförderung warten. „Meine Tochter“, schrieb eine Frau erst vor wenigen Tagen, „wartet auch effektiv schon über zwei Jahre auf ihren Beitrag. Ihr letztes Mail, in dem sie nachgefragt hat, wie es um ihre Position steht, wurde gar nicht beantwortet.“

„Das Schlimme ist zudem“, sagt Rieder, „dass die Beiträge für die Wohnbauförderung seit über zehn Jahren gleich hoch sind und auch die Zugangsvoraussetzungen nicht angepasst wurden. Hier wäre dringender Handlungsbedarf, bei den rasant steigenden Preisen werden es sich wohl bald nur mehr wenige Menschen des Mittelstandes leisten können, sich eine Wohnung zu kaufen oder zu bauen. Zudem werden viele, die jetzt mitten im Bau sind oder eine Wohnung gerade gekauft haben, in Schwierigkeiten geraten, da sie die Ratenzahlungen nicht mehr schaffen.“ Dass sie dann auch noch zwei Jahre – mittlerweile soll die Frist auf zweieinhalb Jahre angestiegen sein – auf die Auszahlung des Beitrages warten müssen, ist für viele ein Hohn.

Auch für einen älteren Herren, der gemeinsam mit seiner Frau nun schon lange auf das Geld der Wohnbauförderung wartet. Nun habe er ein Schreiben bekommen, erzählt der Mann, dass er um vorzeitige Auszahlung ansuchen solle. Dafür aber benötige er eine Bankgarantie – die wiederum zwischen 1.300 und 1.500 Euro jährlich kosten würde. Er sagt: „Was denken sich die Verantwortlichen eigentlich? Jetzt wartet man eh schon eine Ewigkeit auf die Auszahlung (was niemand versteht) und dann so etwas. Ich kann mir vorstellen, dass das sehr viele Antragsteller betrifft, nicht nur uns. Wir finden es bedauerlich, dass mit uns Arbeitnehmern so ein Schindluder getrieben wird. Ein ganzes Leben lang haben wir brav unsere Steuern und Gebühren bezahlt, und wenn man was bekommen soll, werden einem solche Hürden in den Weg gestellt.“ Übrigens: Wer um vorzeitige Auszahlung ansuchen möchte, kann sich ausrechnen, ob die Zinsen auf der Bank für die Zwischenfinanzierung günstiger sind oder eine Bankgarantie. Ganz allgemein aber, sagt ein Bankexperte, ist es doch paradox, wenn der Bürger und die Bürgerin für die Kosten aufkommen müssen, die durch die Verzögerung beim Land entstehen.

In diese Kerbe schlägt auch Maria Elisabeth Rieder. Sie sagt: „Wenn die Menschen schon so lange warten müssen und ihnen dadurch hohe Kosten entstehen, sollte zumindest der Verursacher zur Rechenschaft gezogen werden und die finanziellen Mehrkosten stemmen. Die Leute können schließlich nichts dafür, wenn man im Amt mit der Bearbeitung der Ansuchen nicht nachkommt.“ Und sie macht ein Beispiel: „Wenn ein Bürger beim Bezahlen seiner Parkstrafe säumig ist, muss er schließlich auch am Ende eine höhere Strafe bezahlen.“

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Kommentare (8)

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  • olle3xgscheid

    Mit heute 2 Jahre und 4 Monate!!
    Muss gesagt werden dass das Prozedere von der Bank beim Ansuchen gestellt werden sollte, verpflichtend!!!!
    2 Mal schickt man dieselben Daten nach Bozen, wobei mit einem , ok 2 Mausklicks mein Hab und Gut ersichtlich ist.
    Ausserdem für was muß ich all die Einträge machen wenn ich schon dem Notar 4.200€ für die Richtigkeit überwiesen habe und zu guter letztt auch der Bauherr/Firma alles eingetragen hatt.
    Naja , Südtirols Bürokratie…..

  • nochasupergscheiter

    Notare sind Gauner sonst nicht. Eigentlich gehören sie verpflichtet für den Kunden den billigsten Eintragungsweg zu suchen… Sie suchen aber den der Ihnen am meisten Geld bringt, wo Sie am meisten verdienen…
    Mir selbst passiert..die truchi die es gibt werden nur für die reichen angewendet, der Normalo soll zahlen… Und ja nicht nach Österreich die haften nicht.. Haha notare sind Gauner im Frack sonst nichts

  • gulli

    Hört endlich auf mit Förderungen, Beiträgen, Zuschüsse, Einmalzahlungen usw.
 Führt einfach ein gerechtes Lohnsystem ein, bei dem ein Auskommen mit dem Einkommen möglich ist!

    • brutus

      Bravo! …dann kriegen’s auch die Richtigen!

    • ostern

      @gulli
      Ganz deiner Meinung, aber die Politik unsere Landes will und versteht das nicht.
      Warum wohl?
      Da würden unsere armen südtiroler Bauern durch den Rost fallen, denn bei den Steuern Zahlen liegen sie nicht an der Spitze. Das ist eben die „Bauernpartei SVP“

    • fakt60ist

      @gulli, vollkommen deiner Meinung. Das ganze System ist gewollt so geschaffen worden. Man muss der arbeitenden Bevölkerung quasi alles von ihrem Verdienst wegnehmen, um dann nur mehr dort hin zu verteilen, was dann den eigenen Machterhalt sichert. Der Rest, ist denen egal, nach uns die Sündflut…das ist das Denken der heutigen Politik. Betriebe, würden gerne ihren Arbeitnehmern mehr bezahlen, wenn denen nicht die Politik so viel entziehen würde…zu viel Beitragspolitik, führt am Ende zu Diktatur!!!

  • olle3xgscheid

    Interessant auch ; wie und von wem wurden die ganzen Covid- Millionen and Aufstiegsanlagen, Hotelliere, Bauern pro Kopf 600€ uvm. berechnet?
    Hat aber nicht 2 Jahre gedauert oder?

  • dn

    Wenn man sich diese Förderungen und das Prozedere genau durchrechnet, landet das Geld sowieso in fremden Taschen, ein Durchlaufposten für den Antragsteller. Wer relativ günstig zu einer Wohnung kommen will, der sollte eine sanierungsbedürftige Wohnung suchen.

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