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Das Märchen vom bösen Wolf

Die Südtiroler Bauernjugend und die Jungbauern aus dem Trentino haben ihr gemeinsam ausgearbeitetes Positionspapier zum Thema Großraubwild vorgestellt.

Die Südtiroler Bauernjugend (SBJ) und die Jungbauern aus dem Trentino präsentierten am Mittwoch im Repräsentationssaal des Landtags in Bozen ihr gemeinsam ausgearbeitetes Positionspapier zum Thema Großraubwild den Regionalratsabgeordneten. Zahlreiche Abgeordnete aus Trentino und Südtirol seien erschienen, „um sich die Sorgen der Jugend“ anzuhören, heißt es in der SBJ-Aussendung.

„Wir gehen im Positionspapier auf wichtige Aspekte ein, diese beziehen sich nicht ausschließlich auf die Landwirtschaft, sondern schließen kulturelle, touristische und ökologische Punkte mit ein. Wir wollten nicht nur kritisieren, wir haben versucht konstruktive Vorschläge einzubringen, welche in nächster Zeit umgesetzt werden sollen“, erklärt SBJ-Landesobmann Raffael Peer zu Beginn der Übergabe.

Großraubwild, wie Wolf, Goldschakal, Bär und Luchs, Breitee sich im Alpenraum rasant aus und nehme eine immer größer werdende Gefahr für die Berglandwirtschaft an, aber nicht die Berglandwirtschaft sei  von der Gefahr betroffen. „Die Heimat, wie die Südtirolerinnen und Südtiroler sie kennen, könnte für nachfolgende Generationen anders aussehen und sich auch anders anfühlen. Almen verwuchern, Nutztierrassen sterben aus, duzend Höfe werden aufgelassen, Pflanzenarten werden verdrängt – all dies passiert im schlimmsten Fall. Die große Frage, die im Raum steht, ist: Wird die Politik vorher eingreifen und schlimmeres verhindern?“

Auch die Junge Generation in der SVP, die Junge Südtiroler Freiheit und die Hoteliers- und Gastwirtejugend teilen die Sorgen und Forderungen der Südtiroler Bauernjugend und haben ihre Unterschrift unter das Positionspapier gesetzt.

Gemeinsamer Managementplan für den gesamten Alpenraum

Die Forderungen sind klar:

Es brauche rasch effiziente gesetzliche Grundlagen, die den Abschuss von Problem- und Schadtieren ermöglichen. Die genaue Anzahl an Wölfen im Alpenraum müsse sauber erfasst und in einer gemeinsamen Datenbank gespeichert werden. „Dabei soll vor allem die Transparenz bei der Meldung der Anzahl an Wölfen eine große Rolle spielen, denn es könnte sich herausstellen, dass die Population inzwischen zu hoch geworden ist und der Wolf schon gar keine bedrohte Tierart mehr ist“, betont Alessio Chistè, der Präsident der AGIA Trentino.

Wenn festgestellt werde, dass die Population viel höher ist, als in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie verankert wurde, müsse der Schutzstatus des Wolfes abgeändert werden.

Landesobmann Raffael Peer

Lebenswerte Zukunft für unsere Kinder

Die Jugend macht sich nicht nur Gedanken über die Gegenwart, vor allem die Zukunft bereitet den jungen Menschen Sorgen.

„Auch wir machen uns Sorgen um die Zukunft unserer Kinder“, erklärt Landesobmann Raffael Peer, „wenn es im Wald raschelt, dann dachte man früher, als wir selbst klein waren, es wäre ein Eichhörnchen, mittlerweile fällt einem dabei wieder das Märchen vom bösen Wolf ein. Auch unsere Kinder sollen noch draußen und im Wald spielen dürfen, denn dies hat uns geprägt und dies möchten wir unseren Kindern nicht vorenthalten.“

Jedes Jahr im Frühjahr und Herbst würden Tausende Tiere auf die Almen getrieben. Die Transhumanz, die traditionelle Hirtenpraxis der Wanderweidewirtschaft sei im Jahr 2019 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen worden. „Diese einzigartige Kultur, die uns ein Heimatgefühl gibt, darf nicht aussterben,“ betont Raffael Peer.

Höfesterben und Tierwohl

Bei der letzten Landwirtschaftszählung habe sich gezeigt, dass innerhalb von zehn Jahren 1,1% der landwirtschaftlichen Betriebe in Südtirol und 13,4 % der Betriebe in Trient geschlossen wurden.

Viele Kleinbetriebe lebten von Schafen und Ziegen und seien um das Wohl ihrer Tiere bemüht. Die Tiere das gesamte Jahr über im Stall zu lassen, sei keine Option, denn das Tierwohl darf nicht in Vergessenheit geraten. Auf der anderen Seite sind die Nutztiere auf der Alm nicht mehr sicher. „Die Motivation einen Betrieb zu übernehmen oder weiter zu bewirtschaften, wird den Jungbauern genommen, denn wenn das Herzblut, das hineinsteckt wird, in einer Nacht umsonst gewesen ist, kann die Freude ganz schnell in Frust umschlagen“, so hieß es.

„Ein Tier unter Schutz stellen ist immer einfacher als den Schutzstatus wieder aufzuheben, mit einer bestimmten Situation werden wir in Zukunft zurechtkommen müssen, dies muss allerdings in einem Ausmaß stattfinden, dass eine Beweidung der Almflächen noch möglich ist“, stimmt Landesrat für Landwirtschaft Arnold Schuler zu.

Die Sachlage aus touristischer Sicht

Die Landwirtschaft und der Tourismus arbeiten eng als Partner zusammen: Die Bauern pflegen die Landschaft, der Gäste und Einheimische können sich an der gepflegten Landschaft und hohen Artenvielfalt erfreuen und die Alm als Erholungsraum nutzen. Deshalb kann man hier unmöglich Herdenschutzhunde einsetzen, diese werden darauf trainiert die Herde zu beschützen. Wenn ein Wanderer durch die Weide geht, greifen sie auch diesen an.

Das Thema Großraubwild beschäftigt inzwischen die breite Bevölkerung, auch die Hoteliers- und Gastwirtejugend (HGJ) hat sich zu dem Thema Großraubwild in Südtirol positioniert: „Jede Alm, die wegen der Großraubtiere und den mittlerweile zahlreichen Rissen von Schafen und Jungrindern von den Bauern aufgelassen wird, hat zur Folge, dass die Almwirtschaft und somit auch die gepflegte Landschaft auf den Almen zurückgeht. Auch aus touristischer Sicht muss diese Entwicklung gestoppt werden, denn die Populationen steigen ständig und Einheimische und Gäste müssen Angst vor Bären und Wölfen haben. Deshalb ist es notwendig, seitens des Gesetzgebers einzugreifen.“, erklärt HGJ-Landesobmann Daniel Schölzhorn in seiner Stellungnahme, die ebenfalls im Positionspapier seinen Platz gefunden hat.

Hilferuf der Jugend

Abschließend spricht Regionalratspräsident Josef Noggler: „Dies ist ein Hilferuf der Jugend an die Politik, man erkennt an den zahlreich erschienen Politikern, dass der Hilferuf der Jugend gehört wird.“

 

 

 

 

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Kommentare (12)

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  • robby

    Mit Ach und Krach den Pflichtschulabschluss geschafft und nun wissenschaftliche Abhandlungen verfassen. Ich lach mich kaputt.

  • franz19

    Das Thema ist seit 3-4 Jahre aktiv und jetzt zeigen sich die Bauernvertreter mit Mappen in der Hand…schämt ihr euch eigentlich nicht,was habt ihr bis jetzt gemacht??
    Achja ,abkassiert!!!

  • criticus

    Papier hin, Papier her, wenn nichts geschieht werden einige dieser Politiker vor den Wölfen wegen verursachter Skandale abgeschossen!

  • klum

    Zitat: „Almen verwuchern, Nutztierrassen sterben aus, duzend Höfe werden aufgelassen, Pflanzenarten werden verdrängt“ IM ERNST JETZT? GEHTS NOCH?

    Aktueller Stand: Almen versuren, Nutztiere werden überzüchtet und zu Tode geschundenen, Höfe werden schon seit 30 Jahren aufgelassen. Pflanzenarten (Artenvielfalt) werden durch landwirtschaftliche Nutzung verdrängt. Das komplette Gegenteil ist also der Fall.

  • klum

    Mich würde bei dieser Thematik Prozentsätze interessieren. Wie viele Schafe, Ziegen usw. gibt es in Südtirol insgesamt? Wie viele Schafe, Ziegen usw. sind (vor es Wolf und Bär) gab im Spätsommer nicht von der Alm zurück gekehrt? (abgestürzt, verhungert, erkrankt, verendet, vom Blitz erschlagen, erfroren …) Sind da statistisch 50, 100 oder mehr Wolfsrisse relevant?
    Oder noch krassere Frage: wie viele dieser Tiere überleben prinzipiell 3 Jahre und landen nicht auf unseren Tellern oder als Tierfutter?
    Ich bin übrigens trotzdem für den Abschuss (sogenannte Entnahme) von Problem-Viechern.

  • perikles

    Meine wissenschaftliche These lautet dass das einzige Tier, das sich den Alpen wirklich rasant verbreitet, der Borkenkäfer ist. Den hab ich auch gesehen, aber weder Wolf noch Bär und schon gar keinen Luchs.

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