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Nein zu 36-Stunden-Woche

Der Landtagsabgeordnete der 5-Sterne-Bewegung Diego Nicolini ist meinem Antrag, die wöchentliche Arbeitszeit der der Landesbediensteten auf 36 Stunden zu senken, abgeblitzt.

Diego Nicolini hat in der Oktober-Sitzungswoche im Landtag einen Antrag zu den Kollektivverträgen auf Landesebene eingebracht.

Der Succus des Antrages:

Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 36 Stunden zu senken, wie es im Großteil der nationalen Kollektivverträge (siehe Provinz Trient und Region Trentino-Südtirol) vorgesehen ist; die veränderten Arbeitszeiten würden Einsparungen bei den Stromkosten der Landesverwaltung ermöglichen; 2. den Bediensteten den Zugang zum Smart Working zu erleichtern; 3. bei der Arbeitszeitgestaltung größere Flexibilität einzuräumen, etwa, indem die Kernarbeitszeit am Freitagnachmittag gestrichen wird; 4. im Falle von Mobilität zwischen Körperschaften eine flexiblere Arbeit zu ermöglichen, wie von den nationalen Kollektivverträgen vorgesehen; 5. die Zahl der Ferientage für Bedienstete, die seit über 30 Jahren im Dienst sind, zu erhöhen, oder festzulegen, ab welchem Alter dies gelten soll.

Die Landesbediensteten hätten seit dem letzten Vertragsabschluss 8 Prozent an Kaufkraft verloren, erklärte der Einbringer des Antrags Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung).

Mit diesem Antrag schlage er aber qualitative Verbesserungen vor.

In der ganzen Welt werde die Arbeitszeit reduziert, in Italien werde mehr Stunden gearbeitet als in Deutschland.

Während der Pandemie seien die Smartworker von 5.000 auf 80.000 gestiegen, auch das sei also möglich, ein Beitrag, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Mehr Flexibilität sei bei der Arbeitszeit wie auch zwischen Körperschaften leicht möglich.

Ulli Mair (Freiheitliche) sah sich auf einem anderen Planeten als Nicolini. Aus der Privatwirtschaft höre sie, dass es wegen dieser Flexibilität in den Ämtern unendlich lange Wartezeiten gebe. Smart Working sollte die Ausnahme bleiben, die Bürger sollten nicht auf alltägliche Dienste warten müssen. Wenn der Freitagnachmittag frei bleibe, dann würde die Verwaltung vielleicht sparen, aber auf Kosten der Bürger und Betriebe.

Die 36-Stunden-Woche klinge gut, meinte Hanspeter Staffler (Grüne), aber man bräuchte dann sofort 1.5000 Mitarbeiter mehr, um die Dienste abzudecken.

Smartworking habe sich stark entwickelt, aber das optimale Gleichgewicht sei noch nicht gefunden: Das während der Pandemie eingesetzte System war kein Smartworking, sondern Homeoffice, was zu Problemen bei den Schaltern und verschiedenen Diensten führen konnte.

Er sprach sich durchaus für Flexibilität und eine Erhöhung der Zahl der freien Tage für leitende Angestellte aus, was auch Teil des Altersmanagements sei. Es müsse alles getan werden, um die Tarifverträge zu aktualisieren, und zwar mit angemessenen finanziellen Mitteln sowie mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen dieser Art.

Helmut Tauber (SVP) erklärte, dass er mit diesem Vorschlag Bauchweh habe: Nach zwei Jahren der Pandemie seien die Energiepreise explodiert, es gebe immer weniger Arbeitskräfte, und es werde auch noch vorgeschlagen, die Arbeitszeit der Beschäftigten zu verkürzen? Wer würde dann in Zukunft arbeiten? Stattdessen müsse man das Signal geben, dass sich Arbeit lohne, etwa durch die Einführung von Sozialmaßnahmen für Jugendliche, von Ausbildungskursen, anderen Maßnahmen.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) stimmte dem zu. Die Maßnahmen, die der Antrag fordere, seien Alternativen zur Lohnerhöhung. Man müsse endlich das Geld finden, um diese zu ermöglichen. Sie wies auch darauf hin, dass das Thema eine Angelegenheit zwischen Tarifpartnern sei, da sollte der Landtag nicht dreinreden. Höhere Löhne seien gerade angesichts der Teuerungen ein Muss, und die öffentliche Hand sollte dabei vorangehen.

Hochmotivierte Mitarbeiter würden weit mehr als 40 Stunden die Woche arbeiten, erklärte Josef Unterholzner (Enzian). Das verdiente Geld werde in der Freizeit verbraucht, und bei mehr Freizeit brauche man mehr Geld. Derzeit würden überall Fachkräfte gesucht. Eine bessere Motivation wäre es, die Überstunden weniger zu besteuern. Er sei für flexible Arbeitszeiten, da vermeide man den Stau am Morgen und sei produktiver.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bat um getrennte Abstimmung zu den einzelnen Punkten; einigen könne er zustimmen, anderen nicht. Smart Working dürfe man nicht mit Homeoffice verwechseln, und es sei auch ein Beitrag zur Aufwertung des ländlichen Raums. Der freie Freitagnachmittag sei nicht überall möglich, aber in manchen Bereichen durchaus sinnvoll, auch, damit der Arbeitgeber in Zukunft noch attraktiv bleibe.

Helmuth Renzler (SVP) erinnerte Unterholzner daran, dass die heutigen Arbeitszeiten hart erkämpft wurden und dass man nicht ausschließlich für die Arbeit lebe. Er sei wie Nicolini für eine Reduzierung auf 36 Stunden, aber verbunden mit einer Lohnerhöhung, da man mit mehr Freizeit mehr Geld brauche, wie Unterholzner gesagt habe. Die Arbeitszeit sei Gegenstand von Kollektivverträgen, das könne man nicht per Gesetz vorschreiben. Zu Smart Working gebe es Regelungen auf staatlicher Ebene, die zwischen den Tarifpartnern genauer definiert würden. Auch eine Verlängerung des Urlaubs nach 30 Jahren müsse ausgehandelt werden.

Man sollte Arbeit nicht nur nach Stunden und Jahren messen, man sollte auch ihre positiven Seiten hervorheben, meinte Gerhard Lanz (SVP). Die jüngere Generation von heute habe andere Vorstellungen und Ziele, sie denke nicht gleich an Familiengründung oder Hausbau. Auf diese müsse man sich konzentrieren. Die Flexibilität sollte auch aus der Sicht des Kunden bewertet werden. Schließlich müsse man festhalten, dass man nicht arbeite, um in Pension zu gehen, sondern auch, um eine interessante Beschäftigung zu haben.

Brigitte Foppa (Grüne) fand die Diskussion interessant und den Antrag Nicolinis berechtigt. Es könne in dieser Zeit der Personalknappheit nicht die Strategie sein, dass alle 60 Stunden arbeiten. Dass Arbeit nur in Präsenz möglich sei, sei ein Mythos, auch zu Lasten der Frauen. Viele Jugendliche würden die Arbeit ernst nehmen, aber sie wollten vielleicht nicht mehr so lange arbeiten. Wer mehr Freizeit habe, brauche nicht unbedingt mehr Geld, manche hätten auch Angehörige zu pflegen.
Arbeit sollte auch für die Arbeitenden einen Mehrwert haben, meinte Magdalena Amhof (SVP). Zu Nicolinis Vorschlag, die Wochenstunden auf 36 zu reduzieren, wies sie auf den enormen Fachkräftemangel in der Landesverwaltung hin, was zu den von der Wirtschaft beanstandeten Wartezeiten führe.

Brigitte Foppa

Die Möglichkeit zum Smart Working bestehe bereits, aber in bestimmten Bereichen sei das nicht möglich, etwa im Front Office. Sie kündigte schließlich die Gegenstimme der SVP an.

LR Waltraud Deeg betonte, dass viele dieser Forderungen Sache der Verhandlungspartner seien. Die Jugendlichen bräuchten eine Perspektive bei der Arbeit, sie hätten aber wenig Lust, wenn das Geld nicht bis zum Monatsende reiche. Eine Reduzierung der Wochenstunden sei schwierig, wenn man die Dienste bei diesem Personalstand aufrechterhalten wolle.

Sie sei froh, dass das Land 2016 auf Cloud-Systeme umgestellt habe, das habe es 2020 ermöglicht, den Betrieb über Smart Working aufrechtzuerhalten. Der freie Freitagnachmittag werde derzeit diskutiert, in vielen Bereichen, etwa in der Pflege, sei er nicht möglich. Die Flexibilität zwischen Verwaltungen sei bereits geregelt, mit demselben Beschluss sei auch das Age Management berücksichtigt worden.

Diego Nicolini bedankte sich für die Diskussion und stellte fest, dass die von den Abgeordneten angesprochenen Probleme genau die seien, die er lösen wolle: Junge Menschen, die sich um einen Arbeitsplatz bewerben, fragten sofort nach Flexibilität und intelligentem Arbeiten, denn es mache keinen Sinn, jeden Tag von Bruneck nach Bozen zu fahren, um dort vor dem PC zu stehen. Im Ausland hätten die Menschen weniger gearbeitet und mehr verdient.

Die Aufgabe der Zivilisation sei es, mehr zu produzieren und die Menschen weniger arbeiten zu lassen, es sei falsch, die Zahl der Arbeitsstunden mit der Menge der Produktion in Verbindung zu bringen. Derzeit werde der Privatsektor attraktiver als der öffentliche, auch mit der 4-Tage-Woche. Es sei ihm bewusst, dass viele Forderungen Sache der Tarifpartner seien, aber die Landesregierung sei einer davon.

Der Antrag wurde in getrennten Abstimmungen zu den einzelnen Teilen mehrheitlich abgelehnt.

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