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„Die Blutsauger im System“

 

Der Verbraucherschutzverein Robin übt Kritik an der Politik und an den Medien: Günstigere Strompreise wären ohne Gesetzesänderung möglich – man müsse nur wollen.

von Artur Oberhofer

Walther Andreaus nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Entweder man hat hierzulande überhaupt nicht verstanden, in welche Falle man sich durch die Liberalisierung des Strom-Marktes gebracht hat, oder man hat dies sehr wohl verstanden, freut sich über den Selbstbedienungsladen und zeigt mit dem Finger auf andere, weit weg“, so der Sprecher des Verbraucherschutzvereins Robin.

Laut Andreaus herrsche auf Seiten der Anhänger freier Märkte und der neoliberalen Schule in Brüssel und in Rom nur „ein sehr begrenztes Interesse“, das Übel an der Wurzel zu packen.

Apropos Übel: Warum, so gibt Walther Andreaus zu bedenken, werden mit Energie Milliarden verdient? Warum werden Strom und Gas an Börsen gehandelt? Warum landet ein großer Teil unserer Strom- und Gasrechnungen in den Kassen renditeorientierter Unternehmen?  „Energie“, so beantwortet  Andreaus die Fragen selbst, „ist die Blutbahn der Wirtschaft und der Haushalte und sollte der Spekulation, da zur Grundversorgung zählend, entzogen sein.“

Walther Andreaus übt auch Kritik an der Rai-Sendung „Am runden Tisch“ vom vergangenen Montag, die ganz im Zeichen der explodierenden Energiepreise stand.

Die grundlegenden Fragen – wie jene, warum ein Gutteil der Strom- und Gaseinnahmen in den Kassen renditeorientierte Unternehmen landet – habe man in der Sendung nicht gestellt. „Diese zentrale Frage“, so Walther Andreaus, „will man auch in der Öffentlichkeit lieber nicht stellen und die bestehenden marktkonformen Strukturen, kurzfristig, über Instrumente wie öffentliche Maßnahmen, sprich Geld der Steuerzahler retten.“

Statt die Spekulation mit einem Gemeingut zu bekämpfen, würden weitere Geldquellen gesucht, um diese noch zu fördern. „Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert, man kennt das ja“, so Andreaus.

Derweil müssten VerbraucherInnen und Betriebe gegen existenzbedrohliche Herausforderungen kämpfen. „Und nicht – wie man mit einer ,Spontanumfrage‘ glauben lassen will – mit ,einigen Sorgen‘“, so Andreaus.

Das Beispiel der 82-Jährigen, die im Supermarkt stehlen muss, um über die Runden zu kommen, sei erst der Anfang, so der Verbraucherschützer Andreaus. Leider würden es viel mehr werden, daher sei ein Umdenken notwendig.

Wo würde Walther Andreaus die Hebel ansetzen, um den explodierenden Energiepreisen zu trotzen?

„Die Energieautonomie mittels einer eigenen Regulierungsbehörde ist sicherlich erstrebenswert, führt aber nicht automatisch zu günstigeren Preisen“, glaubt Andreaus. „Vor allem nicht mit den derzeit Beteiligten. “

Günstigere Strompreise seien heute ohne jegliche Gesetzesänderung schon möglich.  „Man muss nur wollen“, sagt Walther Andreaus.

Und er fügt – ohne Namen zu nennen – sein persönliches Beispiel an. Er und dutzende VerbraucherInnen und Betriebe in Südtirol beziehen Strom zu 7,7 Cent/kWh Energiekosten (gegenüber den aktuellen 53,4 Cent/kWh im Grundversorgungsdienst, Gesamtkosten 66 Cent/kWh). Er und die anderen VerbraucherInnen und Betriebe bezögen diesen Strom „von einer nachhaltigen Stromgenossenschaft, die keineswegs eine sogenannte „historische Genossenschaft“, sondern eine ziemlich neue Genossenschaft sei, die ihren Sitz nicht in Südtirol habe.

Walther Andreaus ärgert sich, dass „im Hauptabendprogramm der Rai eine ganze Runde von gutbezahlten Politikern, Experten und Journalisten behaupteten, es brauche eine Loskoppelung vom Gaspreis und vom nationalen Stromsystem, um an günstigeren Strom zu kommen.

Das stimme so einfach nicht, so der Verbraucherschützer.

Robin-Geschäftsführer Walther Andreaus weiter:

„Das wirkliche Problem beim Südtiroler Strom besteht darin, dass sich eine ganze Garde vonn ,Blutsaugern‘ am System labt. Das Gemeingut Wasser wird direkt oder indirekt für private Zwecke genutzt. Das müsste nicht sein. Man könnte heute schon, auch letzten Frühjahr, als die Preise stark angezogen haben, mit den Mitteln, die die Südtiroler Politik zur Verfügung hat, eine Genossenschaft gründen und mit entsprechenden Anpassungen an die derzeitigen Regeln günstigen Strom an die Mitglieder verteilen. Es fehlt einzig und allein der politische Wille, warum auch immer.“

Anstatt diesen Weg zu gehen, versuche man, den edlen „Blutspender“ Südtiroler Stromsystem über die Runden zu retten. „Denn für viele Verantwortliche halten sich die Belastungen in Grenzen, die Kosten für das Politikversagen zahlen die VerbraucherInnen und die Betriebe durch soziale Härten, unbezahlbare Rechnungen, Zerrüttung der finanziellen Haushalte, Produktionsausfälle und  Schließungen, so Andreaus.

Thomas A. Edison, der Erfinder der Glühbirne, prophezeite im Jahr 1880, dass – Zitat – „Elektrizität bald so billig sein wird, dass sich nur noch die Reichen Kerzen leisten werden können“.

Für das Südtiroler Stromsystem sei die Prophezeihung nicht eingetroffen. Andreaus: „Hier bei uns ist das Gemeingut Strom zu einem Luxusgut verkommen, man muss sich nur vergegenwärtigen, dass in Innsbruck 20,7 Cent/kWh berechnet werden.“

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (24)

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  • gscheidhaferl

    Endlich mal wird gesagt was Sache ist!

  • unglaublich

    „Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert, man kennt das ja“ genau so ist es im Land der sog. Sammelpartei.
    Wieso sollten Private an Wasserkraftwerke beteiligt sein?

    • rumer

      @unglaublich
      du hast vom Artikel rein gar nichts verstanden. Gerade weil die Politik (der Staat/Land) Kraftwerke betreibt, ist es bei uns so teuer.
      Alle Kraftwerke gehören in die Hand von Privaten, Firmen oder Genossenschaften, die zahlen wenigstens Steuern.

      • andreas

        Auch Alperia zahlt Steuer und zusätzlich kommen die Gewinne dem Land und den Gemeinden zugute, welche dann für öffentliche Maßnahmen eingesetzt werden.

        Eisackwerk von Frasnelli wäre privat, also in deinem Sinne, wieviel kostet da der Strom bzw. bietet der eigentlich den Strom direkt an?
        Auch Fri-El, das Unternehmen der Gostner scheint den Strom nicht direkt anzubieten.

        Welchen Vorteil siehst du da?

        • leser

          Anderle
          Das mit den steuernzahlen der alperia musst du mir erklären
          Weisst ja eh da ich ja so dumm bin

          Wasser ist volkseigentum
          Und jeder Missbrauch sollte strafbar gemacht werden
          Frasnelli hat man 2 Kraftwerke geschenkt, damit die räuberstruktur nicht aufgeflogen ist
          man sollte andraeaus schon verstehen wollen was er gesagt hat
          Dass Gauner am Werk sind da hat er vollkommen recht

        • hallihallo

          andreas , wer jetzt noch das system sel und alperia verteidigt, hat wohl irgend einen posten ergattert. .
          was hilft es mir , wenn ich sauteuren strom zahle und die alperia damit die juventus sponsort??
          selbst du fällst auf das märchen rein, der gewinne der gemeinden.
          zuerst zahlen wir teuren strom, dann bezahlen wir steuern, damit das land die konzessionen teuer kauft und dann zahlen wir zuerst gemeindesteuern, damit die gemeinden aktien des landesstromkonzerns kauft.
          aber solange leute wie du diese absurde system als gut befinden, wir sich darin nichts ändern.

          • andreas

            Dann nenne mir doch einen Anbieter, wo ich 100 kW/h im Monat für 12 Cent bekomme und der wirtschaftlich stabil wie Alperia dasteht und den Preis auch halten kann.

            Ihr schwafelt alle was daher und jammert, aber außer dass alle anderen es besser machen kommt nix.
            Nur, wer sind diese anderen?

      • unglaublich

        @ rumer
        wieviel ist 1+1 Herr Versteher? Was mich ärgert, ist dass einige in diesem Land die Bürger für blöd verkaufen. Leider gelingt das all zu oft. Und ja, wenn es heute „Regelungen“ im Hinblich zur Preisentwicklung gibt, die den Bürgern viel Geld kosten, dann hätte man (unsere Volksvertreter) sich auch schon viel früher etwas einfallen lassen können.

    • hallihallo

      lieber ist mir die privaten sind an den wasserkraftwerken beteiligt, als unsere öffentlichen. die haben nämlich deine und meine steuergeldern genommen und haben damit überteuert die großkraftwerke gekauft. vor drei jahren haben viele gemeinden wieder deine und meine steuern genommen und sich indirekt aktien der alperia gekauft, weil man ihnen eine hohe rendite versprochen hat.
      in südtirol spekulieren mehr die öffentlichen als die privaten.
      schon zu laimers zeiten wäre die alternative gewesen , in südtirol vier-fünf große stromgenossenschaften der bevölkerung zu gründen. aber man wollte die macht in bozen halten.

  • nobodyistperfect

    https://youtu.be/CdBo34ycvkw

    Wie gut das Lied zu Südtirol passt!

  • andreas

    Nichts gegen Walther Andreaus, er macht eine gute Arbeit, aber von einer neu gegründedeten Genossenschaft reden, welche er nicht nennt oder einen pauschalen Strompreis in IBK nennen, welcher nicht stimmt, nützt jetzt auch nicht wirklich viel. Auch dort gibt es diverse Anbieter und diverse Angebote.
    https://www.ikb.at/energie/stromtarife-privat/eco
    Neue Anbieter haben auch recht oft die Angewohnheit günstige Einstiegstarife zur Kundengewinnung anzubieten, um diese dann zu steigern.

    Die Diskussion „Am runden Tisch“, war nicht wirklich zielführend, da der LH und der Direktor der Alperia etwas von sozialem Engagement sprachen und dass Land und Gemeinden die Gewinne der Alperia für irgendwas einsetzen.
    Die Aussagen des Unternehmers waren etwas eigenartig und konkrete Angebote oder Aussagen kamen auch keine vom Geschäftsführer des Südtiroler Energieverbandes, welcher aber bestätigte, dass Alperia nicht von einem Tag auf den anderen den Strom frei verkaufen kann.

    • sougeatsnet

      @andreas lesen muss man wollen, nicht nur können.
      Diese Genossenschaft müsste bei uns gegründet werden und könnte dann Ökostrom billiger verkaufen. Das Problem ist doch, dass Alperia nicht nur Südtiroler als Kunden hat, sondern mehr als die Hälfte außerhalb. Dafür reicht unser günstige Wasserstrom nicht, sondern mehr als die Hälfte muss noch teurer Gasstrom zugekauft werden. Das Problem besteht nun darin, dass dieser nun viel teurer geworden ist und Alperiakunden diesen teuren Gasstrom mitbezahlen müssen. Würden wir nur südtiroler Ökostrom verwenden (in der neu zu gründenden Gesellschaft) so wäre der Strom weiterhin günstig. Bei ungünstigen Lieferverträgen könnte Alperia sich da gewaltig in die Finger schneiden, weil sie den Strommix unter Preis verkaufen muss. In D mussten Energiefirmen dabei gestützt werden. Das kommt daher, dass man den großen Reibach landen wollte.
      Der Strompreis in IBK ist wirklich erheblich niedriger als unserer, eine mir ganz nahestehende Person lebt in IBK und bezahlt dort erheblich weniger als ich, ich selbst bezahle bereits weniger da nicht Alperiakunde. Manchmal hilft es bereit die Stromrechung mit dem Nachbar zu vergleichen, da kommen allerlei Sachen ans Tageslicht.

      • andreas

        Noch so einer der irgendwas daherschwafelt und eigentlich keine Ahnung hat.

        In Deutschland mussten 2 Gasverteiler verstaatlicht werden und ca. 900 regionale müssen wohl unterstützt werden, von Stromhändliern wüsste ich nichts.
        Aber du kannst mir die Stromhändler sicher nennen.
        Im Operettenstaat musst der Staat Wien Energie kurzfristig mit 6-10 Milliarden stützen, da sie sich mit Termingeschäften grandios verspekuliert haben.

        Nenne doch Zahlen, wieviel du und der in IBK zahlt.

        Die Alperia hat teuren Ökostrom verkauft und billigen eingekauft, das war lange Zeit ein lukratives Geschäft.

        Also bitte, wenn du mich belehren willst, nenne Fakten und spar dir solches pauschales Blah, Blah.

        • sougeatsnet

          @ndreas, du bist der, welcher in die Enge getrieben nur mehr bla bla von sich gibt. Habe jetzt nicht die Zeit meinen Strompreis auszurechnen, mein Stromanbieter ist in Europa ein großer, in I aber bescheiden kleiner. Und ja in A gibt es ein großes Strompreisgefälle Wien – Tirol, aber das versteht ein Schlauer wie du ja nicht. Muss jetzt zur Arbeit.

        • sougeatsnet

          Letzte Stromrechung (2 verschiedene Anschlüsse 220V + 380V) mit allen Spesen (ohne canone Rai) 0,346 € je kWh. Wenn man genau vergleicht müsste man alles aufteilen, ebenso F1, F2 und F3 …;

  • criticus

    „Derweil müssten VerbraucherInnen und Betriebe gegen existenzbedrohliche Herausforderungen kämpfen“
    Leider ist es so, und unsere PolitikerInnen von A bis Z haben dafür kein offenes Ohr, denn erstens bekommen DIE ja für jeden Furz eine Zulage und zweitens sind Flügelkämpfe der SVP viel wichtiger.

  • morgenstern

    Das ganze System ist krank, dagegen ist Corona nur ein leichter Schnupfen.

  • bettina75

    UNSERE POLITIKER SOLLEN ZUSAMMENPACKEN !!!!
    ALLE !

  • olle3xgscheid

      „Energie“, so beantwortet  Andreaus die Fragen selbst, „ist die Blutbahn der Wirtschaft und der Haushalte und sollte der Spekulation, da zur Grundversorgung zählend, entzogen sein.“
    Das sagt eigentlich schon alles!
    GRUNDVERSORGUNG Leute wir lebenn im 3. Jahrtsnd und unsere Politik und schei… auf die Rechte ihrer Bürger

  • tirolersepp

    Herr Andreaus Fakten und nicht um den Brei herumreden!

    Das Land will die Gewinne selbst verteilen und nicht billigen Strom an alle verteilen!

    Irgendwo müssen die Steuereinnahmen herkommen.

    Wollen alle billigen Strom, kein Problem, dann holt sich das Land halt irgendwo anders die Steuereinnahmen.

    Gibs keine Steuereinnahmen gibs keinen Wohlstand, soo einfach ist die gschicht!!

  • pingoballino1955

    66 Cent pro kw inclusiv Nebenkosten auf dem freien Markt Kosten im teuren,schönen Südtirol sagt alles! In Österreich 23 Cent pro kw! Was nun Herr LH und restliche VERSAGER???

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