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„Dinge nicht verkomplizieren“

Kuriose Debatte rund um „inklusive, antidiskriminierende und geschlechtergerechte Sprache“ in der Satzung der Stadt Bruneck: Ausgerechnet zwei junge Gemeinderätinnen haben nicht für den Antrag der Stadträtin gestimmt.

von Silke Hinterwaldner

Bereits die gewählte Form hat Seltenheitswert: Die SVP hat im Gemeinderat von Bruneck einen Beschlussantrag vorgelegt. Das passiert nicht alle Tage, schließlich können Regierungsmannschaften einige Dinge einfach beschließen.

„Aber mir war es wichtig“, sagt die Einbringerin Ursula Steinkasserer Goldwurm, „diese Diskussion auf eine breite Basis zu stellen.“

Als Stadträtin ist sie unter anderem zuständig für die Chancengleichheit und fühlt sich damit berufen dafür zu sorgen, dass sich niemand benachteiligt fühlt, auch nicht, sobald es um Sprache geht. „Mitgemeint zu sein, das reicht nicht, wenn sich alle angesprochen fühlen sollen“, sagt sie, „Sprache schafft Realität, daran ist nicht zu rütteln. Dem müssen wir Rechnung tragen.“

Deshalb hat Steinkasserer Goldwurm in ihrem Beschlussantrag festgehalten, dass in der Satzung der Stadtgemeinde eine „inklusive, antidiskriminierende und geschlechtergerechte Sprache“ verwendet werden soll. In diesem Bereich war die Stadt Bruneck bereits Vorreiterin, indem sie die Bauordnung in weiblicher Form verfasst hat.

Den Beschlussantrag vorgelegt, war sich Ursula Steinkasserer Goldwurm gewiss, eine breite Mehrheit an Stimmen zu bekommen. Dem war denn auch so.

Im Gemeinderat haben fast alle für die inklusive Satzung gestimmt. Aber es gibt ein Detail, das ganz besonders kurios anmutet. Gerade zwei junge Gemeinderätinnen, denen man gewiss nicht nachsagen kann, konservativ zu denken, haben schlussendlich nicht für den Antrag gestimmt: Es sind dies Anna Vicentini vom Team K sowie Barbara Medei von den Fünf Sternen und gleichzeitig so etwas wie die Wortführerin der LGBT-Bewegung in Bruneck (sie hat sich der Stimme enthalten).

„Ich gehe davon aus“, sagt Anna Vicentini, „dass die Satzung und alle Dokumente heute schon nicht diskriminierend sind.“

Außerdem verweist sie auf die weibliche Bauordnung und geht davon aus, dass man in diesem Zusammenhang auch andere wichtige Schriftstücke unter die Lupe genommen habe. Ihr geht es aber auch Grundsätzliches: „Ich befürworte es nicht, wenn man Dinge verkompliziert. Und: Auf diese Weise kann man kaum gegen echte Diskriminierung vorgehen.“

Sie spricht aber der Stadträtin nicht ab, guten Willen zu zeigen. Anna Vicentini regt sehr wohl die Diskussion an. Und sie sagt auch: „Sollte tatsächlich Diskriminierende in der Satzung stehen, gehört dies bitte schnell geändert.“

Eigentlich hätte man sich eher von den älteren Herren im Gemeinderat ein gewisses Unbehagen mit diesem Beschlussantrag erwarten können. Aber dass ausgerechnet zwei junge Rätinnen ihn nicht mitgetragen haben, hat Stadträtin Ursula Steinkasserer Goldwurm schon sehr gewundert. „Ich hatte mir das nicht erwartet“, sagt sie, „ich schätze die beiden Gemeinderätinnen sehr. Aber es erschließt sich mir nicht, warum sie den Antrag nicht mitgetragen haben. Es sollte grundsätzlich keine Frauen-Diskussion werden, hier geht es um ein Gesellschaftsthema.“

Die Satzung der Gemeinde Bruneck kann nicht mir nichts dir nichts abgeändert werden. Sie ist gewissermaßen die Verfassung der Stadt und kann deshalb nur mit einem Beschluss des Gemeinderates umgeschrieben werden. Das heißt: Der Gemeinderat hat sich nicht zum letzten Mal mit dem Thema beschäftigt.

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