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„Können der Maske Ade sagen“

Im Herbst soll die Maskenpflicht in den Schulen wegfallen. Was der Osttiroler Infektiologe Gernot Walder davon hält.

Tageszeitung: Herr Walder, im Herbst soll die Schule ohne Maskenpflicht beginnen. Erlaubt uns die epidemiologische Lage überhaupt das Wegfallen der Maske?

Gernot Walder: Aus heutiger Sicht ja. Zwar ist Corona immer noch für eine Überraschung gut, die Immunitätslage der Bevölkerung rechtfertigt derzeit aber keine Maßnahmen, die über die einer stärkeren Influenzasaison hinausgehen. Auch 2009, beim Auftreten der neuen Influenza H1N1 („Schweinegrippe“), wurden die Kinder dazu aufgefordert, in der Schule Masken zu tragen – und das, obwohl bekannt war, dass sie Influenzazyklen wesentlich stärker befeuern als die letzten Corona-Wellen. Wir müssen langsam dazu übergehen, einen nachhaltigen Umgang mit dem Risiko Infektionskrankheiten zu finden und dürfen uns nicht mehr ängstlich auf Corona konzentrieren. Es ist an der Zeit, dass ein gewisses Maß an Normalität eintritt.

Braucht es die Maske in anderen Bereichen?

Im Sanitätswesen, im Umgang mit Infizierten, bei der Exposition gegen Aerosole, überall, wo es die Arbeitssicherheit und der Hausverstand gebieten, hatte die Maske vor Corona ihren Sinn und wird ihn auch nach Corona haben. Aus jetziger Sicht können wir der Maske in der Öffentlichkeit Ade sagen, auch wenn wir weiter wachsam bleiben müssen.

Wie schlimm ist es, wenn Kinder eine Infektion nach Hause bringen, wenn die meisten Lehrer, Eltern und Großeltern ohnehin geimpft sind?

Die Impfung ist für Betagte und Risikopersonen das beste Mittel, um das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufes zu minimieren. Wir wissen, dass die Impfung allerdings nicht davor schützt, Virusträger zu werden oder andere anzustecken. Kinder können natürlich Corona nach Hause bringen – genauso wie Influenza, RSV und andere Viren. Sie werden zu Hause andere Familienmitglieder anstecken, die Zahl der Fälle mit einem schweren Verlauf dürften sich aber weiterhin im Rahmen halten. Die Zahl null gibt es in der Medizin nicht, aber eine Überlastung des Gesundheitssystems nur durch Corona allein sehe ich auch im Herbst nicht kommen.

Auch die meisten Kinder sind entweder geimpft oder genesen. Wie hoch ist das Risiko einer Infektion in der Schule?

Die Herdenimmunität ist gegeben, aber für Kinder gilt natürlich dasselbe wie für alle: Zwar ist die Zahl der schweren Verläufe bei jungen Menschen sehr gering, jedoch gibt es im Falle einer Infektion auch Kinder, die es stärker trifft oder wo aufgrund vorbestehender Grundkrankheiten größere Vorsicht geboten ist. Trotzdem glaube ich, dass es schon eine Ausnahmesituation bräuchte, damit die Maskenpflicht in der Schule wieder eingeführt wird.

Sollte bei einem Infektionsherd, wenn mehrere Kinder einer Klasse positiv sind, die Maskenpflicht kurzfristig eingeführt werden?

Grundsätzlich wird es so sein, wie bei allen anderen Infektionskrankheiten auch. Wenn einer in der Klasse krank wird, wird er vermutlich speziell in der Grundschule einen Teil der Klasse auch anstecken. Die Betroffenen sollen so lange von der Schule fern bleiben, bis sie wieder gesund – und ja, auch negativ – sind. Wer krank oder positiv ist, bleibt zuhause. Das gilt für Corona, genauso wie für die Influenza, den Scharlach oder die Windpocken.

Wäre es schon früher möglich gewesen, die Maskenpflicht in den Schulen abzuschaffen?

Es hat bereits des Öfteren Diskussionen darüber gegeben. Inzwischen hat sich die epidemiologische Lage insofern stabilisiert, dass man sich diesen Schritt auch zutraut.

Wie wahrscheinlich ist eine erneute Corona-Welle beziehungsweise eine neue gefährlicher Variante im Herbst und Winter?

Die Wahrscheinlichkeit einer neuen Corona-Welle ist recht hoch, das müssen wir realistisch sehen – aber sie wird sehr wahrscheinlich genauso wenig spektakulär ablaufen, wie die letzten Wellen. Da bin ich eher unbesorgt. Man sollte jetzt das Augenmerk darauf legen, nachhaltige Strukturen zu schaffen, die es uns erlauben, mit dem Risiko von Infektionskrankheiten in Zukunft besser und entspannter umzugehen. Wir sind zu sehr auf Corona fokussiert und verlieren andere Infektionskrankheiten völlig aus dem Blick. Das könnte sich langfristig als Fehler herausstellen.

Wäre bei einem starken Anstieg oder einer neuen Variante eine Wiedereinführung der Maskenpflicht notwendig?

Nur die Infektionszahlen allein rechtfertigen die Restriktionsmaßnahmen nicht – das können wir seit dem Frühjahr bei jeder neuen Welle beobachten. Wenn positive Corona-Fälle allerdings mit einer hohen Anzahl an schwer Erkrankten verbunden sind, dann muss man sich überlegen, welche zusätzlichen Maßnahmen notwendig sind, damit die Situation für die Sanität gut bewältigt werden kann.

Interview: Sylvie Debelyak

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • andreas1234567

    Hallo zum Morgen,

    war das ein Interview oder hat da jemand achtmal nachgefragt ob man nicht doch eine Maskenpflicht haben könnte.

    Das Interview hätte spätestens nach der 2.Frage mit einem beherzten „Hergott noch einmal, dann trag doch deine geliebte Maske und zwar freiwillig und wenn du dir blöde vorkommst weil sonst kaum jemand diese Staubschutzmasken trägt ist das dein Pech“ beendet werden können

    Das ist nämlich das Problem dieser Leute, es muss schon Pflicht für alle sein, wer will sich schon gern auslachen lassen mit dieser dämlichen Gesichtsvermummung.

    Das Problem hab ich bis heute nicht verstanden. Wer mit einer Kaffeefiltertüte im Gesicht herumrennt ist der Vernünftige und schützt sein Leben, die anderen sind blöd und müssen sterben.
    Ist doch toll, bald nur noch Vernünftige auf diesem Planeten..

    Oder wie die Kaffeefiltertütenträger sagen:“ If maf daff auf Sollidiftäft um miff und Memme Miftmenfen tfu scfümztn“

    Ich würde ja gerne mit diesen Leuten vernünftig ins Gespräch kommen aber es nervt einfach dreimal nachzufragen bis man das Gebrabbel halbwegs gedeutet hat..

    Mpf Wfidasafehen üm Fsütfirolv

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