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Die Colli-Liste 

Andreas Colli

In Kastelruth kündigt sich ein politisches Comeback des im März aus dem Amt gejagten No-Vax-Bürgermeisters Andreas Colli an – als Bürgermeisterkandidat einer eigenen Bürgerliste. Die Volkspartei ist weiter auf Kandidatensuche. 

von Thomas Vikoler

Es war am Morgen des 17. März 2022. Sämtliche Mitglieder des Kastelruther Gemeinderates – außer der Bürgermeister – begaben sich frühmorgens im Rathaus, um beim Gemeindesekretär ihren Rücktritt von ihrem Mandat zu erklären.

Ziel der höchst ungewöhnlichen, parteienübergreifenden Aktion: SVP-Bürgermeister Andreas Colli aus dem Amt zu jagen. Colli hatte sich zu eindeutig auf die No-Vax-Front geschlagen, u.a. indem er  mit fragwürdigen Posts auf Facebook aktiv war, sich vor dem Rathaus von Impfgegnern eine Urkunde überreichen ließ und im Gemeinderat mitteilte, dass er die Einhaltung der Impfpflicht für persönlich anwesende Mandatare – also auch sich selbst – nicht kontrollieren würde.

Der Gemeinderat wurde also aufgelöst, einige Tage später setzte die Landesregierung mit Andreas Fraccaro einen kommissarischen Verwalter der Gemeinde Kastelruth ein.

Im November gibt es Neuwahlen und bereits jetzt kündigt sich das an, was bereits bei Collis Sturz im Gespräch war: Ein Comeback des Langzeit-Bürgermeisters mit einer eigenen Liste.

Ob die Colli-Liste bei den Wahlen im Spätherbst tatsächlich antreten wird oder nicht, dafür gibt es derzeit keine direkte Bestätigung. Auf jedem Fall hat Colli höchstpersönlich eine Kandidatur angekündigt, und zwar jüngst bei der Eröffnung des neuen Musikpavillions in der ladinischen Fraktion Pufels, zu welcher der Ex-Bürgermeister eingeladen worden war.

Dort erklärte Colli, dass er an einer Liste arbeite. Ob ein Bluff oder echtes Bestreben, wird sich zeigen. Theoretisch lässt sich eine Liste bei Gemeinderatswahlen in wenigen Tagen zusammenstellen.

Dass Colli mit einer eigenen Liste erneut zum Bürgermeister gewählt wird, hält man in Kastelruth für eher unwahrscheinlich. Auch wenn der frühere Stadtpolizist wegen seiner beinahe beamtenmäßigen Anwesenheit als Erster Bürger im Rathaus geschätzt wurde.

Wahrscheinlicher ist bei einem Antreten einer Colli-Liste eine Vertretung in der Opposition – eine Rolle, die Colli selbst bereits vor seiner Wahl zum Bürgermeister und dem Wechsel zur SVP über mehrere Amtsperioden ausübte.

Collis mögliches politisches Comeback ist auch in einer landespolitischen Optik zu sehen. Das Antreten einer No-Vax-Liste bei den Landtagswahlen im Herbst 2023 war mehrfach im Gespräch, aus Unternehmerkreisen wurden konkrete Pläne bekannt. Sollte es im Herbst wieder starke Corona-Beschränkungen und Impfpflicht geben, gilt ein Antreten als so gut wie sicher. Colli, der 2018 für die SVP für den Landtag kandidiert hat (aktuell ist er auf Platz 2 der Nachrücker-Liste), wäre als amtierender Mandatar zweifellos in einer besseren Position als ohne Mandat.

Auf Facebook ist Colli inzwischen übrigens mindestens so aktiv wie vor seiner Feuerpause auf Drängen der SVP vor seinem Sturz. Seine aktuellen Themen: Weiterhin Impfgegner-Propaganda, die Klimaveränderung, die angeblich nicht vom Menschen verursacht wird, und der Ukraine-Krieg. Hier teilt der Ex-Bürgermeister Positionen gegen westliche Unterstützung für die Ukraine. Lokalpolitische Themen kommen bisher keine vor.

Und was macht die Volkspartei, die Kastelruth seit Kriegsende ununterbrochen regiert hat, im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen im Herbst?

„Wir sind auf der Suche nach guten Kandidatinnen und Kandidaten. Ende August, Anfang September werden wir bekanntgeben, wer für das Bürgermeisteramt ins Rennen geht“, sagt Martin Fill, Obmann des SVP-Koordinierungsausschusses.

Zuletzt waren zwei Namen als mögliche Bürgermeisterkandidaten der Volkspartei genannt worden: Stefan Tröbinger, pensionierter Direktor der Raiffeisenkasse Kastelruth-St. Ulrich und Thomas Fill, der in leitender Funktion beim IDM tätig ist.

Wie es aussieht, kommen beide nicht für eine Bürgermeisterkandidatur in Frage. Ebenfalls unwahrscheinlich ist eine Zusammenarbeit (gemeinsame Liste) der SVP mit der bisher oppositionellen Freien Liste, wie sie bereits vor den Wahlen 2020 diskutiert worden ist.

Wie es aussieht, wird die Freie Liste, bei der bereits erste Treffen stattgefunden haben, wiederum mit einer eigenen Liste ins Rennen gehen. Aller Voraussicht in Konkurrenz zu einem frühen eigenen Mandatar: Andreas Colli.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (7)

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  • heracleummantegazziani

    „Impfgegner-Propaganda, die Klimaveränderung, die angeblich nicht vom Menschen verursacht wird, und der Ukraine-Krieg“… also genau die Querdenker-Schablone. Es ist ja überhaupt interessant, dass die Querdenker sich als Non-Konformisten bezeichnen und praktisch eine thematische Uniform tragen. Mehr als interessant ist es eigentlich schizophren.

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