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„Völlige Irreführung“

LH Arno Kompatscher

Hat LH Arno Kompatscher mit seinem öffentlichen Aufruf, beim Referendum für das Ja zu stimmen, gegen die Par-Condicio-Regelung verstoßen?

Von Matthias Kofler

Die Initiative für mehr Demokratie fährt schweres Geschütz gegen Arno Kompatscher auf: Der Landeshauptmann habe „mit völlig irreführenden Behauptungen zum Referendum das Par-Condicio-Gesetz verletzt“, wettern Stephan Lausch und Co.

Stein des Anstoßes sind Kompatschers Aussagen in der Pressekonferenz nach der Regierungssitzung vergangene Woche. Auf die Frage einer Journalistin, ob er im Hinblick auf die Volksbefragung Ende Mai eine Wahlempfehlung ausspreche, antwortete der SVP-Politiker: „Die von der Mehrheit im Landtag verabschiedete und beim Referendum zur Abstimmung stehende Gesetzesnovelle stärkt insgesamt die Direkte Demokratie. Wir nehmen damit aber die Bestimmung zurück, wonach ein Gesetz, das nicht mit Zweidrittelmehrheit genehmigt wurde, mit 300 Unterschriften ausgesetzt werden kann, um Unterschriften für ein Referendum zu sammeln. Dass mit so wenigen Unterschriften die Entscheidungen der Mehrheit des Landtags blockiert werden kann, ist einmalig und gibt es nicht einmal in der Schweiz. Eine solche Bestimmung würde wohl auch nicht vor dem Verfassungsgericht standhalten.“

Mit anderen Worten: Die Bürger sollen beim Referendum am 29. Mai das Ja ankreuzen, um die Direkte Demokratie in Südtirol wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

Die Aussagen des LH wurden in verschiedenen Medien des Landes wiedergegeben – zum Ärger von Lausch und Co. Laut der Initiative für mehr Demokratie ist Kompatscher in seiner Funktion als Landeshauptmann gesetzlich verpflichtet, sich an die Par-Condicio-Regelung zu halten und damit sich jeder Werbung für eine Position zu enthalten. Unter Artikel 9 des entsprechenden Gesetzes heißt es, dass die öffentlichen Verwaltungen während des Wahlkampfs keine Kommunikationstätigkeiten durchführen können. Davon ausgenommen ist die Kommunikation in unpersönlicher Form, die für die Verwaltung unerlässlich ist. Die Initiative hat sich daher per Mail an den Landesbeirat für Kommunikationswesen gewandt und diesen ersucht, sich mit der Thematik zu befassen.

Dass Kompatscher für seine Aussagen gerügt werden könnte, gilt aber als äußerst unwahrscheinlich. Der Präsident des Kommunikationsbeirats, Roland Turk, teilt auf Nachfrage der TAGESZEITUNG lediglich mit: „Was die RedakteurInnen einer Zeitung schreiben, hat den Kommunikationsbeirat nicht zu interessieren.“

Tatsache ist, dass der LH schon bei vorherigen Referenden, etwa jenem zum Flughafen oder zur Verfassungsreform, öffentlich Stellung bezogen hat, ohne dafür maßgeregelt worden zu sein.

Die Initiative für mehr Demokratie kämpft indes entschieden für ein Nein beim Referendum. Kompatschers Behauptung, dass es ein solches Referendum, wie es jetzt zur Debatte steht, nicht einmal in der Schweiz gäbe, mache eine völlige Unkenntnis von Direkter Demokratie in der Schweiz deutlich. Das Inkrafttreten eines Gesetzes müsse in der Schweiz nicht erst präventiv von x Promotoren aufgeschoben werden, um ein Referendum dagegen ergreifen zu können, wie es in Südtirol vorgesehen worden sei. In der Eidgenossenschaft würden alle Gesetze erst nach der 100-Tage-Frist in Kraft treten, innerhalb der mit einer Unterschriftensammlung das Referendum darüber erwirkt werden könne. Die Regelung mit den 300 Promotoren sei ein ausgehandelter Kompromiss, mit dem man vermeiden wollte, dass alle referendumsfähigen Gesetze Monate auf ihr Inkrafttreten warten müssten. Das Ergreifen eines Referendums werde damit in Südtirol im Vergleich zur Regelung in der Schweiz erheblich erschwert und es sei effektiv in den dreieinhalb Jahren noch nicht zur Anwendung gekommen, so Lausch und Co.

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