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„Riesige Mehrkubatur“

Der Rechtsstreit betreffend eine Hotelerweiterung in Kolfuschg, zu dem Unvereinbarkeits-Zweifel zu Landesrat Daniel Alfreider aufgekommen waren, ist entschieden. Und: Ist die neue Kubatur überhaupt sanierbar?

von Thomas Vikoler

Aus der Hauptsache – die Frage der Rechtmäßigkeit mehrerer Baukonzessionen der Gemeinde Corvara – entsprang eine (politische) Nebensache: War ein Rekurs der Alfreider GmbH (später präzisiert auf die Einzelperson Stephan Alfreider) mit dem Landtagsmandat von Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider, 47-prozentiger Teilhaber der Firma, vereinbar oder nicht?

Am 30. März kam der Wahlbestätigungsausschuss des Landtages einstimmig zum Schluss, dass keine Unvereinbarkeit vorhanden ist. Nach einem Urteil der Kassation liegt eine solche allein dann vor, wenn der Mandatar „in seiner eigenen Person“ am Verfahren beteiligt ist. Der Landesrat ist, wie erwähnt, Minderheitengesellschafter der Firma.

Nun hat das Bozner Verwaltungsgericht sein Urteil zu dem juristisch höchst interessanten Fall gefällt. Der Alfreider-Rekurs wurde angenommen, insgesamt sechs Baukonzessionen der Gemeinde Corvara, mit denen die Erweiterung der Hotels Belvedere und Kolfuschgerhof genehmigt worden war, aufgehoben.

Kurz: Die Hotelerweiterungen, die sich in unmittelbarer Nähe von zwei Betrieben der Alfreider GmbH – das Hotel Delta und der aus einem anderen Zusammenhang bekannte Rönn-Hof (Urlaub auf dem Bauernhof) – befinden, waren nicht rechtens.

Der Rekurssteller, anwaltschaftlich vertreten von Katherina Zeller, hatte in seinen Rekurs eine stark verminderten Vermietungsmöglichkeit durch beeinträchtigte Aussicht infolge der „riesigen Mehrkubatur“ der beiden benachbarten Hotels beklagt. Auch von einer „Verzerrung der Konkurrenzsituation“ war die Rede.

Tatsächlich wuchs die Mehrkubatur (quantitative und qualitative Erweiterung) mit jeder neuen Baukonzession an: Waren es im ursprünglichen, 2019 genehmigten Projekt 1.077 Kubikmeter oberirdisch und 258 unterirdisch, kamen durch insgesamt fünf Varianteprojekte weitere 5.000 Kubikmeter an ober- und unterirdischer Kubatur dazu.

Angewandt wurde dabei auch der sogenannte Fünf-Sterne-Trick, also die Höherstufung der Betriebe, um mehr Flächen zu erhalten. Wobei die Vorgaben für einen Fünf-Sterne-Betrieb zumindest zeitweise nicht eingehalten wurden, wie das Gericht mittels Verfügung kürzlich feststellte.

Doch darauf geht das Verwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung nicht ein. Das Problem, das zur Aufhebung der Baukonzessionen führt, ist die fehlende bzw. mangelhaft begründete Landschaftsschutzermächtigung. Weil sich die erweiterten Betriebsgebäude über einer Seehöhe von 1.600 Metern und teilweise im landwirtschaftlichen Grün befinden – also in einem Landwirtschaftsgebiet von landschaftlichem Interesse, in dem Bautätigkeit nur in Ausnahmefällen zulässig ist -, war eine solche zwingend erforderlich.

Zu drei Baukonzessionen holte die Gemeinde Corvara ein entsprechendes Gutachten bei der zuständigen Landschaftsschutzbehörde des Landes ein, bei den übrigen drei erteilte der Bürgermeister die entsprechende Landschaftsschutzermächtigung. Allerdings ohne jegliche Begründung. Wörtlich hieß es in den Bauermächtigungen: „Die Konzession hat Gültigkeit als Ermächtigung im Sinne des Art. 8 des L.G. vom 25.7.1970, Nr. 16 betreffend die landschaftliche Vinkulierung“. Für das Verwaltungsgericht fehlt aber jegliche Auskunft darüber, wie der Bürgermeister zu dieser Bewertung gekommen ist.

Wie es aussieht, muss die Gemeinde Corvara, die in diesem Verfahren von der Staatsadvokatur vertreten wird, nun die fehlende Begründung nachliefern – sofern dies überhaupt möglich ist. Und es steht die Frage im Raum, ob das neue Bauvolumen in einer Höhe von über 1.600 Metern überhaupt sanierbar ist und folglich abgerissen werden muss.

Mit den Baukonzessionen für die Hotelerweiterungen in Kolfuschg befasst sich mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft Bozen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

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  • gulli

    „ Und es steht die Frage im Raum, ob das neue Bauvolumen in einer Höhe von über 1.600 Metern überhaupt sanierbar ist und folglich abgerissen werden muss.“
    Sollte sich sich herausstellen, dass die Kubatur zu unrecht verbaut wurde, verstehe ich nicht wo das Problem besteht. Einfach Rückbau, betroffene Grünfläche wieder herstellen und das ganze auf Kosten des Erbauers.
    Es gilt endlich ein Exempel zu statuieren und der illegalen Bau-Legalisierung Einhalt zu gebieten!

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    Wenn ein „normaler Bürger“ eine Holzhütte, Wintergarten oder ein Carport errichten möchte, gibt es nichts als Probleme,Vorschriften und Verbote.

    Bauern und Tourismus dürfen jahrzehnten hier machen was sie wollen.
    Mit der neuen Landesraumordnung 2020 haben sie sich die Gesetze regelrecht zurechtgebastelt. Danke hierfür, an die zuständige Landesrätin !
    Wenn ich ein Bauer oder Hotelier wäre, würde ich das hier natürlich nicht schreiben….

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    Wenn ein „normaler Bürger“ eine Holzhütte, Wintergarten oder ein Carport errichten möchte, gibt es nichts als Probleme,Vorschriften und Verbote.

    Bauern und Tourismus dürfen seit jahrzehnten hier machen was sie wollen.
    Mit der neuen Landesraumordnung 2020 haben sie sich die Gesetze regelrecht zurechtgebastelt. Danke hierfür, an die zuständige Landesrätin !
    Wenn ich ein Bauer oder Hotelier wäre, würde ich das hier natürlich nicht schreiben….

  • schwarzesschaf

    Mit Vitamin B geht alles

  • treter

    STOPPT DEN BAUWAHN DER LADINER UND ZWAR S O F O R T !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  • franz19

    Dieser Hoteliet kennt sich mit kubatursanierung gut aus und hat bis jetzt alles mit Geld in Ordnung gebracht ..

  • exodus

    Und so etwas passiert unter einem Mobilitätslandesrat, nicht zu glauben! SVP QUO VADIS….

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