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K(l)eine Vereine

Musikkapelle Algund: (Foto: Maja Clara)

Sportvereine, Musikkapellen, Theatergruppen: In Südtirol gibt es tausende Vereine, viele haben in der Pandemie arg gelitten. Umso mehr stellt sich jetzt die Frage: Wie wollen sie sich in Zukunft finanzieren? Denn das bestehende System der Finanzierung über Feste und Gemeinden, die mehr oder weniger Geld locker machen können, scheint nicht mehr zu funktionieren.

von Silke Hinterwaldner

In Südtirol soll es rund 5.000 Vereine geben. Aber so unterschiedlich wie die Interessen, Talente und Möglichkeiten der Menschen in Südtirol, sind auch ihre Vereine: Es gibt Sportvereine, Kulturvereine, Chöre, Musikkapellen, Bauernvereine, Feuerwehren, Imkervereine, Jugendgruppen, Mineraliensammler, Theatergruppen, Familienverbände.

So bunt sie auch sein mögen, haben doch fast alle dieser Vereine ein gemeinsames Ziel: Sie tun etwas für die Gemeinschaft und kümmern sich oft auch um die Förderung von Kindern und Jugendlichen.

Aber: Nach zwei Jahren Pandemie ist einiges ans Tageslicht gekommen, das zuvor weniger gut ersichtlich war. In der Coronazeit gab es über weite Strecken nicht nur kaum Zusammenreffen, auch die Möglichkeiten der Finanzierung brachen fast vollständig weg. Normalerweise sorgen Vereine mit Festen und Spendensammlungen, mit Sponsorengeldern und Zuweisungen aus dem Rathaus dafür, dass die Kassen gut gefüllt werden. Aber, was passiert, wenn man sich nicht mehr treffen kann? Keine Feste, kein Geld – aber auch kein Training, keine Proben, keine Auftritte mehr. Das geht an die Substanz.

Vor diesem Hintergrund stellt Andreas Pramstraller eine Frage in den Raum: „Wie soll die Zukunft der Vereine ausschauen?“ Er meint, dass nun der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist, darüber nachzudenken, wie die ehrenamtlichen Vereine in Zukunft finanziert werden sollen. Bisher war es meist so, dass nicht nur das Engagement zählte: Vielmehr hatten Vereine entweder Glück, zu einer recht wohlhabenden Gemeinde zu gehören und damit auch öffentliche Gelder aus dem Rathaus zu bekommen. Oder eben nicht. Aber ist das fair?

Andreas Pramstraller ist SVP-Arbeitnehmerchef im Pustertal und Vereinsmensch – der sich stets viele Gedanken darüber macht, wie die Dinge besser laufen könnten. Deshalb auch jetzt die Frage: Wie kann man die Vereine zukunftstauglich machen? „Es gibt zahlreiche finanzschwache Gemeinden“, sagt er, „dort bekommen die Vereine sehr wenig oder gar keine finanzielle Unterstützung. Andererseits können manche Vereine mit einem großen Fest sehr viel Geld machen.“ Um diese ungerechte Situation auszugleichen, schlägt er vor, den Vereinen anhand ihrer Tätigkeiten eine Art Grundfinanzierung zuzusichern. Das Fest soll nicht mehr die Haupteinnahmequelle sein und die Kommunen sollten über die Gemeindefinanzierung Gelder zugesichert bekommen, insofern sie die Vereine unterstützen – etwa über die Anzahl der Mitglieder in den Vereinen.

In den vergangenen zwei Jahren haben sich viele Vereine schwergetan. Trotz der Pandemie aber mussten sie laufende Kosten stemmen: für Chorleiter, für Kapellmeister, für Trainer. Andreas Pramstraller hat Einblick in das Vereinswesen, besonders die Musikkapellen sind seine Welt.

Andreas Pramstraller

Er rechnet vor: Eine Musikkapelle muss im Normalfall einen Kapellmeister bezahlen, man muss Referenten engagieren, muss die Reparaturen von Instrumenten finanzieren, muss jährlich Noten ankaufen, muss Trachten ausbessern oder neu anschaffen (eine Männertracht kostet schnell 2.500 Euro) oder auch neue Instrumente ankaufen. Nur sehr wenige Musikanten in Südtirol kaufen ihre Instrumente selbst, meistens macht dies ihre Musikkapelle. Auch das ist mit erheblichen Spesen verbunden.

Die Klarinette einer guten Musikerin kostet locker 3.000 Euro. Eine Tuba kostet 8.000 Euro. Im Abstand von zwei Jahren kann jede Musikkapelle um Zuschüsse für den Ankauf von Instrumenten ansuchen, dabei werden rund 33 Prozent der Spesen rückerstattet.

Eine durchschnittliche Südtiroler Musikkapelle, schätzt Andreas Pramstaller, wälzt jährlich bis zu 30.000 Euro um. Ausflüge oder gemeinsames Ausgehen nicht miteingerechnet. Viele Kapellen suchen immer öfter auch den Kontakt zu den Grundschulkindern, um so genannte Bläserklassen zu gründen.

Für ein solches Projekt zur Nachwuchsförderung müssen aber auch wieder Instrumente angekauft werden. Kinderinstrumente sind zwar günstiger, in diesem Fall aber müssen gleich zehn Klarinetten oder zehn Trompeten gekauft werden, um das Projekt starten zu können.

„Mir wäre es wichtig“, sagt Andreas Pramstraller, „und ich spreche hier nicht nur für die Kulturvereine, dass alle ungefähr dieselben Chancen bekommen.“ Er schlägt vor, nach einem Schlüssel für die Förderung aller Vereine zu suchen. Wichtig bei der Erarbeitung eines solchen Schlüssels seien Kriterien, bei denen es darum geht, wie viel für das Dorfleben, Senioren oder die Jugend getan wird. Er möchte, dass über dieses Thema gerade jetzt, wo die Pandemie langsam überwunden scheint, diskutiert wird. Am Ende sollte eine gerechte Förderung für die Vereine stehen. „Diese Gespräche und Diskussionen sollen auf allen Ebenen stattfinden; in den Vorständen, den Gremien in Talschaften, Bezirken und auch auf Landesebene“, sagt er, „vielleicht finden sich durch die neu gewonnene Offenheit auch Möglichkeiten des Miteinanders von kleineren Vereinen, welche mit sinkenden Mitgliederzahlen und finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert sind und durch eine Zusammenarbeit neue Motivation und Freude finden werden.“

Ihm ist aber auch klar, dass ein solches Finanzierungsmodell der öffentlichen Hand – vor allem dem Land – erhebliche Mehrkosten verursachen wird. Hinzu kommt, dass manche Vereine mit dem derzeitigen Modell gut zurechtkommen und daran wohl kaum etwas ändern wollen. Und trotzdem, findet Pramstraller, sei ein Umdenken höchst an der Zeit und wichtig für den Fortbestand vieler Vereine.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    Das Problem gab es schon vorher, Ehrenamt wird massiv verleidet durch Vorschriftenkackerei.
    Diese Vorschriftenkacker mehren sich seit Jahren wie die Pantoffeltierchen im warmen Heusud und jeder der nur ein kleines Gartenfest mit etwas Ausschank und zwei Spielgeräten für die Kinder aufstellt steckt mit einem Bein im Kerker wenn etwas schiefläuft.
    Dazu immer lächerlichere Sicherheitsvorschriften, jedes Gassenfest muss gegen Terror mittlerweile gesichert sein wie ein Staatengipfel.
    Spätestens mit Corona hatten besagte Vorschriftenkacker dann Rizinus gesoffen und auch für jeden, der trotz allem noch irgendwas organisieren wollte die Aussicht Kosten und Arbeit um Idiotenlohn zu investieren.
    Und dann gibt es noch den „besorgten Bürger“ der peinlich darf achtet jedwede Vorschrift wird eingehalten und wenn einem 15-jährigen ein Halbbier ausgeschenkt oder gar nach Sperrstunde noch ein Dezibel Zuviel zu hören ist wird mit Fleiß eine Eingabe gemacht.

    Traurige Zeiten und kein Sonnenstrahl der Hoffnung in Sicht..

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